Großes Interesse in der Bevölkerung
Begehung in der geplanten Landesflüchtlingsunterkunft im Kaller Industriegebiet – Über 300 Bürger nutzten Gelegenheit, sich vor Inbetriebnahme persönlich ein Bild zu machen
Kall – „Das Interesse hier in Kall ist außergewöhnlich groß“, freute sich Cengiz Yildirim von der Bezirksregierung (Dezernat 20 – „Unterbringung von Flüchtlingen“) über die gut 300 Menschen, die der Einladung zu einer Begehung vor Inbetriebnahme der geplanten Landeseinrichtung für Flüchtlinge im Kaller Industriegebiet gefolgt waren.
Anfang bis Mitte April rechnen die Bezirksregierung und der künftige Betreiber ZOF (Zukunftsorientierte Förderung e.V.) mit dem Einzug der ersten Schutzsuchenden in die für bis zu 500 Menschen ausgerichtete Unterkunft. Die Menschen, so die Verantwortlichen, würden vermutlich zwischen zwei bis vier oder auch schon mal sechs Wochen bleiben, bevor sie einer Kommune zugewiesen werden. Kall erhält während der Zeit, in der die Einrichtung betrieben wird, zunächst keine weiteren Zuweisungen, da die Aufnahmekapazität der zentralen Unterbringungseinrichtung bei der Zuweisungsquote für die Gemeinde Kall angerechnet wird.
Am Tor zum Gelände wurden die Gäste – wie es auch nach Inbetriebnahme der Fall sein wird – von Mitarbeitern des beauftragten Sicherheitsunternehmens in Empfang genommen. Mit Aufnahme der ersten Flüchtlinge, so erfuhren sie später von Bianca Scheffner, Abteilungsleiterin Flucht & Asyl bei ZOF, wird der Sicherheitsdienst 24 Stunden vor Ort und auch im Gebäude selbst präsent sein.
In Gruppen von je rund zwanzig Personen führten ZOF-Mitarbeiter die Interessierten durch das Gebäude. Dabei hatten die Besucher viele Fragen – die meisten drehten sich um das Wohl der Menschen, die untergebracht werden sollen. Gleich am Anfang ging es durch einen Bereich mit Wohneinheiten. „Haben Frauen denn hier einen Schutzraum“, fragte eine Kallerin. Ja, erfuhr sie, denn dieser kleinere Bereich für bis zu 200 Personen sei Familien und Frauen vorbehalten. Später gelangte die Besuchergruppe auch in den größeren Bereich, in dem alleinstehende Männer untergebracht werden sollen. Der gesamte Bereich ist mit Fußbodenheizung ausgestattet.
Als bedrückend empfanden viele Besucher die Enge in den Achter- und Zwölferzimmern mit je einem Bett und einem abschließbaren Spind pro Person. Yildirim: „Wir müssen Plätze für bis zu 500 Menschen vorhalten. Häufig zeigt sich aber, dass die Belegung dann doch nicht so hoch ist. Die Zimmer sind so konzipiert, dass wir Betten herausnehmen können.“ Nach oben sind die Räume offen, statt Türen gibt es Vorhänge. Die sanitären Anlagen sind nach Geschlechtern getrennt und in Containermodulen untergebracht, alles wurde neu installiert. Ebenso gibt es einen Bereich mit Waschmaschinen und Trocknern.
Da die Wohneinheiten nicht über Steckdosen verfügen, gibt es einen gesonderten Bereich mit langen Steckdosenleisten und Tischen davor, insbesondere zum Aufladen von Mobiltelefonen. „Das ist wichtig, denn für die Menschen, die hier leben werden, ist das Handy oft die einzige Möglichkeit, Kontakt zu Angehörigen in der Heimat zu halten“, so die künftige Einrichtungsleiterin Linda Bröking.
Weiter ging die Infotour in den Kantinenbereich. 199 Menschen können hier gleichzeitig essen, bei voller Belegung soll dies in drei Schichten erfolgen. Das Catering übernimmt die Firma Schubert, ein Unternehmen der WISAG-Gruppe. Die Flüchtlinge, so erfuhren die Besucher, werden mit Frühstück, Mittagessen und Abendbrot versorgt. Küchenchef Fritz Klein aus Kall erläuterte das Verfahren: „Die Speisen werden in unserer Großküche frisch zubereitet, gekühlt und hier wieder gewärmt.“ In drei sogenannten „Konvektomaten“ werden sie aufgewärmt und schließlich in der Kantine ausgegeben. Ob es denn auch etwa Salate gebe, fragte eine Besucherin besorgt. Das Küchenteam konnte bestätigen.
Eine Mitarbeiterin der künftigen „Krankenstation“ erläuterte in den entsprechenden Räumlichkeiten, dass wochentags tagsüber je drei Krankenpfleger/innen anwesend seien, zudem würden in Abstimmung mit dem Gesundheitsamt Sprechstunden mit Ärzten organisiert. Neben dem Behandlungszimmer gehören ein Warte- und ein Quarantäneraum zur Einheit. Letztgenannter wird vorgehalten, falls es mal einen Patienten mit infektiöser Krankheit geben sollte.
Im Obergeschoss des Gebäudes soll die eigentliche Sozialbetreuung stattfinden. Zuständig sind dafür nach Aussage des Betreibers insgesamt 32 Mitarbeiter beiden Geschlechts, die teils mehrere Sprachen sprechen. Unter ihnen seien Pädagogen, Psychologen, Trauma-Therapeuten sowie Quereinsteiger/innen. Geplant sind auch spezielle Angebote für Frauen. In diesem Bereich gibt es kleinere und größere Besprechungs- bzw. Gruppenräume sowie einen eigenen kleinen Kindergarten.
Unter den Besuchern waren neben Michael Heller, dem Allgemeinen Vertreter des Kaller Bürgermeisters Herbert Radermacher, und weiteren Mitarbeitern der Verwaltung auch Vertreter der politischen Fraktionen und der Kirchen sowie zahlreiche Ehrenamtliche der Kaller Flüchtlingshilfe. Michael Heller fasste seine Eindrücke so zusammen: „Das, was ich heute gesehen habe, macht einen freundlichen, hellen sowie gut strukturierten und organisierten Eindruck.“ Nach Abschluss der Arbeiten, so Heller, werde es eine weitere Begehung mit der Bezirksregierung, ZOF, den Security-Mitarbeitern und Zuständigen der Verwaltung geben. Gleichzeitig soll der „Runde Tisch“, der bereits zwei Mal im Kaller Rathaus mit allen Verantwortlichen und Beteiligten stattgefunden hat, weiter regelmäßig zusammenkommen.
Auch Polizeihauptkommissar Volker John, Leiter der Polizeistation Schleiden, hatte sich vor Ort ein Bild gemacht. Sein Fazit: „Ich denke, der Start wird hier ebenso reibungslos verlaufen, wie in anderen Einrichtungen auch. Ich finde es sehr gut, dass die Menschen vorab die Möglichkeit haben, sich alles anzusehen.“
pp/Agentur ProfiPress