Ein Herz für Tiere
Mechernicher Tierschutzverein wurde vor 30 Jahren gegründet – Fünf Jahre später wurde das Tierheim errichtet – Das doppelte Jubiläum wird gefeiert: Am Sonntag, 5. August, von 11 bis 17 Uhr – Die kölsche Frauenband „Colör“ und „Eifelsound“ spielen
Mechernich – Reiner Bauer hat ein großes Herz für Tiere. Vor 30 Jahren rief der Mechernicher mit seinen Mitstreitern mutig den Tierschutzverein ins Leben – entgegen vieler Widerstände. Fünf Jahre später, vor einem Vierteljahrhundert, konnte der ersehnte Bau des Tierheims fertiggestellt werden.
Das doppelte Jubiläum wird gefeiert: Am Sonntag, 5. August, veranstaltet das Tierheim von 11 bis 17 Uhr einen Tag der offenen Tür mit Trödelmarkt. „Colör“, eine bekannte Frauenband im kölschen Karneval, spielt live von 14 bis 15 Uhr und später auch die Band „Eifelsound“. Für das leibliche Wohl ist gesorgt. Jedes Kind erhalte eine kleine Überraschung.
Stolz blicken die Tierhelfer rund um Bauer, der heute noch Vorsitzender des Tierschutzvereins und Leiter des Tierheims ist, zurück auf das Erreichte und die Jahrzehnte. Über 20.000 Tiere habe man geholfen, schätzt Bauer. Shetland-Pony Sonja und Esel Kasimir sind Beispiele hinter denen bewegende Schicksale verborgen sind und die eine Bleibe im Tierheim gefunden haben.
„Fulltime-Job“ Tierschutz
Der Mechernicher und seine ehrenamtlichen Helfer und Mitarbeiter haben viel bewegt. Bauer widmet sich mit Leib und Seele dem „Fulltime-Job“ Tierschutz. Das Gelände wurde mit den Jahren und mit großem Engagement in ein Domizil und Heim für Tiere verwandelt.
Schnell wurde zum Tierheim ein Hundehaus mit Freilauf, ein Gehege für Wildtiere, eine Kranken- und Isolierstation errichtet. Drei Wohncontainer wurden zum Büro, Aufenthalts- und Veranstaltungsraum umfunktioniert. 2003 kam das große Katzenhaus Luise hinzu, das Platz für 50 Katzen bietet. Robuste Ställe haben die Helfer zudem für Schafe, Esel sowie ein ausgesetztes Pony gebaut. Auch für Vögel und Kleintiere wurde ein Gehege geschaffen. Mit dem Zuwachs an Tieren wurde ein Lager für Stroh und Heu nötig. „Im Jahr verbrauchen wir rund 300 Ballen Heu und 150 Ballen Stroh für die Tiere“, schätzt Bauer.
Über 50 Rassekatzen auf einen Schlag
Als Tierheimleiter und Vorsitzender des Tierschutzvereins Mechernich kann Bauer von vielen einschneidende Momente und Tieren in Not erzählen. Besonders in Erinnerung geblieben ist ihm der Januar 2007. „Da stand das Tierheim Mechernich vor dem größten Aufnahmeproblem seit Bestehen“, offenbart er. In einem Haus in Gemünd hatte eine Züchterin weit über 50 Rassekatzen zurückgelassen und war einfach verschwunden.
Wann anders waren es 100 Kanarienvögel, weil der Besitzer verstorben war. In Säcken, Kisten und Mülleimern wurden unzählige Katzen ausgesetzt und sogar blinde Katzen über den Zaun geworfen. 26 Hundewelpen wurden aus illegalem Handel in Euskirchen-Kuchenheim beschlagnahmt.
„Den Tieren muss doch geholfen werden“
Sie wurden trotz der Sorge sich finanziell zu übernehmen, weil die Tiere verwurmt und krank waren, in Mechernich aufgenommen. „Den Tieren musste doch geholfen werden“, sagt Bauer. So ist er. Tatkräftig, nicht immer freundlich zu jedermann, meist gerade heraus – aber der Erfolg gibt ihm Recht: „Alle haben überlebt und ein neues Zuhause gefunden.“
Selbst vor einer Boa, die sich im Postamt aus einem Paket geschlengelt hatte, schreckt der Tierschützer nicht zurück. Er nutzt seine Kontakte und Pflegestellen, die dann auch solche Exoten im Auftrag des Tierheims professionell betreuen. Wenn nötig geht der Tierschützer auch ungewöhnliche Wege. Der Mechernicher Tierschutzverein hat es sogar bis ins Fernsehen geschafft. Die blinden Katzen „Fuddel“ und „Cookie“ konnten über die WDR-Sendung „Tiere suchen ein Zuhause“ erfolgreich vermittelt werden.
Fälle mit Happy End
Über Fälle mit einem Happy End kann er sich riesig freuen: „Wir konnten sogar eine Fundkatze, die vor elf Jahren entlaufen war, aufgrund des Mikrochips an ihre alten Besitzer zurückgeben.“
Manchmal hilft auch ein unerwarteter Geldsegen weiter. „Wir hatten 2015 etwas Geld geerbt“, so Bauer. Damit konnte der Bau einer neuen, dringend benötigten Isolierstation und einem OP-Raum für Kastrationen realisiert werden.
