Böse Überraschung für die Stadt
Kostenexplosion beim geplanten Bahnhofsumbau – Stadt und Politik verärgert über Ungleichbehandlung der Kommunen
Mechernich – 430.000 Euro aus dem städtischen Haushalt in eine Maßnahme zu stecken, für die eigentlich nicht die Stadt, sondern die Deutsche Bahn zuständig ist, „tue schon weh“, hatte Mechernichs Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick im vergangenen Jahr in einer Pressekonferenz gesagt. Anlass war seinerzeit die Übergabe eines Bewilligungsbescheides für den barrierefreien Umbau des Mechernicher Bahnhofes.
Der Zweckverband Nahverkehr Rheinland (NVR) hatte 3,5 Millionen Euro zur Verfügung gestellt – unter der Voraussetzung, dass die Stadt Mechernich einen Eigenanteil von 430.000 Euro beisteuere. Für die Bahn selbst hingegen ist ein kleiner Bahnhof wie der in Mechernich von so untergeordneter Bedeutung, dass das Unternehmen hier in den nächsten beiden Jahrzehnten vermutlich nichts unternommen hätte.
Jetzt informierte Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick die Fraktionsspitzen in einer internen Sitzung darüber, dass der Mechernicher Beitrag mit voraussichtlich 600.000 Euro wesentlich höher ausfallen dürfte, weil die Maßnahme sich verteuere. Was aber für weitaus größeren Unmut bei der Mechernicher Verwaltungsleitung ebenso wie bei den Politikern sorgt, ist die Tatsache, dass die Nachbarkommune Kall vermutlich keinen Euro in den ebenfalls hoch nötigen Bahnhofsumbau stecken muss. Wie Redakteur Günter Hochgürtel im „Kölner Stadt-Anzeiger“ berichtete, sei Kall nämlich in das jüngst vom Land ausgelobte Förderprogramm „Mobilitätsoffensive 3“ aufgenommen worden.
Selbst die ebenfalls überarbeitungsbedürftigen Haltestellen Blankenheim-Wald und Dahlem sollen ab 2020 ertüchtigt werden. Und auch in diesem Fall übernimmt eine Bahn-Tochter der DB die Kosten über ein bundesweit aufgelegtes Förderprogramm.
„Für Mechernich ist das eine ganz ärgerliche Sache“, zitiert Hochgürtel den Euskirchener Politiker Bernd Kolvenbach, der sich als Vorsitzender des Zweckverbands Nahverkehr Rheinland (NVR) bestens mit der Materie auskenne. Man habe die Stadt nicht in das Programm „Mobilitätsoffensive 3“ aufnehmen können, weil das gesamte Planungsverfahren schon in Gang gesetzt worden sei.
Die Stadt Mechernich sieht sich nun dafür „bestraft“, dass sie Eigeninitiative entwickelt hat und den so dringend notwendigen barrierefreien Umbau durch eigene Investitionen beschleunigen will.
„Hinsichtlich der Kostenexplosion und der Ungleichbehandlung stellt sich uns nun die Frage: Machen wir weiter oder geben wir den Förderbescheid zurück?“, sagte Thomas Hambach.
Gleichwohl ist man sich bei der Stadt Mechernich natürlich darüber im Klaren, welch große Bedeutung der Barrierefreiheit vor dem Hintergrund der demographischen Bevölkerungsentwicklung zukommt.
Und es gibt noch einen weiteren wichtigen Aspekt: Mechernich ist sowohl Krankenhausstandort als auch Pendlerstadt, in den nächsten Jahren werden explodierende Miet- und Immobilienpreise für weiteren Zuzug junger Familien aus dem Großraum Köln-Bonn sorgen. Für die Zuzügler ist es von Bedeutung, dass sie sich morgens in den Zug setzen und in 46 Minuten und ohne Stau und Parkplatzprobleme zu ihren Arbeitsstätten gelangen können. An Werktagen steigen im Mechernicher Bahnhof täglich über 3.000 Fahrgäste ein und aus.
„Wir werden auf jeden Fall mit den Verantwortlichen der DB Netz reden müssen. Wenn die Planungskosten sich deshalb verteuert haben, weil die Bahn höhere Sicherheitsstandards ansetzt, dann sollte sie Mechernich in diesem Punkt finanziell entlasten“, sagte Bernd Kolvenbach im Gespräch mit Günter Hochgürtel.
Der Mechernicher Stadtrat wird in Kürze darüber entscheiden, ob man sich, wie vorgesehen, am Umbau des Bahnhofs finanziell beteiligt oder aber aus dem Projekt aussteigt.
Laut Dr. Norbert Reinkober, Geschäftsführer der Nahverkehr Rheinland GmbH (NVR), habe man das Mechernicher Projekt nicht mehr in das Förderprogramm „Mobilitätsoffensive“ einstellen können, weil es für den Mechernicher Bahnhof bereits den 2016 erteilten Zuwendungsbescheid gab.
pp/Agentur ProfiPress