Ein Bischof zum Anfassen
Das neue Aachener Kirchenoberhaupt machte seinen Antrittsbesuch in der Eifel – Hochamt beim Fest zum zehnjährigen Bestehen der GdG Heiliger Hermann-Josef Steinfeld zelebriert – Proppenvolle Basilika
Kall-Steinfeld – Der Steinfelder Pater Wieslaw Kaczor sollte Recht behalten, als er den neuen Aachener Bischof Helmut Dieser als „Mann zum Anfassen“ ankündigte. Nach der rund 75-minütigen Messe zum zehnjährigen Bestehen der Gemeinschaft der Gemeinden Heiliger Hermann Josef Steinfeld, die Bischof Helmut zelebrierte und die gleichzeitig seinen Antrittsbesuch in der Eifel darstellte, mischte sich Seine Exzellenz im Kreuzgang des Klosters unters Volk.
Und der Bischof hatte augenscheinlich Spaß daran: Er zeigte sich nicht nur als Mann zum Anfassen, sondern auch zum Anquatschen – wenn man denn im proppenvollen Kreuzgang überhaupt an ihn herankam. Er hatte für jeden ein offenes Ohr, tauschte mit jedem seine Gedanken aus und war köstlich amüsiert, als er, der Bischof, auf eine Frau traf, die mit Nachnamen Bischof heißt. Ja, „Dieser“ Bischof kommt an und fühlte sich in Steinfeld pudelwohl. „Das ist der Eifeler Charme“, hatte Bischof Dieser zum Abschluss der Messe bereits erkannt.
Laut Schätzung von Pater Wieslaw haben rund 650 Menschen der Messe in der Basilika, die damit ebenfalls aus allen Nähten platzte, beigewohnt – unter ihnen auch Schüler des Hermann-Josef-Kollegs sowie polnische Gastschüler, die sich derzeit in der Eifel befinden, sowie natürlich der die Messe musikalisch unterstützende Projektchor des Gymnasiums, bestehend aus Eltern und Lehrern unter der Leitung von Siegmund Pchalek. „Das ist ein schönes Gefühl, eine so volle Kirche zu sehen und es ist eine Ehre, dass Bischof Helmut die Messe zelebrierte“, sagte der Pater. Gleichwohl ist dem neuen Aachener Kirchenoberhaupt die Region nicht fremd. „Er war bereits als Kaplan in Adenau tätig“, stellte Pater Wieslaw den Bischof zu Beginn der Messe vor.
„Ich denke, die wenigsten hier kommen aus Steinfeld“, eröffnete Bischof Helmut die Eucharistiefeier. Die Basilika sei ein Sammel- und Versammlungsort, an dem die Menschen Antworten auf ihre Fragen erhalten und an dem Region und Religion zusammenkommen.
Mit dem Selbstbildnis und der Darstellungsform der katholischen Kirche beschäftigte sich Bischof Helmut Dieser in seiner Predigt, die er an dem Zitat „Gute Mädchen kommen in den Himmel, böse überall hin“ aufhing. „Der Spruch suggeriert: Bravsein ist langweilig. Und als Kirche läuft man Gefahr, langweilig zu sein.“ Dies liege auch an der heutigen modernen Zeit und der Mentalität der Menschen. „Der Mensch kann und will nicht nur brav sein, sondern überall hin.“
Das werde ihm auch durch die immer perfekter werdende Technik erleichtert. „Das, was der Mensch kann, ist atemberaubend. Die Veränderung findet in rasanter Geschwindigkeit statt“, sagte der Bischof und prophezeite in naher Zukunft Roboter, die nicht nur im Haushalt helfen, sondern auch Arbeitsplätze übernehmen. „Die Menschen haben dann mehr arbeitslose Zeit, also Freizeit“, so Bischof Helmut. Durch die Fortschritte in der Genetik verliert jedes menschliche Individuum aber auch ein Stück seiner Identität. „Menschen werden optimiert, Fortpflanzung findet künstlich statt – ohne Vater und Mutter.“ Die Informationstechnik füge alles zusammen – so gelange man schließlich doch überall hin, nicht ohne Risiko. „Ein Mensch in der Eifel kann die Technik in fernen Ländern lahmlegen“, nannte der Bischof ein Beispiel.
„Wenn wir als Kirche langweilig, belanglos oder brav sind, versagen wir sehr“, mahnte der Bischof. Dabei seien doch Kommunionunterricht, Ehevorbereitungstreffen und andere Termine, in denen Kirchenvertreter mit Menschen zusammenkommen, Gelegenheiten, um zu zeigen, dass die Kirche alles andere als langweilig ist.
Viel wichtiger sei ohnehin etwas anderes. „Ohne den Himmel im Herzen kommt man nicht überall hin, sondern ins Elend“, sagte Dieser. Deshalb brauche die Kirche Tiefe, Wucht, Anspruch und Treue. Kirchen, so der Bischof, seien schließlich keine „No-Go-Areas“. „Den Menschen Barmherzigkeit schenken und für andere einstehen – ist das etwa langweilig?“
Karl Vermöhlen als Verantwortlicher des GdG-Rates knüpfte da an. Er hoffte, dass nach der Messe auch der Kreuzgang keine No-Go-Area sei und sich Dieser tatsächlich als Bischof zum Anfassen präsentiere. „Und auf der Heimfahrt klopft er seinem Fahrer auf die Schultern und sagt: »Mit den Eifelern kann man gut leben!«“, so Vermöhlens Wunsch.
pp/Agentur ProfiPress