Syrer ist jetzt „Bufdi“ beim Kreis Euskirchen
Arbeitskreis „Runder Tisch Flüchtlinge“ tagte im Kaller Rathaus
Kall – Über Integration wurde beim „Runden Tisch Flüchtlinge“ in Kall nicht nur gesprochen, sie wurde auch praktiziert: Beim jüngsten Treffen stellte Roland Kuhlen vom Kommunalen Bildungs- und Integrationszentrum (KoBiz) des Kreises Euskirchen den neuen KoBiz-Mitarbeiter Ahmad Almohamad vor. Der junge Mann aus Syrien, der in Sistig lebt, absolviert beim Kreis Euskirchen seinen Bundesfreiwilligendienst und leistet dem KoBiz unter anderem dank seiner Sprachkenntnisse wertvolle Dienste. Zudem kann er wertvolle Hinweise für die Integrationsarbeit geben, da er die Dinge auch „durch die Brille eines Flüchtlings“ sehen und so differenziert beurteilen kann. In Sistig wird er von der engagierten Flüchtlingshelferin Tina Seynsche betreut.
Sie und viele andere Ehrenamtler waren zum Arbeitstreffen ins Kaller Rathaus gekommen. Dort machte Ahmad Almohamad ihnen und den Verantwortlichen im Rathaus ein großes Kompliment. „Kall ist gut“, sagte er und meinte damit die gemeinsamen Anstrengungen zugunsten der im Gemeindegebiet lebenden Flüchtlinge und für deren Integration. Wie engagiert mit vereinten Kräften daran gearbeitet wird, wurde auch der teilnehmenden Delegation aus dem Euskirchener Kreishaus deutlich.
Aktuell leben in rund 30 dezentralen Einrichtungen in Kall sowie in den Außenorten Keldenich, Sistig, Steinfeld, Scheven, Wallenthal und Sötenich 215 zugewiesene Flüchtlinge, die bis auf wenige Ausnahmen alle registriert sind, wie Manfred Poth, Allgemeiner Vertreter des Landrates, informierte.
Viele Fragen hatten die Ehrenamtler an Thomas Weid, den Leiter des Kreisausländeramtes. Dabei ging es etwa darum, dass Syrer kaum noch die Anerkennung als Asylberechtigte erhalten, sondern stattdessen vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge das Anrecht auf den so genannten „subsidiären Schutz“. Diese ebenfalls starke Schutzform sieht zwar die unproblematische Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ebenso vor wie den vollen Zugang zum Arbeitsmarkt und Anspruch auf Sozialleistungen, nicht aber den Nachzug von Familienangehörigen.
In der Sitzung berichteten die ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer von den Auswirkungen, die dies auf einzelne Schicksale und somit auch auf die Arbeit der Flüchtlingshelfer habe. Auch die Frustration der aus den als offiziell sicher eingestuften Herkunftsländern stammenden Menschen ohne Bleibeperspektive erleben die Helfer bei ihrer täglichen Arbeit. Dies führe beispielsweise dazu, dass die Bereitschaft zur Integration spürbar darunter leide. Die Flüchtlingshelfer äußerten übereinstimmend ihre Sorge angesichts dieser Entwicklung. Einig waren sich die Ehrenamtler, dass hier die „große Politik“ reagieren und Lösungen finden müsse.
Flüchtlinge mit „guter Bleibeperspektive“ sind Syrer, Iraker, Iraner, Eritreer und seit neuestem auch Somalier. Die Frage, was nach der Anerkennung geschehe, könne man nicht „pauschal“ beantworten, so Manfred Poth. Wie entschieden werde, sei letztlich abhängig vom einzelnen Fall.
Leichter soll es hingegen werden, anerkannte Flüchtlinge in Arbeitsverhältnisse zu vermitteln. Dieses Vorhaben unterstützt auch die Wirtschaftsförderung des Kreises Euskirchen. Wie deren Leiterin Iris Poth berichtete, will man sich kreisweit bei Unternehmen dafür stark machen, verstärkt Flüchtlinge einzustellen. Josef Weingarten, Leiter des Jobcenters Euskirchen, informierte, dass die bisher gesetzlich vorgeschriebene Vorrangprüfung zum 1. August für zunächst drei Jahre ausgesetzt worden sei. Damit will Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles Flüchtlingen den Zugang zum Arbeitsmarkt erheblich erleichtern. Bislang musste die Bundesagentur für Arbeit prüfen, ob die Stelle mit bevorrechtigten inländischen Arbeitnehmern besetzt werden kann. Auch das Jobcenter Euskirchen leiste jegliche Beratung und Unterstützung, wenn sich ein Unternehmen mit dem Gedanken trage, einen Flüchtling einzustellen, ergänzte Weingarten. Zudem verwies er auf den von der Bundeagentur und dem Jobcenter installierten „Arbeitgeberservice.
Schon bei der Unterbringung der Flüchtlinge in gemeindeeigene Wohnungen oder in von der Gemeinde angemieteten Unterkünften habe die Kaller Verwaltung auf bezahlbare Mieten geachtet, hob Kämmerer Michael Heller hervor. Geschehen sei dies in der weisen Voraussicht, dass die Wohnungen nach der Anerkennung beibehalten werden können, wenn entweder die Flüchtlinge selbst oder aber das Jobcenter die Kosten tragen müssen. Für dieses vorausschauende Handeln gab es Lob seitens der Flüchtlingshelfer.
Dass er die Ehrenamtler fast schon lieber als „Mitarbeiter“ bezeichnen möchte, sagte aus voller Überzeugung Bürgermeister Herbert Radermacher und zollte den Helfern seine uneingeschränkte Anerkennung: „Ohne ihren unermüdlichen Einsatz wäre die Situation nicht zu meistern gewesen.“
pp/Agentur ProfiPress