Fazit: „Joot jemaaht!“
Musik- und Mundartkabarett „Mager & Lang“ kam im Euskirchener Casino gut an – Von mutigen Omas, verschlafenen Hochzeitsnächten, wortkargen Männern und gescheiterten Möbeleinkäufen im Bankenviertel
Euskirchen/Mechernich – Mit „Mager & Lang“ gastierte am Freitagabend ein musikalisch-kabarettistisches Kollegen-Duo im Euskirchener Casino, das die Besucher zu (Lach-)Tränen rührte. Der Mechernicher Manfred „Manni“ Lang und der Euskirchener Journalist Johannes Mager lieferten vor über hundert Zuschauern eine sehens- und hörenswerte rheinische Nabelschau ab.
Es war die besondere Mischung, die den Abend zu einem Erlebnis werden ließ. Rechterhand auf der Bühne Johannes Mager, ein junger Musiker, der mit Bedacht und konzentrierter Hingabe an Gitarre und Keyboard kölschen Klassikern in der Art von „Saunaboy“, „Sadomaso im Westerwald“ oder „Wellenreiter“ seine ganz eigene interpretatorische Handschrift verlieh und dabei augenzwinkernd mitunter auch mal quer zu seiner begleittechnisch eigenwilligen Rhythmus-Loopbox stand.
An seiner Seite Tausendsassa Manni Lang aus Lückerath (Stadt Mechernich), der den vergnüglichen zweieinhalb Stunden mit seinen wonnigen Eifeler Verzällchen ordentlich Tempo verlieht. Und das im allerbesten Wortsinne. Denn der bestens gestimmte Mundartexperte hatte für den Abend einige seiner legendären „Rennwitze“ mitgebracht, bei denen er die Publikumsreihen zu durchpflügen und umrunden pflegt.
Ernst und „Hubäät“ auf Möbelkauf im Bankenviertel
Wie den von den unverheirateten Brüdern Ernst und „Hubäät“, von denen der eine, Hubert, mit der „staatse Sonndess-Kapp“ des anderen, nämlich seines Bruders Ernst, und an der Seite seiner Mutter zum Möbeleinkauf ins gediegene Kölner Bankenviertel geschickt wird. Denn laut Eifeler Logik („Wo et Bänk jitt, do jitt et bestemp och Desch unn Stöhl“) erwartet man dort die Fundgrube für neue Küchenmöbel.
Allein der Banker am Schalter verzweifelt schließlich an der Bitte „Mir hätten jäern enne neue Köchedesch unn zwei Stöhl“ – und fragt: „Ist das Ihr Ernst?“ Worauf die Mutter verständnislos abwinkt: „Nee, datt öss Hubäät – Ihr hatt äver joot oppjepass, er hätt nämlich Ernst seng Kapp ahn …“
„Da jö“ lautete der Titel des Programms, mit dem das kabarettistische Duo erst zum dritten Male überhaupt auf einer Bühne stand und an dem es seit der Premiere vor zwei Jahren bei einem Kleinkunstabend in Bleibuir recht ordentlich gefeilt hat. Unlängst hatte man im Euskirchener Hotel Rothkopf vor geschlossener Gesellschaft ein paar neue Nummern ausprobiert.
„Da waren aber auch die Türen abgeschlossen und keiner konnte abhauen“, log und schalkte Lang kurz vor der Pause: „Heute sind die Türen unverschlossen und ich freue mich, dass Sie, unser erstes freiwilliges Publikum, trotzdem geblieben sind – bis hierhin jedenfalls!“ Um es vorwegzunehmen: Die über hundert Zuhörer und Zuschauer blieben nicht nur bis zum Schluss, sie forderten auch noch „Zugabe“.
Den Titel „Da jö“ hatten „Mager & Lang“ gewählt, weil es sich dabei um eine in hiesigen Gefilden quasi universal einsetzbare Redewendung handelt. Egal, ob man jemanden zum zügigen Aufbruch ermuntern will, beim Essen beherzt zugreift oder das Vorspiel in der Hochzeitsnacht eröffnet: „Da jö“ passt (fast) immer, wenn es „losgeht“.
