Investieren, aber auch zurückzahlen
Haushaltsplan 2016 vorgestellt – Moderate Erhöhung der Grundsteuer B unumgänglich – Kritische Fragen zur Kreisumlage
Mechernich – „Wer »I« wie Infrastruktur und »L« wie Lebensqualität sagt, muss irgendwann auch »R« wie Refinanzierung sagen.“ Kämmerer Ralf Claßen fand deutliche Worte, als er im Mechernicher Stadtrat den Haushaltsplan 2016 einbrachte. Um zu verhindern, dass die Stadt in Haushaltssicherungskonzept (HSK) und Nothaushalt abrutsche, sei eine moderate Erhöhung der Grundsteuer B unumgänglich. Die Mehrkosten blieben aber überschaubar: Für mehr als die Hälfte der Mechernicher Grundstücksbesitzer würden etwa 20 bis 40 Euro mehr pro Jahr fällig.
Seinen Berechnungen vorweg stellte der städtische Kämmerer die Aussage der Gemeindeprüfungsanstalt: „Der Haushaltsausgleich hat vorrangige Priorität. Ihm ist alles unterzuordnen.“ 2014 etwa lag der Schuldenstand des Kernhaushalts bei knapp 90 Millionen Euro. Damit käme man in Mechernich auf 3.300 Euro Schulden pro Kopf.
Immerhin rund 28 Millionen Euro können aus den Verbindlichkeiten wieder herausgerechnet werden, denn die Stadt hat bei ihren Investitionen langfristig geplant und kann mit Mieten und Einnahmen zum Beispiel aus dem SunPark Kalenberg oder aus dem Neubau für Rathaus und Polizei sogar Gewinne erzielen.
Tolle Infrastruktur, ideale Lebensbedingungen
Letztendlich hätten die Bürger von den Investitionen profitiert, erklärt Ralf Claßen: Das Geld floss zum Beispiel in die Schulen und Kindergärten, in die Sportförderung und Verkehrsflächen. „Mechernich hat eine tolle Infrastruktur und ideale Lebensbedingungen. Da haben wir gerne investiert, aber irgendwann kommt der Punkt, an dem man zurückzahlen muss.“
Für das Jahr 2016 rechnet man im Haushaltsplan mit Aufwendungen von gut 57 Millionen Euro gegenüber Erträgen in Höhe von etwa 56 Millionen Euro. Es bleibt eine Differenz von rund 1,4 Millionen Euro. Damit bleibt die Stadt unter einem Defizit von 1,8 Millionen Euro. Das ist nämlich der Schwellenwert, von dem abhängt, ob eine Kommune ins Haushaltssicherungskonzept muss. Folgt dann der Nothaushalt, übernimmt die Kommunalaufsicht beim Kreis Euskirchen das Ruder und die Stadt kann nicht mehr selbst bestimmen – egal ob es um Projektförderungen oder Steuererhöhungen geht.
Für 2016 kann ein Defizit von 1,4 Millionen Euro nur erreicht werden, wenn die Grundsteuer B um 82 auf 595 Prozentpunkte erhöht wird. Damit läge die Stadt Mechernich beim Vergleich der Grundsteuer B-Hebesätze in den Kommunen der Kreise Euskirchen und Heimbach im Mittelfeld.
Keine Erhöhung bei Grundsteuer A und Gewerbesteuer
Die Grundsteuer B berechnet sich nach den Messbeträgen für die jeweiligen Grundstücke und Immobilien. Für mehr als die Hälfte der zu besteuernden Mechernicher bedeutet das einen Anstieg der Grundsteuer zwischen 20,50 und 41 Euro im Jahr. Weitere 35 Prozent der Betroffenen müssen mit Erhöhungen zwischen 61,50 und 82 Euro rechnen. Für die Stadt Mechernich ergibt sich durch die Steuererhöhung ein Plus von rund 660.000 Euro.
Nicht angehoben werden sollen indessen die Grundsteuer A und die Gewerbesteuer. „Mechernich muss als Gewerbestandort weiterhin attraktiv bleiben“, erklärte der städtische Kämmerer. Man wolle nicht riskieren, dass in Mechernich ansässige Unternehmen den Standort wechselten und dadurch Arbeitsplätze gefährdet würden.
Bei der Gewerbesteuer habe man darüber hinaus in 2015 einen Rekordwert von 8,7 Millionen Euro erzielt. „Die Gewerbesteuer hat sich in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt – wir haben eine gute Gewerbepolitik“, lobte Ralf Claßen. Deshalb solle auch weiterhin die Gewerbegebiete „Am Billig“ in Satzvey und „Monzenbend“ in Kommern investiert werden.
Auch wenn die Haushaltsplanung – unter heutigen Rahmenbedingungen – ab 2018 mit einem Überschuss im städtischen Haushalt rechnet, warnte der Kämmerer davor, das Eigenkapital weiter aufzubrauchen und die Kassenkredite nicht genügend zu tilgen. „Das Zinsniveau wird nicht so bleiben. Wir leben ganz klar über unsere Verhältnisse.“
Seit 1999 fast 24 Stellen bei der Stadt eingespart
Dabei habe die Stadt auf Seite der Aufwendungen schon von A bis Z alles gekürzt. Auch Personal wurde eingespart, Stellen nicht mehr neu besetzt. „Seit 1999 haben wir fast 24 Stellen eingespart, also rund 15 Prozent unseres Personals“, so Ralf Claßen. Die „aufgabenkritische Überprüfung des Personalbestandes“ sei der Stadt auch von der Kommunalaufsicht des Kreises Euskirchen vorgeschrieben worden.
Das warf allerdings eine Fragen beim städtischen Kämmerer auf: „Gelten diese Vorschriften nicht für Kreise?“ Der Kreis Euskirchen habe nämlich im gleichen Zeitraum fast 101 Stellen und damit rund 18 Prozent seines Personalaufkommens aufgebaut.
Auch die Kreisumlage sorgte bei den Stadtratsmitgliedern wieder für Ärger: Innerhalb von drei Jahren habe der Kreis von den Kommunen 10,3 Millionen mehr verlangt und in der gleichen Zeit das Eigenkapital um rund 15 Millionen aufgebaut. Für Ralf Claßen stellte sich da die Frage, warum der Kreis zu Lasten der Kommunen Eigenkapital aufbauen könne, das nun von den Bürgern durch Steuererhöhungen refinanziert werden müsse. Stattdessen wäre doch zu erwarten, dass der Kreis bei besseren Abschlüssen das überschüssige Geld an die Kommunen direkt zurückzahlen würde. Die Kreisumlage mache schließlich ein Drittel der gesamten Aufwendungen im Haushaltsplan aus.
pp/Agentur ProfiPress