Das Herz der Eifelkrimis
Vor 17 Jahren zog der KBV-Verlag nach Hillesheim – Dort entstand ein Mekka für Krimifans in ganz Deutschland – Jacques Berndorf als bekanntester Autor
Hillesheim – Mord und Totschlag in der Eifel? Nostalgiker mit Ortskenntnissen behaupten: Ohne ist es keine gelungene Dorfkirmes. Doch wenn man Menschen aus dem Rest Deutschlands befragt, was sie mit der Eifel verbinden, kommt ganz schnell das Thema Krimi aufs Tapet.
Das Herz der Eifelkrimis schlägt in Hillesheim. Dort hat der KBV-Verlag von Ralf Kramp seinen Sitz im Kriminalhaus, zu dem auch noch die rund 30.000 Bücher umfassende Krimi-Bibliothek gehört. Ebenfalls in dem Haus untergebracht sind das Café Sherlock und die Buchhandlung Lesezeichen von Kramps Frau Monika – natürlich stilecht mit Krimi-Ecke. Und nur einen Steinwurf entfernt befindet sich das Krimihotel, mit dem der Verlag aber nichts zu tun hat.
Dabei war die Reaktion vieler Einheimischer zunächst verhalten. „Was soll das denn hier?“ sei er gefragt worden, erinnert sich Kramp. „Doch die Hillesheimer haben schnell begriffen: Eifelkrimis sind ein profitabler Wirtschaftsfaktor und ein Pfund, mit dem man wuchern kann.“ Touristen kommen nur um zu schauen, ob es wirklich in der Eifel so aussieht, wie in den Büchern beschrieben. Die Touristinfo veranstaltet Führungen zu den fiktiven Kriminalschauplätzen, über den gesamten Vulkaneifelkreis verstreut findet das Krimifestival „Tatort Eifel“ statt. Kommunalpolitik und Verwaltung tragen das alles mit. „Hier wird positiv begleitet“, lobt Kramp das gute Miteinander, obwohl der Autor und Verlagsleiter offen zugibt: „Geplant war das alles so nicht.“
Denn wohl nur Insider wissen, dass der Verlag ursprünglich in Köln gegründet wurde und das KBV auch nicht für Krimibuchverlag oder Kramps Buchverlag steht, sondern für Klein und Blechinger Verlag. Anfang der 90er-Jahre gründeten Herbert Klein und Nicolai Blechinger das Unternehmen in der Subbelrather Straße. Das Angebot bestand aus einer bunten Palette, unter anderem auch aus Reiseführern. Allerdings spezialisierte sich der Verlag schnell auf Kriminalliteratur.
Ende der 90er-Jahre, nach einem Prozess um ein vermeintliches Ken-Follett-Buch, trennte sich Herbert Klein vom Verlag (Nicolai Blechinger war schon kurz nach der Gründung wieder ausgestiegen) und verkaufte ihn an ein Herausgeberpaar aus Hamm. Das stieß KBV im Jahr 2000 wieder ab und bot den Verlag Ralf Kramp an, der 1996 seinen ersten Roman „Tief unterm Laub“ dort veröffentlicht hatte. „Ich war neben Ken Follett schließlich der bestverkaufte Autor“, sagt Kramp und schmunzelt, schließlich kann das nicht jeder von sich behaupten. Wegen privater Umbrüche – Kramp hatte gerade seine zweite Frau Monika kennengelernt und war in die Eifel gezogen – stimmte er zu.
Aus dem Krimibuch-Autor und Karikaturisten war ein Verlagschef geworden – der zunächst fast alles in Eigenregie machte. Lediglich Volker Neumann als freier Mitarbeiter unterstützte ihn. Mittlerweile ist der Verlag gewachsen, Neumann ist aber nach wie vor dabei und siebt nach der Erstsichtung innerhalb des Hauses die eingesandten Manuskripte weiter aus. KBV beschäftigt darüber hinaus noch einen Korrektor, zwei Lektoren sowie Mitarbeiter in den Bereichen Veranstaltung, Erstsichtung, Produktion und Vertrieb.
Etwa 30 Krimis veröffentlicht KBV jährlich. Als Meilenstein bezeichnet Kramp, dass er den Journalisten Michael Preute, besser bekannt als Jacques Berndorf, Ende 2007 für KBV gewinnen konnte. Dessen Eifelkrimis stehen regelmäßig auf den Bestsellerlisten ganz oben. Außerdem veröffentlicht KBV unter dem Label Edition Eyfalia auch Bücher außerhalb des Krimisektors, zuletzt etwa sehr erfolgreich die Landarzt-Anekdoten „Ein Doc in der Eifel“ von Dr. Franz-Josef Zumbé und Manfred Lang. Allerdings gibt Kramp zu: „Ein Eifelroman, der nicht Krimi ist, lässt sich außerhalb der Eifel nur schwer verkaufen.“
Angewiesen ist der Verlag deshalb auch auf Autoren aus der Eifel. Und die erreichen nicht selten eine gewisse lokale Prominenz. „Das funktioniert in der Provinz besser als in der Metropole, wo Autoren oft unter ferner liefen agieren“, sagt Kramp.
Zu Beginn residierte der Verlag in der Buchhandlung von Monika Kramp in Hillesheim, anschließend in der Mietwohnung darüber. 2007 folgte der große Umzug in die Alte Gerberei – unter anderem auch deshalb, weil der Krimi-Experte Thomas Przybilka, Leiter des Bonner Krimi Archivs Sekundärliteratur (BoKAS), seine 20.000 Bücher umfassende Bibliothek wegen Problemen mit der Statik seines Hauses auflösen musste. Kramp schlug zu – und das Kriminalhaus mit Café Sherlock, Präsenzbibliothek, Verlag und Buchhandlung war geboren. 2013 folgte der Umzug an den jetzigen Standort, in dem früher ein Café mit Konditorei beheimatet war.
Und auch wenn man glaubt, das Haus sei mittlerweile voll: Ein paar freie Flecken gibt es noch. So planen Ralf und Monika Kramp in einem Anbau im Dachgeschoss einen begehbaren „Tatort“. „Im Haus muss dann ein Kriminalfall gelöst werden“, erklärt er. Die Umsetzung soll bald beginnen.
Und dann singt der Autor noch ein Loblied auf seine Heimat, aus der er viel Kraft schöpft. „Ich bin eins mit der Region und den Leuten“, sagt Kramp. Auch seine Mitarbeiter kommen fast alle aus der Eifel. „Wir brauchen die Eifel“, sagt Kramp und ergänzt: „Die Eifel wird auch ohne Krimis weiter existieren, nur in anderer Form.“
Nach dem derzeitigen Konzept könne jeder Schritt nachverfolgt werden: Im Idealfall schreiben Eifeler Autoren in Eifeler Orten, veröffentlichen in einem Eifeler Verlag und verkaufen ihre Werke in Eifeler Buchhandlungen. Früher wurde sogar in der Eifel, genauer gesagt in Eupen, gedruckt. Kramp erklärt das so: „Vorne steht Eifel drauf, dann muss auch im ganzen Geschäft die Eifel drin sein.“
pp/Agentur ProfiPress