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Probleme in „Klein-Venedig“

Bleibuirer Oberklasse, das Probenlokal des örtlichen Musikvereins, wurde offensichtlich beim Hochwasser 2016 unterspült – Standfestigkeit gefährdet, Sanierung zu teuer – Ersetzen Container den Nachkriegsneubau? – Älterer Teil der Alten Schule steht ungefährdet auf Eichenpfählen im feuchten Untergrund – Sondierungsgespräch mit Stadtverwaltung, Architekt und Dorfvereinen

Mechernich-Bleibuir – Der Musikverein Bleibuir muss bis auf weiteres im Dorfgemeinschaftshaus „Alte Schule“ proben. Das eigene Probenlokal, die ehemalige Oberklasse der örtlichen Volksschule, ein Nachkriegsneubau aus den 50er Jahren, muss wegen mangelnder Standfestigkeit saniert oder abgerissen werden.

Das ergab ein Geologisches Gutachten, nachdem sich Setzrisse im Mauerwerk seit dem „Jahrhundert-Hochwasser“ im Juni 2016 vergrößert, beziehungsweise neu gebildet hatten. Die Oberklasse steht im Gegensatz zur Alten Schule auf dem unterirdisch verlaufenden Bachbett des Rotbachs. Rot- und Schliebach münden in Bleibuir unterhalb der Schulhofoberfläche ineinander.

Die aus den 50er-Jahren des 20. Jahrhunderts stammende Oberklasse der „Alten Schule“ Bleibuir wurde im Untergrund vom Rotbach unterspült. Ihre Standfestigkeit hat gelitten, der Musikverein muss zurzeit für seine Proben in die vom „Förderverein Alte Schule“ bewirtschafteten Dorfgemeinschaftsräume ausweichen. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

Die seit einigen Wochen bekannt gewordene Situation wurde jetzt in einem informellen Gespräch in der Alten Schule zwischen Vertretern der Stadtverwaltung und der Bleibuirer Vereine erörtert. Die Moderation hatte Mechernichs Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick.

„Sobald es um Sicherheitsaspekte geht, ist der Ermessensspielraum Null“, erklärte Mechernichs Stadtplaner Thomas Schiefer. Es könne zwar sein, dass die Oberklasse nicht im direkten Sinn baufällig ist und noch Jahrzehnte nicht einstürze, aber sie stehe nun einmal seit jeher auf dem in ein Betongehäuse gezwängten Rotbach. Beim Hochwasser im Juni 2016, so das Geologische Gutachten, sei es im Untergrund zu „Unterspülungen“ und „Auswaschungen“ vorerst unbekannten Ausmaßes gekommen.

Risse im Mauerwerk

Daraufhin hätten sich die seit vielen Jahren bekannten Setzrisse signifikant vergrößert und es seien neue Risse im Mauerwerk dazu gekommen, so sagte auch der von der Stadt beauftragte Architekt und Statiker Peter Sampels: „Das war mir zu heikel, selbst zu beurteilen, deshalb habe ich einen Geologen eingeschaltet.“

Am Rande der informellen Sitzungen mit Stadtverwaltung und Dorfvereinen besichtigen Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick und Michael Kesternich vom Musikverein das ehemalige Sekretariat der Grundschule am Bleiberg. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

Die Kosten für eine Sanierung des etwa 100 Quadratmeter großen Probenlokals des Musikvereins Bleibuir gab Sampels mit 250.000 bis 300.000 Euro an – es müssten alle 75 Zentimeter zwei „Stelzen“ ins unterspülte Erdreich getrieben werden, um dem neueren Teil der Bleibuirer Schule wieder Halt zu geben.

Hinzu kämen mittelfristig mindestens nochmals eine Viertelmillion Euro – wahrscheinlich mehr – für die Sanierung der unterirdisch unter Schulhof und Straßen verlaufenden Bäche. Die Betondecken der Bachschächte seien ihrerseits aus Zement und minderwertigem Bergabraumkies gegossen worden und zerbröselten mittlerweile.

