Karriere oder Eifel? Am Ende beides!
Mechernichs Stadtplaner Thomas Schiefer verabschiedet sich in den Ruhestand und blickt zurück auf seine Berufung, die überbordende Bürokratie und auf viele neue Baugebiete – Künftig möchte er sich verstärkt seiner Oldtimer-Leidenschaft widmen
Mechernich – So etwas erlebt man als Stadtplaner vermutlich nur einmal im Leben: Ein weltbekannter Architekt, immerhin Pritzker-Preisträger – auch bekannt als „Nobelpreis der Architektur“ – steht im kleinen Mechernich im Ratssaal und spricht über seine Vision. Peter Zumthor heißt der Mann, der seine Zuhörer mit seinen Plänen für die Bruder-Klaus-Kapelle in Wachendorf spielend leicht in seinen Bann gezogen. 20 Minuten Vortrag, alle lauschen andächtig – und als er fertig ist, wandte sich der Bürgermeister an Thomas Schiefer: „Und, was machen wir jetzt?“ Schiefers Antwort war so pragmatisch wie prägend: „Fangen Sie an.“
Die Genehmigung der Bruder-Klaus-Kapelle war für Thomas Schiefer unbestritten das Highlight seines Berufslebens. „Dass man einen Beitrag leisten durfte, an einem Ort wie Mechernich Architektur von Weltrang entstehen zu lassen, das bleibt schon haften“, sagt der 66-Jährige.
Beruf mit Berufung
Fast vier Jahrzehnte hat Thomas Schiefer in der kommunalen Stadtplanung gearbeitet – in Leverkusen, Brühl, Wiehl und zuletzt in Mechernich. Studiert hat er Architektur mit dem Schwerpunkt Städtebau und in einem zweiten Studium Denkmalpflege. Genau diese Kombination war es, die ihn begeistert hat: „Es war nie nur ein Job, es war immer auch Berufung“, sagt er. Die Mischung aus Architektur, Stadtentwicklung und Denkmalschutz habe ihm immer Spaß gemacht. „Es ist mir nie schwergefallen, montags zur Arbeit zu kommen – auch nach dem Urlaub nicht“, sagt der Ruheständler mit einem Schmunzeln.

In Mechernich war er über viele Jahre Fachbereichsleiter für Bauen und Planen. Sein Aufgabenspektrum wird künftig auf verschiedene Schultern im Rathaus verteilt. „Der Job ist enorm umfangreich geworden“, sagt Schiefer. Und nicht zuletzt sei auch die Bürokratie explodiert: „Heute sind die Akten für ein Bauverfahren dreimal so dick wie früher, aber das Ergebnis ist deswegen nicht dreimal besser.“ Für ihn ein klares Zeichen, dass die Bürokratie massiv reduziert werden muss. Außerdem stellt er fest: „Irgendwann merkt man auch, dass die nächste Generation übernehmen sollte.“
Baugebiete, Bebauungspläne, Beratung
Neben aller Begeisterung für große Architektur gehörte zum Alltag vor allem das „Brot-und-Butter-Geschäft“: Bebauungspläne aufstellen, Bauanträge prüfen, Bauherren beraten, Kompromisse aushandeln. Und: immer wieder Baugebiete entwickeln. Gerade in den 2000er-Jahren ist Mechernich stark gewachsen – nicht zuletzt, weil junge Familien zurück in ihre Heimat wollten oder sich das Leben in Köln schlicht nicht mehr leisten konnten. „Wir hatten hier eigentlich immer eine gute Nachfrage“, so Schiefer. „Und mit einer soliden Infrastruktur war Mechernich für viele attraktiv.“
Trotzdem blickt er nicht unkritisch auf die Entwicklung zurück: „Wir haben die Baugebiete oft nicht mit ausreichend gestalterischer Qualität versehen“, sagt er. Plastikzäune, wenig Grün, zu wenig Rücksicht aufs Ortsbild – das muss er selbstkritisch eingestehen „Dabei ist es eigentlich im Interesse aller, dass das Umfeld schön ist. Das erhöht ja auch den Wert der Immobilie.“ Was ihm besonders fehlt: Bäume. „Wir haben das Thema viel zu lange ignoriert“, sagt er. „Wenn wir heute keinen Baum pflanzen, fehlt er unseren Kindern morgen als Schattenspender. So einfach ist das.“