Genau genommen ist Bauer zum Tierschutz gekommen wie die Jungfrau zum Kind: „Wir hatten mal eine verletzte Katze gefunden und bei den Behörden angerufen. Keiner hatte eine Ahnung, niemand wollte die Katze nehmen, Da haben wir nichts mit zu tun, lautete die Antwort.“
Für ihn wurde das Erlebnis zum Startschuss, in Mechernich den Tierschutzverein zu gründen, den es bis dahin nicht gab. Von da an lautet sein Credo: Den Tieren eine Stimme geben.
Erste Pläne im Wohnzimmer geschmiedet
Im Wohnzimmer der Familie Kurtenbach in Schaven wurden 1988 die ersten Pläne geschmiedet. „In diesem Gespräch wurde der Grundstein für die Gründung des Tierschutzvereins Mechernich gelegt“, so Bauer. Die Stadt Mechernich unterstützte seinerzeit den Start mit Fördergeldern. Angefangen habe man mit 38 Mitgliedern, heute hat der Verein etwa 380 zahlende Mitglieder.
„Wir sind ganz schön blauäugig gestartet“, erzählt der gebürtige Mechernicher schmunzelnd. Sein eigenes Haus mitsamt Hof wurde zum Tierheim umfunktioniert und war schnell überfüllt mit notleidenden Tieren. Bauer erinnert sich: „Allein 40 Katzen waren zu viel. Da musste was passieren, ein richtiges Tierheim musste her.“ Fünf Jahre später konnte dann Richtfest gefeiert werden.
Das Tierheim wurde stetig weiterentwickelt, so konnte jüngst ein neues Kleintierhaus und ein neuer Ziegenstall eingeweiht werden. Bauer verrät: „Vieles was wir gebaut haben, konnte in großen Teilen nur dank unserer großartigen Trödelgruppe geschafft werden, die eine Rekordeinnahme nach der anderen vermeldete.“
Eigenes Kochbuch ohne Fleisch
Manchmal ging man auch ungewöhnliche Wege, um vom Tierschutz zu überzeugen. So konnte ein eigenes Kochbuch ohne Fleisch vorgestellt werden.
Aber auch die Trends der Zeit gehen an den Tierschützern nicht spurlos vorüber. „Wir müssen immer mehr Hunde aus dem Ausland aufnehmen, da die neuen Besitzer nicht mit ihnen zurechtkommen und die Vereine, die diese Hunde vermittelt haben, sie nicht mehr zurücknehmen.“
Der Hund „Sunny“ begleitet den Chef des Tierheims auf Schritt und Tritt. Natürlich ist er auch ein Fundtier. Der Border Collie war einer von vier Hundewelpen, die in einem Müllcontainer in Weilerswist entsorgt wurden. Da konnte Bauer nicht nein sagen. Schmunzelnd gibt er zu: „Eigentlich wollte ich in meinem Alter gar kein Hund mehr.“
Bundesverdienstmedaille und Kreistierheim
2001 erhielt der 1. Vorsitzende des Tierschutzvereins für seinen Einsatz die Bundesverdienst-Medaille, später dann auch das Bundesverdienstkreuz am Bande. Dann ein weiterer Meilenstein: Das Tierheim Mechernich wurde vor vier Jahren zum Kreistierheim. Das war Bauer enorm wichtig: „Endlich gibt es damit eine zentrale Anlaufstelle für Fundtiere.“
Die aufgefundenen Tiere werden zunächst dort untersucht und an Vereine, die an dem System-Kreistierheim beteiligt sind, weitergeleitet. Mit im Boot sind Tierschutz Nordeifel, Bad Münstereifel, Euskirchen und Mechernich.
„Es ist ein landesweit einmaliges Projekt und wird von vielen Städten und dem Deutschen Tierschutzbund genau beobachtet“, so Bauer. Nicht ohne Grund: Alle nachweislichen Unkosten die aus dem Fundtierbereich entstehen werden dem Tierschutzverein von den Städten und Gemeinden bezahlt.
Das Tierheim ist zu einem kleinen Unternehmen geworden: Vier ausgebildete Tierpfleger als Festangestellte, Teilzeit-Kräfte und Aushilfen sind dort beschäftigt.
Zukunftspläne: Ein neues Hundehaus soll das alte ersetzen
Aber es wäre nicht Bauer, wenn er nicht schon das nächste Projekt anvisiert: „Das alte Hundehaus steht schon ein Vierteljahrhundert, es ist in die Jahre gekommen. Wir würden gerne ein neues bauen, wenn wir es finanziell gestemmt bekommen.“ Spenden seien herzlich willkommen.
Die Unterstützung aus der Bevölkerung sei immer gut gewesen, stellt der Tierheimleiter fest. Die Futterspendenboxen in den Supermärkten seien immer gut gefüllt. Seit Jahren werde das Tierheim von der Firma Purina in Euskirchen mit Futter- und Geldspenden unterstützt.
Das Kreistierheim ist jedenfalls modern unterwegs: „90 Prozent der Vermittlung wurden durch unsere Internet-Seiten erzielt“, so Bauer. Da hoffen auch Gustav, Pepe und Lilly auf ein schönes, neues und liebevolles Zuhause. Weitere Informationen unter www.tsv-mechernich.de
pp/Agentur ProfiPress