Mutige „Ommas“ erledigen Probleme in zwölf Sekunden
Es wird auch nicht selten vom bekanntlich mutigsten Menschen in einer jeden Eifeler Familie verwendet, der „Omma“. Die krempelt nämlich beherzt die Ärmel hoch, wenn der paralysierte Rest des Eifelclans bei peinlichen Problemen immer noch in zögerlicher Schockstarre verharrt. Zum Beispiel, wenn etwa das uneheliche Kind der Enkeltochter beim Standesamt angemeldet werden muss.
„De Omma“ regelt das schon, wie ein Beispiel „vom Dörp“ des Hellenthaler Höhengebietes belegte, das Lang von Alt-Amtsdirektor Werner Rosen übernommen hat. Es offenbarte die anschauliche Kürze in der Wortwahl des ripuarischen redenden Eifelers. Während nämlich der hochdeutsch sprechende Rest der Menschheit für eben jenes Anmeldeprozedere geschätzte dreieinhalb Stunden bräuchte, weil er bis ins Alte Testament über die Französische Revolution bis in die Neuzeit ausholen würde, um dem Standesbeamten den bedauerlichen Sachverhalt zu erklären, benötigt der Eifeler hierfür exakt zwölf Sekunden – den tiefen Seufzer schon eingerechnet: „Hach“, schlüpfte „Manni“ Lang brillant in die Rolle der „Omma“: „Os Dröck, fuffzehn Mohl op de Kirmes .. nüüs passiert. Oss Änn … eemohl Katholikendaach … dä!“
Überhaupt macht der Eifeler an sich nur wenig Worte. Selbst am Hochzeitstag sind es maximal nur drei: Morgens bei der Trauung reicht dem Bräutigam gemeinhin ein kurzes, alternativ auch langgezogenes „Joooh“, das Lang mit der hochdeutschen Entsprechung „vielleicht“ oder „mal sehen“ übersetzte. Mittags (wenn nichts dazwischen kommt) sagt der Eifel dann vergnüglich „Prost“ an der Hochzeitstafel – und zum Auftakt des Zärtlichkeitsaustausches nach dem Zubettgehen (Sie ahnen es . . .)Da jö!“
Mit Willi Müßeler und der Eisenbahn nach Büllesheim
Vorausgesetzt, der Bräutigam ist nicht zu „kapott von der janze Hieroderei“ oder hat nicht zu reichlich dem Alkohol zugesprochen, was allerdings bei Eifeler Vermählungsfeierlichkeiten nicht selten der Fall ist.
Vergnüglich spannte Lang den etymologischen Bogen vom „Aschbackebärbche“ über den heute dem Wort zumindest nach in Vergessenheit geratenen „Mai-Wengssel“ bis zu der bei Eifeler Kirmesschlägereien unvermeidlichen „Knallzijar“. Der Eifeler ficht verbal nicht mit dem Florett, er haut lieber mit den Fäusten drauf, legt aber vorher die Brille ab und geht vor die Tür, damit es nicht zu Glas-und Möbelbruch kommt.
Liebenswert nostalgisch präsentierte Johannes Mager zwischendurch mit dem „Büllesheim-Lied“ auch ein Stück seines Großvaters Willi Müßeler, der viele Jahre auf den Karnevalsbühnen der Region erfolgreich unterwegs war. „Verblüffend, wie sehr seine Art der Präsentation der seines Opas ähnelt“, sinnierte eine ältere Dame im Publikum.
Auch selbstgedichtete Limericks hatte der junge Parodist im Gepäck und rezitierte in bester Gebrüder-Blattschuss-Manier: „Ich kannte ein Mädchen in Dahlem. Do mot mer vürher zahlen. Ich traf e Mädche in Vogelsang, dat wor ävver für jar nix bang. Da war auch eins in Urft . . . Nix jedurft.“
Das Euskirchener Publikum amüsierte sich köstlich. Kein Wunder, dass es die beiden sympathischen Entertainer nicht ohne „da capo“ von der Bühne ließ. Und am Ende stand das Fazit: Handgemacht, witzig und authentisch. Oder, wie der Eifeler ohne viele Worte sagen würde: Joot jemaaht!
Claudia Hoffmann/pp/Agentur ProfiPress