Uli Mehler starb in Borkum
Der Bleibuirer Germanistik-Professor, der als mittelalterlicher Erzähler „Schäfer Udalrich“ und Schriftsteller auf sich aufmerksam machte, wurde 78 Jahre alt
Mechernich-Bleibuir – Prof. Dr. Ulrich Mehler (78) ist tot. Er erlag auf der Insel Borkum, wo er und seine Frau Ruth einen weiteren Wohnsitz unterhalten, einem langen Leiden, jedoch plötzlich und unerwartet.
Ulrich Mehler wurde 1941 in Mülheim/Ruhr geboren und lebte seit den 70er Jahren in Bleibuir, wo er und seine Frau einen alten Bauernhof unmittelbar an der Pfarrkirche St. Agnes erwarben. In seinem „ersten Leben“ wurde der Mülheimer Berufssoldat, quittierte aber nach zehn Jahren im Range eines Hauptmanns den Dienst, um sich der Wissenschaft und seiner Theaterleidenschaft zu widmen.
„Uli“, wie er in Bleibuir genannt wurde und sich selbst von Kindern nennen ließ, studierte Germanistik, Musikwissenschaft, Mittellateinische Philologie und Theaterwissenschaft und entwickelte sich zu einem weltweit anerkannten Experten für mittelalterliches Theater, Aufführungs- und Erzählkunst.
Die „Bordesholmer Marienklage“ wurde unter seiner wissenschaftlichen Begleitung neu aufgeführt und aufgenommen und am Karfreitag 1994 live aus dem Xantener Dom im Ersten Deutschen Fernsehen gezeigt. Mehler begleitete ebenso die Neuaufführung der „Edda“ im Original in Island und während des Festivals „Kulturhauptstadt Europas“ in Luxemburg.
Offizier, Theatermann, Erzähler
Der Wahl-Eifeler promovierte und habilitierte sich und wurde Ende der 90er Jahre zum außerordentlichen Professor an die Universität zu Köln berufen. Seinen Hauptbroterwerb bestritt der unorthodoxe Wissenschaftlicher allerdings als Erzähler „Schäfer Udalrich“ auf Mittelalter-Märkten, literarischen Events und Einzelerzähl-Veranstaltungen.
Ulrich Mehler engagierte sich im örtlichen Musikverein Bleibuir, der 2020 100 Jahre alt und ihn sicher posthum ehren wird. Er war aktiv im Trägerverein des Dorfgemeinschaftshauses Alte Schule Bleibuir und betrieb mit seiner Frau Ruth federführend den „Kodex.Kulturverein“, der die Verbreitung mittelalterlicher Kultur und Literatur zum Ziel hat.
Der in Mülheim an der Ruhr geborene einzige Sohn einer Kriegswitwe verpflichtete sich übrigens nach dem Abitur als Berufssoldat, obwohl er zu den so genannten „weißen Jahrgängen“ gehörte, die von der Wehrpflicht befreit waren und auch nicht eingezogen wurden. Mehler diente genau zehn Jahre lang, dann wurde ihm klar, dass seine berufliche Zukunft eine andere war.
Die Leidenschaft fürs Theater hatte er mit der Muttermilch eingezogen, hatte doch auch seine Mutter, eine Lehrerin und Hauptschulleiterin, als junge Frau auch schon Theater gespielt, und zwar ambitioniert, einmal sogar mit Will Quadflieg.
Während des Studiums jobbte Mehler bereits am Bonner Stadttheater und dem Schlosstheater Moers in der Dramaturgie und als Regieassistent. „Nach der Bundeswehrzeit wollte ich als Dramaturg ans Theater“, verriet Ulrich Mehler im Interview.
„Damals verdiente meine Frau Ruth den größten Teil unseres Lebensunterhaltes.“ Die Wahl-Bleibuirerin konnte auf ein Studium für Mode und die Schneidermeisterinnen-Prüfung zurückgreifen und wurde später Lehrerin für Textiles Gestalten, bis sie dann ein eigenes Mode- und Kunstgewerbegeschäft in Köln eröffnete.
Außerordentliche Professur
Obwohl das Theater Mehlers eigentliches Berufsziel war, entschied er sich für die Wissenschaft. Man bot ihm eine Assistentenstelle an der Universität Köln an, später sogar eine ordentliche Nachwuchs-Professur, für die Mehler nach langem Hin und Her wegen seines fortgeschrittenen Alters aber als zu alt erklärt wurde. Ein ärgerliches Personalgeschacher begann, das seinerzeit auch Schlagzeilen machte.
Magisterprüfung, Promotion und schließlich doch noch die Habilitation, die allerdings zur Berufung als außerordentlicher, d.h. nicht ordentlich bezahlter Professor an die germanistische Fakultät der Uni Köln führte, hatten stets als Schwerpunkt „Mittelalterliches Theater”. Seine wissenschaftliche Arbeit beschäftigte sich mehr und mehr mit den Fragen der mündlichen Dichtung, der »Oral Poetry«, und dem Erzählen.
Das ist eine Wissenschaft für sich. Uli Mehler beherrschte sie aus dem Effeff. Denn der hochrangige Wissenschaftler aus Mechernich-Bleibuir war auch selbst ein meisterhafter Geschichtenerzähler, ein Poet des gesprochenen Wortes.
