Eine große, verrückte Familie
Fünf Tage lang stand Kommern im Zeichen der „Ente“ – Mehr als 800 Teilnehmer beim Treffen der 2CV-Fans
Mechernich-Kommern – „Ein Fahrzeug mit allen Qualitäten – außer Geschwindigkeit, gutem Aussehen und leisem Motor“ – der Aufkleber, den Bob und Carol Brotherhood aus der Nähe der englischen Küstenstadt Brighton ihrem uralten Citroen 2CV verpasst haben, zeugt von Humor. Davon besitzt das Ehepaar zweifellos eine Menge. Vier Tage dauerte die entschleunigte Anreise in ihrer bis in den kleinsten Winkel vollgestopften Ente. Erbaut 1952, zählte „Bert“, wie die Brotherhoods ihr Vehikel liebevoll nennen, zu den ältesten Fahrzeugen beim 7. Internationalen Deutschlandtreffen der Freunde des 2CV.
Humor beweist Bob Brotherhood auch, wenn man ihn nach der Höchstgeschwindigkeit seines heißgeliebten Schrotthaufens fragt, der völlig unverändert ist und in all den Jahrzehnten nicht einmal eine neue Lackierung erhalten hat. „Langsam, wenn man die Bäume zählen kann und schnell, wenn man sie nicht mehr zählen kann“, erklärte er mit verschmitztem Lächeln. Das Treffen der Döschewo-Fans in Kommern ist für das Paar bereits die vierte Teilnahme an einem Deutschland-Treffen. In Kommern gefalle es ihnen sehr gut, versicherten beide. Insgesamt fünf Monate im Jahr sind sie mit „Bert“ auf Reisen in ganz Europa unterwegs. Dass der für etwaige Reparaturen im Auto verstaute Knieschoner „höchstens zwei- oder dreimal im Jahr“ benötigt wird, mag man kaum glauben, denn optisch macht „Bert“ den Eindruck, als ob er augenblicklich auseinanderfällt. Doch sicherheitshalber hat Bob sein Werkzeug stets griffbereit – und auch die beiden Holzäste, die wahlweise dazu dienen, das Gaspedal zu fixieren oder die Autotür aufzuhalten.
Obwohl immer wieder Regenschauern das langersehnte Sommertreffen störten, war die Stimmung auf den Wiesen rund um das Vereinsgelände des VfL Kommern bestens. Mehr als 800 Enten in allen Variationen parkten hier: im Originalzustand wie „Bert“ oder neu lackiert, mit witzigen Details ausgestattet oder sogar zur Stretchlimousine umgebaut.
Michael Schubert aus Reutlingen ist mit einer zum Roadster umgebauten Ente nach Kommern gereist. „Die Idee stammt aus den 1980er Jahren, als alles verbaut wurde, was der TÜV zugelassen hat“, berichtete er. Sein mit Holzapplikationen und Holzlenkrad ausgestattetes Prachtstück ist für einen Roadster untypisch blaulackiert. „Grün hat jeder, und mir gefällt Blau besser“, erklärte Schubert, für den die internationale 2CV-Gemeinschaft „eine große, verrückte Familie“ ist. „Wir scheuen keine Mühen und keine Schrecken“, nannte er die wohl wichtigsten Tugenden eines Enten-Besitzers.
Mit einem Enten-Umbau der ganz anderen Art war Jörn Bertrams aus Leverkusen auf dem Gelände unterwegs. Er hat seine Charleston-Ente zum „Servicemobil“ um funktioniert und sammelte Müllsäcke ein. Bertrams war einer von mehr als 80 Helfern, die den Organisatoren Guido Weiermann und Christian Ulrich vom Verein „Kein Zweifel Eifel Enten“ zur Seite standen und für den reibungslosen Ablauf des fünftägigen Treffens sorgten, zu dem Entenfans nicht nur aus Deutschland, sondern aus ganz Europa in die Eifel kamen.
Jonas Balke aus Braunschweig ist mit „Fridolin“, der roten Ente seiner Mutter, großgeworden und war mit seinen Eltern schon als kleiner Steppke bei seinem ersten Enten-Treffen. Kein Zweifel, dass auch der 17-jährige Helfer mit dem Enten-Virus infiziert ist und es kaum erwarten kann, den Führerschein zu machen. In der Szene kennt er sich jedenfalls schon bestens aus. „Jede Ente hier hat ihre eigene Geschichte“, schwärmte er und erzählte, dass Spitznamen – für die Autos ebenso wie für ihre Besitzer – zum guten Ton gehören.
Clemens Losch ist der „Entenmann aus Berlin“, stolzer Besitzer von sage und schreibe neun 2CV. In Kommern war er mit seiner Alltags-Kampfente mit dem vielsagenden Namen „Unsafe“ (deutsch: unsicher). Zum Fuhrpark zählen auch „Benjamin“, ein hochglanzpolierter Rechtslenker aus England und der 1955 erbaute Flugsaurier „Cäcilie Geraldine“, den er Mitte der 1990er Jahre aus einer Scheune bei Bordeaux „gezerrt“ hat.
Permanent präsent waren die Rotkreuzhelfer des DRK-Kreisverbandes, die ehrenamtlich für die Sicherheit beim Enten-Treffen sorgten. Zeitweise waren zwölf Helfer aus verschiedenen Ortsvereinen vor Ort. Eine mobile Ambulanz wurde errichtet, außerdem standen ein bis zwei Rettungswagen und ein Krankentransportfahrzeug bereit. Das Jugendrotkreuz des Ortsvereins Kommern sorgte außerdem an allen Tagen mit Spielen und Kinderschminken dafür, dass es den Kindern nicht langweilig wurde.
„Ohne diese Hilfe und die Unterstützung so vieler anderer Menschen wäre das hier alles nicht möglich gewesen“, lobte Guido Weiermann das Engagement der vielen Helfer, die schon Tage vor dem Beginn des Treffens im Einsatz waren. Immens sei auch die Unterstützung seitens der Mechernicher Stadtverwaltung, der Bevölkerung und der Kommerner Landwirte gewesen, die Ersatzwiesen gemäht hatten, weil manche der ursprünglich vorgesehenen Flächen nach dem Unwetter nicht befahrbar waren. Für einen Teil der Teilnehmer seien dadurch die Wege etwas länger, und stellenweise sei es auch matschig, „aber wir bekommen viel Lob“, berichtete Weiermann von der Resonanz der Teilnehmer. „Wir sind begeistert, die Bevölkerung ist begeistert und die Teilnehmer auch“, zog Christian Ulrich am Montag ein rundum zufriedenes Resümee.
pp/Agentur ProfiPress