Zur Einheit geworden
Jahresempfang der Stadt Mechernich – Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick sprach von der deutsch-französischen Freundschaft zwischen Mechernich und Nyons als Teil eines vereinten Europas – Podiumsdiskussion mit Akteuren der Städtepartnerschaft
Mechernich – Der Jahresempfang der Stadt Mechernich stand ganz im Zeichen des Jubiläums der Städtepartnerschaft mit dem französischen Nyons und eines vereinten Europas. Diesen Themen widmete sich zum einen Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick in seiner Ansprache vor rund 500 Gästen aus Stadt und Kreis, aus Politik, lokaler Geschäftswelt und aus karitativen Einrichtungen. Im zweiten Teil der Veranstaltung versammelte Moderator Manfred Lang in einer Podiumsdiskussion sechs Akteure der Städtepartnerschaft auf der Bühne, die einige Anekdoten von ihren Besuchen in Frankreich erzählten.
Bürgermeister Dr. Schick gestaltete seine Rede zum Jahresempfang mit einer geschichtlichen Rückschau auf die verschiedenen Ereignisse, die der deutsch-französischen Freundschaft vorangegangen waren. Anlass für den thematischen Schwerpunkt war sowohl die vor 50 Jahren eingegangene Städtepartnerschaft mit dem französischen Nyons, als auch die aktuelle politische Situation, die die EU mit Brexit und erstarkenden Rechtspopulisten vor große Herausforderungen stellt.
Von der „Erbfeindschaft“ zur „Erbfreundschaft“
Nach erstem und zweitem Weltkrieg, Steckrübenwinter und Weltwirtschaftskrise habe für den damaligen Bundeskanzler Konrad Adenauer festgestanden, dass „das gemeinsame europäische Haus nur auf dem Fundament eines erfolgreichen deutsch-französischen Aussöhnungsprozesses gebaut werden konnte“, so Bürgermeister Dr. Schick.
Wichtiger Bestandteil des Elysee-Vertrages war in diesem Sinne das deutsch-französische Jugendabkommen. So zitierte Schick den damaligen französischen Präsidenten Charles de Gaulle, der 1963 die deutsche und die französische Jugend dazu aufrief, „alle Kreise bei Ihnen und bei uns dazu zu bewegen, einander immer näher zu kommen, sich besser kennenzulernen und engere Bande zu schließen“. „Der Weg von der »Erbfeindschaft« zur »Erbfreundschaft« sollte gerade durch die Begegnungen Jugendlicher unumkehrbar gemacht werden“, betonte der Mechernicher Bürgermeister.
Er erinnerte an die Entstehung der Städtepartnerschaft durch die Bemühungen des inzwischen hochbetagten Französischlehrers Wolfgang Müller. Mit „Weitsicht und Weltoffenheit“ habe er die bis heute lebendige Städtepartnerschaft aufgebaut, die auf den „Freundschaften und gegenseitigen Besuchen ganz normaler Menschen aus beiden Städten“ basiere. Auf diese Weise konnten Ressentiments und Berührungsängste abgebaut werden, die vor allem von den unaussprechlichen Grausamkeiten des Zweiten Weltkriegs herrührten.
An das schwierige Verhältnis zwischen Deutschen und Franzosen konnten sich auch noch einige Teilnehmer der Podiumsdiskussion erinnern. Gerhard Lenz, stellvertretender Vorsitzender des Freundeskreises Mechernich-Nyons wusste aus seiner Kindheit noch, dass man vor einem Zusammentreffen besser die Straßenseite wechselte, um Beschimpfungen zu entgehen. Ebenso wie Dr. Karl-Heinz Decker, ehemaliger Euskirchener Oberkreisdirektor, nahm er solche Erfahrungen als Ansporn, um sich für ein freundschaftliches Verhältnis zwischen den beiden Nationen einzusetzen.
Anekdoten aus Frankreich
Zu den weiteren Gesprächspartnern von Moderator Manfred Lang gehörten neben Bürgermeister Dr. Schick auch der Vorsitzende des Freundeskreises Mechernich-Nyons, Wilfried Hamacher, sowie sein Stellvertreter Andreas Sack und der Vorsitzende des Mechernicher Tierschutzvereins, Reiner Bauer. Sie hatten allesamt interessante und unterhaltsame Anekdoten von ihren Besuchen in Frankreich zu berichten.
Eine eindrückliche Geschichte erzählte Wilfried Hamacher, dessen Vater aus französischer Kriegsgefangenschaft zurückkehrte, aber keinen Groll gegen die Franzosen hegte. Stattdessen fuhr er Jahre später zusammen mit seiner Familie noch einmal in den Ort seiner Gefangenschaft und lag sich dort weinend mit seinem französischen Patron in den Armen.
Indessen erinnerte sich Andreas Sack, Schulpflegschaftsvorsitzender am Mechernicher Gymnasium Am Turmhof und stellvertretender Vorsitzender des Freundeskreises Mechernich-Nyons, an die Einweihung des Pont de l’Europe, der bedeutendsten Brücke in Nyons. Zu dieser Gelegenheit habe der Stadtdirektor alle Anwesenden vor Ort zu einem Kölsch eingeladen – doch auf unerklärliche Weise waren die Zapfhähne für die eisgekühlten Fässer verschwunden.
In Nyons zeigten sich die Mechernicher Gäste daraufhin kreativ und behalfen sich stattdessen mit Handtüchern und Schraubenziehern. „Das geht viel schneller als mit den Zapfhähnen“, lachte Andreas Sack. Einzig sein Finger, den er zwischen dem Zapfen als Stopfen benutzte, sei schließlich blau vor Kälte gewesen – und letztendlich fast so berühmt wie die neue Brücke.
„Dieses Europa muss gelebt werden“
Mit Blick auf die Partnerschaft der beiden Städte sagte er: „Früher waren die Unterschiede immens, davon merkt man jetzt gar nichts mehr – sie sind eine Einheit geworden.“ Reiner Bauer betonte noch einmal, dass man sich Freundschaften erarbeiten müsse: „Dann lassen sie sich auch nicht durch Populisten beeindrucken.“ Dieser Ansicht ist auch Dr. Karl-Heinz Decker: „Dieses Europa muss gelebt werden.“
Dem konnte Bürgermeister Dr. Schick nur zustimmen: „Dass junge Menschen aus beiden Ländern sich gegenseitig besuchen ist die Gewähr dafür, dass sie sich nicht irgendwann im Krieg gegenüber stehen“, erklärte er. So lautete auch die Essenz seiner Ansprache: „Zum 50. Jahrestag der Städtepartnerschaft Mechernich-Nyons darf ich hier und heute festhalten, dass wir Mechernicher unsere Lektion aus der deutschen Geschichte gelernt haben. Diese Städtepartnerschaft ist ein großer Erfolg und sie hat als eine von über 2.000 deutsch-französischen Städtepartnerschaften mit dazu beigetragen, dass Deutsche und Franzosen am Anfang des 21. Jahrhunderts gemeinsam für die europäischen Werte Europas einstehen.“
pp/Agentur ProfiPress