Keine schnelle Lösung

Angesichts der immensen Kosten für eine Sanierung könnte es sinnvoller sein, die Oberklasse abzureißen und durch einen modernen Raumcontainer als Probenraum zu ersetzen, dem man ein der Umgebung angepasstes Satteldach aufsetzen könne, so  Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick.

Angeregt diskutiert ohne jede Auseinandersetzung: In der Angelegenheit Schule Bleibuir zogen Stadt und Dorf an einem Strang, hier (von rechts) Fördervereinsvorsitzender Klaus-Peter Hoß, Janine Deinzer vom Immobilienmanagement der Stadt, Fachbereichsleiter Helmut Schmitz, dahinter fast verdeckt Architekt Peter Sampels, Prof. Dr. Ulrich Mehler (Musikverein, Kodex-Kulturverein), von hinten Bürgermeister Dr. Schick, Stadtplaner Thomas Schiefer, Musikvereinsvorsitzender Volker Zahrt, Michael Kesternich (Musikverein), dahinter verdeckt Eberhard Thannhäuser vom Förderverein und links außen Karl-Josef Petter (Musikverein). Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

Damit hofft Schick auch die mittelfristig anstehende Sanierung der Bachläufe noch einige Jahre hinauszögern zu können: „Eine akute Gefährdung durch die Unterspülung der Oberklasse wäre ja dann einstweilen aus der Welt“, so Dr. Schick, der selbst einmal aktiver Musiker im Musikverein Bleibuir war. Den Container könnte man auf eine massive Bodenplatte setzen, die das Bachbett des Rotbach weit überspanne und vorne und hinten auf festem Grund stehe.

„Eine schnelle Lösung wird es nicht geben“, kündigte der zuständige Fachbereichsleiter für den Bausektor und Stadtwerkeleiter Helmut Schmitz an. Er rechnet nicht vor dem Herbst 2018 mit einer Entscheidung. Noch seien zu viele Fragen zu klären und zu untersuchen.

Der Musikverein Bleibuir vor seinem Probenlokal, der so genannten „Oberklasse“, dem neuern Teil der „Alten Schule“ (im Hintergrund). Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

Die Untere Wasserbehörde müsse ebenso mit an den Tisch wie der Gutachter. Sicherheit sei durch die Verlagerung der Probentätigkeit in die benachbarte und vom Förderverein bewirtschaftete Alte Schule gewährleistet. Der für Feste und Beerdigungskaffee dringend benötigte Toilettentrakt zwischen Oberklasse und Alter Schule soll nach Möglichkeit von der bereits angeordneten Nutzungssperrung wieder ausgenommen werden.

Die jetzt in Bleibuir zutage getretenen Probleme sind eine Folge der im Ort einst betriebenen Teichwirtschaft. Wie die Straßennamen „Um die Weiher“ und „Am Mönch“ anzeigen und auch die Aufzeichnungen der Dorfchronisten Pfarrer Compes und Pfarrer Oebecke belegen, bestand die Umgebung der heutigen Alten Schule einst aus Fischteichen.

Alte Schule auf Eichenpfählen

Alte Aufnahmen aus dem Archiv des Fördervereinsvorsitzenden Klaus-Peter Hoss zeigen vor der Alten Schule weite Wasserflächen. Die Bäche durchflossen die Teiche, ehe sie vermutlich in den zwanziger oder dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts in Betonschächte gefasst und darüber der Schulhof angelegt und Straßen neu verlegt wurden.

Der Ortskern von Bleibuir aus der Luft mit Kirche (unten) und Alter Schule und Schulhof (oben). Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

Auch der ältere, nicht von Unterspülungen betroffene Teil der „Alten Schule“ wurde einst auf in den feuchten Untergrund getriebenen Eichenpfählen errichtet, so Klaus-Peter Hoß und Bürgermeister Schick, der diesen Teil Bleibuirs im Gespräch „Klein-Venedig“ nannte.

Alle bereits angedachten Maßnahmen müssten deshalb auch vor dem Hintergrund geschehen, dass der nasse Untergrund nicht trockengelegt werden darf. „Sonst trocknen die Eichenpfähle unter der Alten Schule aus und wir haben dort die gleichen Probleme wie jetzt an der Oberklasse“, so Klaus-Peter Hoß.

pp/Agentur ProfiPress