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Kein grünes Licht für Putenmast

Münsteraner Einwände beziehen sich nur auf Formfehler – Stadt will diese reparieren und den Bebauungsplan Nr. 111 „Intensivtierhaltung um Antweiler und Wachendorf“ wieder auflegen

Antweiler/Wachendorf – Wegen der geplanten Pustenmastanlage eines Wachendorfer Landwirts bei Antweiler herrscht weiter Gelassenheit in der Mechernicher Politik. Der Stadtrat nahm am Dienstag zwar zur Kenntnis, dass das Oberverwaltungsgericht in Münster einen Bebauungsplan der Stadt Mechernich in einem Normenkontrollverfahren gekippt hat.

Gleichzeitig beschloss das Gremium aber, die Formfehler, die die Münsteraner Richter kritisiert hatten, zu beseitigen und den geänderten Bebauungsplan neu aufzulegen. Es bleibt also höchst ungewiss, ob der Wachendorfer Landwirt, der das Verfahren angestrengt hatte, seinen Putenbetrieb für bis zu über 25.000 Hennen tatsächlich an der gewünschten Stelle realisieren darf.

Antweiler und Wachendorf aus der Luft: 320 vom Ortsrand von Antweiler entfernt sollte wunschgemäß eine Putenmastanlage errichtet werden. Die Stadt Mechernich versuchte planerisch ordnend mit einem Bebauungsplan einzugreifen. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

„Denn in der Sache selbst hat das Gericht noch nicht entschieden“, so Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick zum „Mechernicher Bürgerbrief“: „Man hat uns signalisiert, dass man sich grundsätzlich mit unserem Vorhaben anfreunden könnte, die Standortentscheidung mittels eines Bebauungsplanes zu steuern.“

1000 Meter, 500 Meter, 320 Meter

Mit dem Bebauungsplan Nr. 111 „Intensivtierhaltung um Antweiler und Wachendorf“ wollte Stadtplaner Thomas Schiefer verhindern, dass die geplanten Putenställe zu nahe an den Ortsrand von Antweiler gebaut werden. Der Plan, der im April 2013 vom Stadtrat verabschiedet worden war, legte einen Mindestabstand von 500 Metern fest, im Falle eines  gewerblichen Mastbetriebs sogar 1000 Meter. Tatsächlich sahen die Planungen des Wachendorfer Landwirts nur 320 Meter Distanz zu den Häusern am Dorfrand vor.

Das Normenkontrollverfahren des Bauern gegen die Stadt wird bundesweit von Berufskollegen und landwirtschaftlichen Verbänden und Kammern beobachtet, möglicherweise auch unterstützt, so Prozessbeobachter. Wenn das OVG Münster in Antweiler/Wachendorf Präzedenzen schaffe, dass Kommunen ordnungspolitisch in das der Landwirtschaft grundsätzlich zugestandene privilegierte Bauen im Außenbereich eingreifen dürfen, dann habe das bundesweit Konsequenzen, hieß es.

Die Mechernicher Verwaltungsspitze während der Ratsdebatte um die geplante Putenmastanlage von Antweiler/Wachendorf. Dr. Hans-Peter Schick: „Wir versuchen, über den Bebauungsplan Einfluss auf den Standort zu nehmen und das Gericht von der Richtigkeit dieses Vorgehens zu überzeugen.“ Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

Dass die Stadt Mechernich mit dem Bebauungsplan Nr. 111 im fraglichen Bereich versucht, ordnungspolitisch einzugreifen und die Bevölkerung vor denkbaren Emissionen zu schützen, sei nicht Prüfungsgegenstand des Normenkontrollverfahrens gewesen, so Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick im Gespräch.

Juristisch beanstandet wurden bei der jetzigen Gerichtsentscheidung lediglich Formfehler. Beide seien reparabel, so Thomas Schiefer. Der Hinweis von Dr. Hans Nositschka auf ein niederländisches Gutachten zur Gefahr durch resistente Keime aus der Putenmastanlage müsse  aufgenommen werden. Außerdem müssten Unterschriften und Veröffentlichungen des Bebauungsplanes neu erfolgen, weil im ersten Durchgang Fristen und Abläufe nicht eingehalten wurden.

Veränderungssperre verhängt

„Insgesamt kein Grund für die Stadt, die Flinte ins Korn zu werfen“, konstatiert Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick. „Im Gegenteil“, so Stadtplaner Thomas Schiefer: „Wir steigen wieder ins Bebauungsplanverfahren ein. Eine Veränderungssperre ist verhängt, wir sind am Ball!“

Eventuelle Schadenersatzansprüche für den Bauern, der auch weiterhin und bis auf Weiteres nicht bauen darf, seien nicht zu leisten, so Schiefer zu dem danach fragenden Ratsherrn Peter von Wilcken. „Wir wollen und dürfen die Putenmastanlage nicht verhindern“, unterstrich Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick im Interview: „Wir versuchen lediglich, über den Bebauungsplan Einfluss auf den Standort zu nehmen.“ Und die Stadt werde alles versuchen, das Gericht von der Richtigkeit dieses Vorgehens zu überzeugen.

Das Normenkontrollverfahren eines Wachendorfer Bauern gegen die Stadt wird bundesweit von Berufskollegen und landwirtschaftlichen Verbänden und Kammern beobachtet, möglicherweise auch unterstützt, so Prozessbeobachter. Wenn das OVG Münster in Antweiler/Wachendorf Präzedenzen schaffe, dass Kommunen ordnungspolitisch in das der Landwirtschaft grundsätzlich zugestandene privilegierte Bauen im Außenbereich eingreifen dürfen, dann habe das bundesweit Konsequenzen, hieß es. Archivfoto: pp/Agentur ProfiPress

Ob der Landwirt nach „Reparatur“ des Bebauungsplans Nr. 111 „Intensivtierhaltung um Antweiler und Wachendorf“ erneut klagt, bleibt aus Sicht der Stadt abzuwarten. In den Medien äußerte er sich bislang nicht dazu. Laut „Kölnischer Rundschau“ und „Kölner Stadt-Anzeiger“ sagte er: „Mein Anwalt und ich sind enttäuscht, dass die Hinweise, die die Richter mündlich gegeben haben, im schriftlichen Urteil nicht enthalten sind.“

Nach dem einmütigen Votum des Stadtrates für die Neuauflage des geänderten Bebauungsplanes soll es nun in einigen Wochen erneut zur vierwöchigen Offenlage kommen, bei der Einwände geltend gemacht werden können. Der Landwirt erklärte in den Medien, er werde sich den neu erstellten Bebauungsplan „genau ansehen“. Danach wolle er weitere Schritte erwägen.

pp/Agentur ProfiPress