Das Schöne in der Vergänglichkeit
Mit „FOKUS MENSCH – Facetten des Lebens“ zeigt die Lorbacher Künstlerin Yvonne Delisle ihre Werk in der Galerie im Rathaus – Die Ausstellung markiert gleichzeitig den Abschied von Franz Kruse als Kurator, der nach 15 Jahren an Ela Rübenach übergibt
Mechernich – Vergänglichkeit. Ein Thema, das häufig mit Verlust und Schwermut verbunden wird. Für die Künstlerin Yvonne Delisle ist es dagegen ein Quell der Inspiration. „Mir geht es bei dem Thema um die schöne Zeit, um dankbare Erinnerungen“, betonte sie bei der Eröffnung ihrer Ausstellung „FOKUS MENSCH – Facetten des Lebens“ in der Rathaus-Galerie Mechernich.

Passender konnte das Thema kaum gewählt sein: Denn die Vernissage markierte zugleich den Abschied von Kurator Franz Kruse, der nach 15 Jahren und insgesamt 46 Ausstellungen das Zepter weitergibt – dankbare Erinnerung an die vergangene Zeit inklusive. „Ich war anfangs skeptisch, ob das Konzept funktioniert. Aber Franz hat mich eines Besseren belehrt. Über 15 Jahre hat er unsere Stadt um eine wichtige kulturelle Facette bereichert“, würdigte Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick das Engagement des 83-Jährigen. Die Gäste dankten mit langanhaltendem Applaus.

Kruse selbst blickte ebenfalls voller Dankbarkeit zurück: Er habe es genossen, immer wieder Künstlerinnen und Künstler nach Mechernich zu holen und deren Werke einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Sein Dank galt vor allem Gabi Schumacher von der Stadt Mechernich, die ihn über die Jahre zuverlässig begleitete und unterstützte, sowie den städtischen Mitarbeitern, die bei Aufbau und Organisation stets zur Stelle waren.
Galerie in guten Händen
Kruses Nachfolge tritt Ela Rübenach an, die bereits seit Jahren in Mechernich aktiv ist und unter anderem in der Corona-Zeit mit einer illuminierten Außenausstellung oder mit ihren Flut-Engeln starke Zeichen setzte. „Eine Ausstellung kann wunderschön sein, aber sie macht auch viel Arbeit“, gab Bürgermeister Schick der neuen Kuratorin mit auf den Weg. Er zeigte sich dennoch überzeugt, dass die Galerie bei ihr in guten Händen ist und bleibt.

Nach den Worten des Bürgermeisters richtete sich der Blick wieder auf die Kunst selbst: Die Ausstellung von Yvonne Delisle rückt den Menschen in all seinen Facetten in den Mittelpunkt – von stillen Momenten bis zu großen Fragen. Ein Höhepunkt ist das Werk „Ver-Wandlung – Tempi passati“: Durch das Drehen an den Lamellen einer Jalousie verändert sich das Bild. Ein Kind, die junge Yvonne Delisle, wird zur reifen Frau, das kleine Mädchen hinter der Erwachsenen wieder sichtbar. Ein Sinnbild für Lebenszyklen und den steten Wandel.

Besondere Aufmerksamkeit erhielt auch das Werk „Die Leserin“. Delisles Freundin Petra Bergerhof erinnerte in ihrer Einführung daran, dass die in London geborene und in der französischen Schweiz aufgewachsene Künstlerin ganze zehn Jahre lang keinen Pinsel in der Hand gehalten hatte. Dann sei der entscheidende Satz gefallen: „Ich will wieder malen.“ Entstanden sei damals „Die Leserin“. Ein Bild einer jungen Frau, die an einem Tisch sitzt, über ein dickes Buch gebeugt, ganz im Moment versunken. Ihr Gesicht scheint von innen heraus zu leuchten. „Dieses Werk hat mich tief berührt“, bekannte Bergerhof – und es markierte die Initialzündung für Delisles künstlerische Laufbahn, die bis heute anhält.

Bergerhof beschrieb auch die Vielfalt von Delisles Schaffen: von Öl- und Aquarellarbeiten über Tusche und Pastell bis hin zu Mischtechniken, die oft farbenreich, manchmal aber auch bewusst reduziert daherkommen. Ihre Motive reichen von Landschaften bis hin zu figürlichen Darstellungen und sie scheut sich nicht, auch schwere Themen aufzugreifen.
Große Dankbarkeit
Yvonne Delisle selbst zeigte sich bei der Vernissage spürbar bewegt. „Ich empfinde große Dankbarkeit für all die Menschen, die mich auf meinem Weg begleitet haben“, sagte sie. In alphabetischer Reihenfolge dankte sie etwa Freundinnen wie Petra Bergerhof, dem Kurator Franz Kruse, der ihr die letzte Ausstellung seiner Amtszeit anvertraute, sowie Ela Rübenach, die die Reihe nun weiterführen wird. Ihr Dank galt auch den vielen Helferinnen und Helfern im Hintergrund: „Ohne euch wäre das alles nicht möglich.“

Für die musikalische Stimmung sorgten an diesem Abend die Acoustic Legends mit Sänger Jojo Joisten, Gitarrist Micha Tippach und Günter Macherey am Keyboard, die mit kraftvollen gesungenen Coversongs den passenden Rahmen schufen.

So verband sich die Kunst mit Musik, Erinnerung und Begegnung – und zugleich mit einem realen Einschnitt in der Geschichte der Mechernicher Rathaus-Galerie: dem Abschied von Franz Kruse, dessen Arbeit künftig in neuer Form fortgesetzt wird.
Am Ende zeigte sich, dass Vergänglichkeit nicht nur Verlust bedeutet, sondern auch den Blick auf das Schöne der vergangenen Zeit lenkt. In diesem Sinn war die Vernissage ein dreifaches Zeichen: für den Dank an das, was war, für die Freude über die Kunst, die aktuell gezeigt wird, und für die Vorfreude auf das, was kommt.
pp/Agentur ProfiPress