Kinderstube der Demokratie
DRK-Kita Oberhausen lässt Sprösslinge mitentscheiden – Rote Kreuz im Kreis Euskirchen wurde für das Projekt der Bertelsmann-Stiftung ausgewählt – Eltern wurden im „Restaurant“ von ihrem Nachwuchs bekocht und bedient
Oberhausen – Normalerweise heißt es ja, viele Köche verderben den Brei. Doch in der DRK-Kita Oberhausen ist das ganz anders. Mit dem Kochtopf wurden die Kinder an demokratische Entscheidungsprozesse herangeführt.
An diesem Morgen sind 26 Kinder ganz besonders aufgeregt. Ihre Kochmützen haben sie schon auf den Kopf postiert und auch die Schürze sitzt perfekt. Schnell wird nochmal gerührt, damit nichts anbrennt. „Die Kinder haben heute für Ihre Eltern gekocht und zum Essen ins Kinderrestaurant eingeladen“, verrät Kita-Mitarbeiterin Swetlana Werner den Plan.
Adlerbrocken und Raubvogelsuppe
Die Eltern sind begeistert. Adlerbrocken mit Frühlingsbutter, Raubvogelsuppe mit Kraftstücken, Fruchtnester auf Schnee – die Liste der vorbereiteten Speisen ist lang und lecker. Die Kinder haben sich phantasiereiche Namen für ihre Gerichte ausgedacht.
Aber nicht nur das. Sie haben sich in den gesamten Entscheidungsprozess Schritt für Schritt mit ihren Gedanken und Meinungen einbringen dürfen. Gab es keine Einigung wurde wie bei den „Großen“ abgestimmt, welches die wohl beste (Mehrheits-)Lösung ist.
„Mitenscheiden und Mithandeln in der Kita“
„Mitentscheiden und Mithandeln in der Kita“ lautet das Projekt, bei dem die Einrichtung des DRK Euskirchen mitmacht. Dabei handelt sich um ein deutschlandweit angelegtes Projekt, für das sich das Deutsche Rote Kreuz im Kreis Euskirchen bei der Bertelsmann-Stiftung erst bewerben musste, um ausgewählt zu werden.
Die Stiftung habe mit einer nationalen Ausschreibung Kooperationsträger gesucht. Die strengen Qualitätsvorgaben habe das Euskirchener Rote Kreuz erfüllt, berichtet Renate Ismar-Limito, Multiplikatorin des Konzepts, vom Institut für Partizipation und Bildung, die das Projekt gemeinsam mit der Bertelsmann Stiftung initiierte. Bundesweit seien insgesamt 16 Träger ausgewählt worden.
Mitarbeiter wurden eigens geschult
Die Kinder einzubinden, darin sind Mitarbeiter des DRK Euskirchen nun Fachleute. „Wir sind eigens seit Februar dafür geschult worden“, berichtet Doris Schibilla, die Leiterin der Oberhausener Einrichtung.
Als das Projekt dann startete wurden die Kinder erstmal gefragt, wie denn so ein Restaurantbesuch im Kindergarten aussehen könnte. Man diskutierte, ging einkaufen, stimmte ab, was gekocht werden sollte. Die Finanzen durften natürlich nicht aus den Augen verloren werden.
„Sie waren sehr begeistert, brachten viele Ideen und Anregungen ein“, so Werner. Ein Ausflug führte die Kinder sogar in ein echtes Restaurant, dass sie emsig unter die Lupe nahmen: Wie sieht es da überhaupt aus? Was gehört dazu? Restaurantregeln wurden erarbeitet.
Kinder respektieren für eine zukunftsfähige Gesellschaft
„Grundsätzlich geht es darum, dass die Kinder mit ihren Meinungen und Wünschen respektiert werden“, erläutert Ismar-Limito. Junge Menschen früh Freiräume für gemeinnütziges Handeln zu eröffnen, schaffe vielfältige Chancen. Sie lernen durch praktisches Tun, entfalten ihre Persönlichkeit und entwickeln soziale Kompetenzen. Diejenigen, die in jungen Jahren Freude an gemeinnützigem Handeln gewinnen, werden auch als Erwachsene Verantwortung für unsere Gesellschaft übernehmen. Das gesellschaftliche Engagement junger Menschen sei für die Entwicklung einer zukunftsfähigen Gesellschaft unverzichtbar.
Die Kitas werden damit zur Kinderstube der Demokratie und gesellschaftlichem Engagement. „Es macht mir sehr viel Freude, das Ergebnis heute zu sehen“, sagt Ismar-Limito zufrieden. Ziel sei es, dass es weiter geht, dass die Haltung weiter transportiert wird in den Alltag. Eine passende hauseigene Verfassung soll aufgestellt werden.
„Wir freuen uns sehr“
„Wir freuen uns sehr, dass unsere Bewerbung bei der Bertelsmann-Stiftung so großen Anklang gefunden hat und wir als größter Träger im Kreis Euskirchen mit unseren 31 Kindertageseinrichtungen dabei sein können“, so DRK-Kreisgeschäftsführer Rolf Klöcker.
Das DRK habe sich als einer unter 60 anderen Trägern von Kindertageseinrichtungen beworben, am Projekt der Bertelsmann Stiftung teilzunehmen.
Übergeordnete Zielsetzung des Projektes sei es, entsprechend den Grundsätzen des Roten Kreuzes, Kindern und Jugendlichen unabhängig von ihrer Herkunft und ihrem Bildungshintergrund Zugänge zu Engagement, Partizipation und Demokratiebildung zu eröffnen. „Ich bin beeindruckt, dass diese etwas theoretisch klingende Vision in der Praxis von Erziehern, Kindern und Eltern so begeistert angenommen und umgesetzt wird“, betont der sichtlich begeisterte Rotkreuz-Chef.
Den Eltern wird als „Nachtisch“ im Kita-„Restaurant“ noch ein Video gezeigt, das den gesamten Partizipationsprozess deutlich macht und von Swetlana Werner mit viel Liebe erstellt wurde. Für die Köche, Kita-Mitarbeiter und das Konzept gibt es großen Applaus.
pp/Agentur ProfiPress