700 Menschen spirituell berührt
Anselm Grün sprach beim 12. Eifel-Literatur-Festival über Dinge und Rituale, die der Seele gut tun
Prüm/Eifel – Genau vor zehn Jahren war Anselm Grün zum ersten Mal Gast beim Eifel-Literatur-Festival. Seither sorgt er bei jeder neuen Auflage des von Dr. Josef Zierden initiierten Lese- und Vorleseevents für Besucherrekorde. 700 Zuhörer wurden alleine jetzt bei seiner ersten von zwei Lesungen anlässlich des aktuellen 12. Eifel-Literatur-Festivals in Prüm gezählt.
Einige darunter waren aus Hamburg und Bayern angereist, aber auch aus den unmittelbar benachbarten Benelux-Staaten. Das Gros kam erwartungsgemäß aus Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen. Weitere 200 hätten gerne ebenfalls einen Platz in der Aula der Prümer Hauptschule ergattert, mussten sich aber mit einem Platz auf der Warteliste begnügen.
Anselm Grüns Thema lautete:„Was der Seele gut tut“. In freier Rede, gespickt mit vielen Weisheiten von Philosophen, Schriftstellern und Theologen, ermunterte der bekannte Benediktinermönch die Zuhörer, ihrem inneren Selbst unverstellt nahezukommen. Schöne Bilder aus der Kindheit riefen verschüttete positive Kräfte wach. Heilsam seien auch Rituale, verriet Grün, denn sie böten Heimat und Halt.
Liebe, Tod und Leidenschaft
Weiterhin sprach der Autor von über 300 Büchern über die heilende Kraft der Stille und über die Macht von Liebe und Freundschaft. Ein Grund für die große Anziehungskraft des 71jährigen Benediktiner-Paters ist es laut Festival-Veranstalter Dr. Josef Zierden, dass er stets Themen anspricht, die für Menschen von elementarer Bedeutung sind.
Seine Bücher erreichen Millionenauflagen und sind auch international erschienen. Darin geht es stets um die elementaren Erfahrungen des Lebens und den Umgang mit ihnen, also um Liebe, Verlust, Trauer, Tod, Altern, Glück und Spiritualität. Pater Grün gibt Impulse für eine Lebensgestaltung im Einklang mit der eigenen Seele.
„Was der Seele gut tut“, das ist auch der Titel seines aktuellen Buches. In Prüm las er keineswegs daraus vor, sondern er redete frei und ohne Manuskript, was er an Kernaussagen in der jüngsten Publikation zu Papier gebracht hat.
Zunächst führte er seinen Zuhörern im Hinblick auf das Ziel seelischer Entwicklung den Unterschied zwischen Veränderung und Verwandlung vor Augen: „Verändern heißt, ein anderer werden zu wollen, darin liegt aggressive Kraft. Verwandlung hingegen zielt darauf, ich selbst zu werden, das einmalige Bild, das Gott von mir gemacht hat, gewissermaßen freizulegen.“
„Auszeit vom Alltag“
Das gelingt vielen Menschen nicht so ohne weiteres, weil falsche Selbst- und Fremd-Bilder ihre Sicht behindern. Zufriedenheit findet aber ausgerechnet der nicht, der an sich selbst herum mäkelt und sich über seine vorgeblichen Unvollkommenheit ärgert.
Ins Stocken geratene Lebensenergie lasse sich durch Visualisierung schöner Kindheitserinnerungen wieder zum Fließen bringen. Das Kind lebe voraussetzungslos angenommen in Gottes Liebe. Rituale, so Anselm Grün, seien ein probates Mittel, Heimat und Halt (wieder) zu finden.
Dazu gab der Pater in Prüm Einblick in die These des Psychologen C.G. Jung, dass die Rituale im Kirchenjahr ein therapeutisches System seien. Anselm Grün erläutert auch, wie die Sprache es ermöglicht, die Erfahrung von Menschen gleichsam zu konservieren. Im Hauptwort „Schönheit“ stecke das Verb „schauen“: „Jeder Mensch ist schön, wenn er einen liebevoll anschaut.“
Grün schien – nicht nur bei seinem Vortrag – wie von einer geistlichen Aura umgeben. Er führte sein Publikum in spirituelle Versunkenheit. Josef Zierden resümiert: „Und wenn auch nicht jede seiner Erkenntnisse und Gedankengänge bewusst umzusetzen ist, so bleibt doch das Gefühl, eine meditative Auszeit vom Alltag genossen zu haben.“ Sie endete mit einem gemeinsamen Gebet und offensichtlich begeistertem Applaus . . .
pp/Agentur ProfiPress