Ulrich Mehler war auch Autor einer Schriftenreihe mit mittelalterlichen Erzählungen, Legenden und Geschichten, die im Verlag des von ihm und seiner Frau Ruth gegründeten „Kodex.Kulturvereins“ erscheinen. Auch einen gelungenen, satirischen und spannenden Roman hat Ulrich Mehler verfasst: „Fliegenmarsch, oder: Der Tag, an dem die Eifelrepublik gegründet wurde“).
Heft-, Buch- und Hörbuchprogramm
Viele Kurzgeschichten Mehlers aus der Eifel, wurden in den bekannten Anthologien von Ralf Kramp und Manfred Lang veröffentlicht. Bei den „Abendgrauen“-Events auf Eifelburgen, Schlössern und im LVR-Freilichtmuseum Kommern war Ulrich Mehler jeweils auch als Erzähler und Rezitator mit von der Partie.
Unter anderem sind folgende Bücher von Ulrich Mehler erhältlich: „Fliegenmarsch Oder: Der Tag, an dem die Eifelrepublik gegründet wurde“, „Dann hann ich en Üül om Daach. Eifeler Kurzgeschichten.“, „Die Ritter der Hohen Burgen“ (Band 1 „Die Reise beginnt“, 1. Aufl. 2005, 2. Aufl. 2015, Band 2 „Unterwegs ins Kloster und wieder hinaus“ 2015 und Band 3 „Über den Rhein und in die Berge“, 2015), „Krippenmärchen. Wie die Tiere an die Krippe kamen“ (2. Aufl. 2015) und „Hahn Theo will nach Afrika“ (2015).
Unter der angegebenen Mailadresse kann man folgende Audio-CD’s/Hörbücher beim Kodex-Kulturverein bestellen: „Krippenmärchen. Wie die Tiere an die Krippe kamen“ (CD 1 „Wie die Tiere an die Krippe kamen“, 2006, CD 2 „Was die Tiere an der Krippe erlebten“, 2006, CD 3 und CD 4 (Doppel-CD) „Was die Hl. 3 Könige erzählten“, 2010, Parzival- Hörbuch 5 „Die Einöde von Soltane“, 2010, Parzival-Hörbuch 6 „Der Rote Ritter“, 2010, „Die Ritter der Hohen Burgen“, Teil I. 5 Audio-CDs. 2012, „Die Ritter der Hohen Burgen“, Teil II. 4 Audio-CDs. 2011, Weihnachtskurzgeschichten „Danke für den Fisch“, 2011, Weihnachtskurzgeschichten „Wunder geschehen immer wieder“, 2011, „Elfenmärchen. Irische Feengeschichten“, 2011, „Zwergengeschichten. Geschichten vom Kleinen Volk“, 2011, Jungenmärchen „Ich hab immer Glück“, 2011, Jungenmärchen „Den behalt’ ich selber“, 2011.
An Heft-Geschichten hat der Kodex-Kulturverein bislang aufgelegt: „Das Schwert im Stein. Die Jugendgeschichte von König Artus“ [Nr. 1.], „Geschichten vom Kleinen Volk. Märchen von Zwergen“ [Nr. 2.], Krippenmärchen Teil I „Wie die Tiere an die Krippe kamen“ [Nr. 3.], Teil II „Was die Tiere an der Krippe erlebten“ [Nr. 4.], Teil III „Die Geschichte des ersten Magiers“ [Nr. 18.], Teil IV „Die Geschichte des zweiten Magiers“ [Nr. 19.], Teil V „Die Geschichte des dritten Magiers“ [Nr. 20.], „Hahn Theo will nach Afrika. Geschichten von Tieren“, Teil I. [Nr. 5.], „Gefahr am Teich. Geschichten und Märchen von Tieren“, Teil II. [Nr. 6., „Flucht in den Wald. Geschichten und Märchen von Tieren“ Teil III. [Nr. 7.], „Ein neues Zuhause. Geschichten und Märchen von Tieren“, Teil IV. [Nr. 23.], „Allerseelen und Halloween. Geschichten und Informationen“, [Nr. 8.], „Voluspá. Kosmische Weltgeschichte in der Edda“ [Nr. 9.], „Walther von der Vogelweide. Politische Lyrik“ [Nr. 10.], „Pferde im Mittelalter. Berühmte Pferde der ma. Literatur“ [Nr. 11.], „Pferde in der Edda. Aus der altnordischen Überlieferung“ [Nr. 12.], Irische Feengeschichten. Geschichten aus der Anderwelt“ [Nr. 13.], „Karl der Große. Seine Person 600 Jahre in der Literatur“ [Nr. 14.], „Der Teppich von Bayeux. Geschichte als Bildgeschichten“ [Nr. 15.], „Danke für den Fisch. Weihnachtskurzgeschichten“ [Nr. 21.], „Wunder geschehen immer wieder. Weihnachtskurzgeschichten“ [Nr. 22.] und „Zaubersprüche und Beschwörungen. Aus dem Mittelalter“ [Nr. 17.].
pp/Agentur ProfiPress