Leidenschaft für gute Gestaltung
Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick hat die Zusammenarbeit mit Thomas Schiefer stets geschätzt, auch gerade wegen dessen pragmatischer, lösungsorientierter Art. „Thomas Schiefer wusste halt, dass es nicht nur die Farben Schwarz und Weiß gibt, sondern auch ganz viele Zwischentöne – und die hat er genutzt“, sagt Schick. Gemeint ist: Schiefer hat Spielräume genutzt, um Entscheidungen im Sinne der Stadt Mechernich voranzubringen, auch dann, wenn der Weg dorthin nicht immer eindeutig war. „Genau diese Haltung hat ihn zu einem so wertvollen Kollegen gemacht.“
Sein Pragmatismus hat ihm intern wie extern viel Respekt eingebracht. Gleichzeitig war er in vielen Gremien aktiv: im Städte- und Gemeindebund, als stellvertretender Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Baubeamten im Regierungsbezirk Köln, Mitgründer der Stadtplaner-Runde im Kreis Euskirchen. „Das war immer sehr erfüllend“, sagt er. „Und es hatte den Vorteil: In einer kleinen Kommune arbeitet man sehr vielfältig, man bekommt alles mit.“
Schon in seiner Zeit bei der Stadt Brühl hatte Schiefer ein besonderes Augenmerk auf die gestalterische Qualität von Architektur. Gemeinsam mit seinem damaligen Team hatten sie für die Zusammenarbeit mit Architekturbüros einen ganz besondere Devise ausgegeben: „Wir sind bestechlich – mit guter Architektur.“ Diese Haltung hat sich dann auch durch sein Berufsleben gezogen.
Ruhestand mit Schraubenschlüssel
Das ist nun zu Ende gegangen. Mit einem weinenden und einem lachenden Auge verlässt er das Rathaus in Richtung Ruhestand. Die Pläne dafür stehen schon: „Ich wechsle von der Denkmalpflege zur Pflege denkmalwerten Automobilkulturguts“, sagt er augenzwinkernd. Schiefer ist leidenschaftlicher Oldtimer-Fan, hat selbst Fahrzeuge restauriert und träumt davon, in einer kleinen Werkstatt mitzuarbeiten. „Ich will nicht nur Schrauben tauschen, sondern verstehen, wie das alles funktioniert“, sagt er.
Dass er nach Mechernich gekommen ist, war ursprünglich übrigens gar nicht der Plan. Ursprünglich wollte er ins Bergische zurückkehren. Aber dann musste er doch feststellen: Die Eifel hatte längst sein Herz erobert. Weil seine Frau, hochschwanger mit dem zweiten Sohn, bei einer Autofahrt an die frische Luft musste, landeten die beiden in Nöthen, wo sie das perfekte Haus für ihre kleine Familie fanden. „Wir standen damals davor und und meine Frau sagte: Wenn wir hier wohnen könnten, würde ich auch in die Eifel ziehen.“ Zwei Wochen später stand das Haus in der Zeitung und wurde gekauft.
Damit war dann auch die Position des Beigeordneten im Bergischen passé. Statt Karriere fiel die Entscheidung auf die Eifel. „Vielleicht war das schon die erste Form von Work-Life-Balance“, sagt Thomas Schiefer schmunzelnd. Die Karriere mit Aufstieg zum Fachbereichsleiter kam dann trotzdem. Auch deshalb kann der 66-Jährige heute mit Überzeugung feststellen: „Wir haben die Entscheidung für die Eifel und für Mechernich nie bereut.“
pp/Agentur ProfiPress