Plus statt Minus
Stadt Mechernich erwirtschaftet 2015 statt der erwarteten 1,9 Millionen „Miesen“ eine Million Euro Haushaltsüberschuss – Kämmerer Ralf Claßen: „Dennoch kein Grund zur Euphorie!“ – Schleichender Wertverlust und immense Schuldenlast
Mechernich – Statt 1,9 Millionen Euro „Miese“ hat die Stadt Mechernich im Haushaltsjahr 2015 wider Erwarten eine Million Euro „Gewinn“ gemacht. Das bedeutet zwar noch kein Ende, aber doch eine Verschnaufpause im langfristigen Kampf um den Haushaltsausgleich.
Zu verdanken haben Kämmerer Ralf Claßen und der Stadtrat die Umkehrung von „Soll“ in „Haben“ zwei einmaligen und daher nicht wiederholbaren Ereignissen, so der Tenor im Mechernicher Stadtrat am Dienstag. Zum einen hat sich das Steueraufkommen erhöht – insbesondere durch Gewerbesteuernachzahlungen. Zum anderen hat die Stadt mit zwei Millionen Euro ungewohnt und unerwartet hohe Erlöse aus dem Verkauf von Baugrundstücken erzielt.
Das war es aber auch auf Sicht: Aufgrund der hohen Steuermehreinnahmen werden sich in den nächsten Jahren die Schlüsselzuweisungen nach dem Gemeindefinanzierungsgesetz deutlich reduzieren. Außerdem zahlt ein großer Gewerbesteuerzahler im Stadtgebiet künftig 800.000 Euro weniger im Jahr und die Stadt Mechernich nur noch wenige Baugrundstücke zu verkaufen hat, wird sich das gute Haushaltsergebnis von 2015 im laufenden Jahr und auch im kommenden Jahr kaum wiederholen, so Ralf Claßen.
Der Stadtrat nahm die Ausführungen des Kämmerers daher auch unkommentiert zur Kenntnis. Die Anhebung der Grundsteuern und Gewerbesteuer – auch das war Gegenstand der Ausführungen des Kämmerers – war trotz der einmaligen Atempause 2015 insgesamt gerechtfertigt und auch nötig, um nur einigermaßen über die Runden zu kommen.
Lebenshaltungskosten „auf Pump“
„Wären wir Privatleute“, so der „Finanzminister“ der Stadtverwaltung, „müsste man uns vorhalten, wir bestritten unsere Lebenshaltungskosten aus einem Kontokorrentkredit“. Die Stadt finanziert zwar ihre rentierlichen Investitionen auf Pump, diese spülen auch laufend Geld zurück in die Stadtkasse wie die städtische Beteiligung am Sunpark Kalenberg und eigene Photovoltaikanlagen. Insgesamt erwirtschaftete die Stadt auf dem Energiesektor 2015 215.000 Euro. Das entspricht 26 Prozentpunkten bei der Grundsteuer B.
Dem Kämmerer Sorgen macht der permanente Wertverlust. Seit der Eröffnungsbilanz im Jahre 2006, als das städtische Vermögen auf über 57 Millionen Euro taxiert wurde, hat sich das Eigenkapital um 17,3 Millionen, also um ein Drittel verringert.
Die Schulden werden seit dem Jahr 2014 zwar abgebaut, belaufen sich aber nach wie vor auf stattliche 82 Millionen Euro. Darin enthalten sind allerdings auch rentierlichere Verbindlichkeiten in Höhe von 32 Millionen.
Vorläufig nur auf dem Papier macht sich der Kursverlust des Schweizer Franken für die Stadt Mechernich bemerkbar, denn das neue Rathaus wurde auf Basis der eidgenössischen Währung kalkuliert. Im Jahre 2015 macht dies einen buchhalterischen Nachteil gegenüber dem Euro von knapp zwei Millionen aus. Für Ralf Claßen allerdings kein Grund, nachts schlecht zu schlafen, denn der Franken hat sich seit dem Januar 2015, als er 1 : 1 mit dem Euro stand, wieder sichtlich erholt.
Claßen: „Entscheidend ist allein der Tag, an dem wir unsere Verbindlichkeiten von Franken in Euro umschulden, wobei der letztmögliche Zeitpunkt im Jahre 2029 liegt. Bis dahin ist noch viel Zeit, den günstigsten Wechselkurs für die Rückzahlung abzuwarten.“
Einwohnerzahl konstant halten
Der Kämmerer machte auch rechnerisch deutlich, wie wichtig die Einwohnerzahl für Mechernich ist: „Wir bekommen pro Einwohner 650 Euro brutto pro Jahr. Ohne die Ausweisung neuer Baugebiete in den vergangenen zehn Jahren wäre die Einwohnerzahl um rund 1300 niedriger und somit hätte die Stadt Mechernich rund 845.000 Euro weniger an Schlüsselzuweisungen erhalten.“
Andere Kommunen, wie seine Heimatstadt Schleiden, hätten immer weniger Einwohner und die anstehende Gebührenlast verteile sich auf immer weniger Schultern.
Claßen: „Unser Ziel sind keine exorbitanten Steigerungen durch Zuzüge, aber wir haben schon den Ehrgeiz, unsere Einwohnerzahl konstant zu halten, damit sich die kommunalen Abgaben für unsere Bürger auch in Zukunft in Grenzen halten.“ Zurzeit liege die Stadt am Bleiberg mit Weilerswist, Euskirchen und Zülpich im oberen Drittel der Einwohnerprognose unter den elf kreisangehörigen Kommunen.
pp/Agentur ProfiPress