Bürvenich auf Platz drei in New York
Vom Felsenkeller am „Haus Lebenshilfe“ in Bürvenich über die nationale Global-Award-Verleihung in Berlin schafft es das Inklusionsprojekt von Lebenshilfe HPZ, Künstler Rolf A. Kluenter und der Agentur Brand Health bis zu internationalen Meriten am Big Apple – Menschen mit Behinderung nutzten Kunst zur Selbstfindung und Inszenierung – Ausstellung der Kunstobjekte im Frühjahr in Euskirchen geplant
Zülpich-Bürvenich/New York – Jetzt haben sie auch Bronze in New York abgeräumt: Bei den Global Awards, einem weltweiten Wettbewerb für Gesundheits- und Wellnesswerbung, haben das heilpädagogische Zentrum „Haus Lebenshilfe“ (HPZ) mit Hauptsitz in Bürvenich mit Geschäftsführer Rolf Emmerich, der aus Bürvenich stammende Künstler Rolf A. Kluenter und die Frankfurter Agentur Brand Health es mit dem Inklusionsprojekt „Expressionismus 2.0“ auf den dritten Platz geschafft.
Bei der Verleihung im New Yorker „7 World Trade Center“ wurde das Inklusionsprojekt mit behinderten Bewohnern der Lebenshilfe HPZ nun mit einem Finalist Certificate ausgezeichnet. Zuvor hatte das Projekt bereits auf Bundesebene in der Sparte „Gesundheit“ den Sieg errungen und war in Berlin dekoriert worden.
Grundlage für die zum Wettbewerb eingereichte Arbeit „Expressionismus 2.0“ war das Projekt „Kleiner Kosmos Felsenkeller“, das der in Shanghai und Bürvenich lebende Künstler Rolf A. Kluenter im alten Felsenkeller auf dem Gelände der Lebenshilfe HPZ gemeinsam mit HPZ-Bewohnern und Bürvenicher Bürgern inszeniert hatte.
Am Anfang stand der „Kosmos“ im alten Brauerei-Eiskeller
Kluenters Ziel war es, im abgeschlossenen „Kosmos“ des früheren Eiskellers für Brauereilagerung, das Leben in Bürvenich mit den verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen darzustellen und festzuhalten. Dazu gehörten neben Gruppen wie dem Schützen- oder dem Karnevalsverein natürlich auch die behinderten Schützlinge der Lebenshilfe HPZ.
Kunst sollte in Zusammenarbeit mit Menschen mit Behinderung umgesetzt werden – und die Gehandicapten sollten selbst zu Künstlern werden, die sich in Szene setzen, aber auch beispielsweise fotografieren und malen.
„Als wir sie im Felsenkeller inszenieren wollten, hatten sie gar keine Berührungsängste“, erinnert sich Rolf A. Kluenter anlässlich der New Yorker Nominierung. „Stattdessen wurden sie aktiv und haben sich selbst inszeniert.“ So konnten die Menschen zeigen, dass sie selbst am besten wissen, was gut für sie ist. Das Projekt hatte die „Kunst als Sprache der Inklusion“ sichtbar gemacht, so Kluenter: „Der Beweis ist erbracht – Kunst ist unbehindert“.
In diesem Sinne wurde das Inklusionsprojekt nun weiterentwickelt. Die Schützlinge der Lebenshilfe HPZ waren mit vollem Eifer dabei. Jeder Einzelne von ihnen wurde mit seinen Fähigkeiten, Wünschen und Bedürfnissen in den Blick genommen. In den Kunstworkshops wurde ihnen ermöglicht, in die Rolle von Akteuren, Regisseuren oder Malern schlüpfen, zu gestalten und sich auszudrücken. In sozialen konnten sie sich daraufhin untereinander oder mit der Außenwelt austauschen.
Ein Beispiel für die Aktion ist der Kurzfilm „Michaels Dream“ (zu sehen unter anderem im Facebook-Auftritt von „Expressionismus 2.0“). Dort wird Michael Perpeet zunächst in seinem Alltag bei der Lebenshilfe HPZ in Bürvenich begleitet. Er zeigt den Filmemachern, wie er mit zwei Bällen jonglieren kann. In Zeitlupe können die Zuschauer seine Bewegungen verfolgen und die Konzentration in seinem Blick sehen. Die nächste Szene zeigt Jongleur Michael in einem bunten Clownskostüm auf der Bühne, wo er zum ersten Mal vor Publikum auftritt.
Ausstellungen im „Quartier City Süd“ und an anderen Kulturstätten geplant
„Expressionismus 2.0“ ist eine Aktionsgemeinschaft unter der Führung der Agentur Brand Health. Im Mai hatte die Kampagne für das Inklusionsprojekt bereits den Comprix-Gold-Award für innovative Kommunikation in Berlin gewonnen. Bei den Global Awards in New York folgte nun auch die internationale Anerkennung.
Die Jury hatte in der Kategorie „Health Institutions & Services“ weltweit 152 Projekte aus 26 Ländern für die Vorauswahl ausgesucht. „Expressionismus 2.0“ schaffte es im Ergebnis hinter zwei amerikanischen Kampagnen auf den dritten Platz. Die Plätze drei bis sechs wurden mit einem Finalist Certificate ausgezeichnet. Die Global Awards küren jedes Jahr die weltbeste Gesundheits- und Wellnesswerbung, wobei es vor allem um die Kreativität der Kampagnen geht.
Die Kreativ-Workshops „Expressionismus 2.0“ wollen den Menschen, die zum Beispiel eine geistige Behinderung oder eine Autismus-Spektrumsstörung haben, zu mehr Selbstwertgefühl verhelfen. Das integrative Kunstprojekt im Felsenkeller wurde deshalb schon früh von regionalen Sponsoren unterstützt. Diese Anschubfinanzierung – vor allem durch die Smurfit-Kappa-Stiftung und die Kunststiftung der Kreissparkasse Euskirchen – hatte die Größenordnung und Dauer des Projektes erst möglich gemacht.
Die Lebenshilfe HPZ und Künstler Rolf A. Kluenter wollen das künstlerische Inklusionsprojekt noch weiter voran treiben. Im kommenden Frühjahr soll in Euskirchen das „Quartier City Süd“ fertiggestellt werden, wo die Lebenshilfe HPZ neben acht Wohnungen für Menschen mit Behinderung auch eine Autismus-Ambulanz betreiben will.
Zur Eröffnung soll es eine Ausstellung der Kunstobjekte aus „Expressionismus 2.0“ geben. Neben dem „Quartier“ der Euskirchener gemeinnützigen Baugesellschaft (Eugebau) sollen noch weitere Ausstellungsstationen an kulturellen Stätten in der Kreisstadt eingerichtet werden.
Während die Ausstellung einen weiteren großen Schritt für das künstlerische Inklusionsprojekt darstellt, denken Lebenshilfe-Geschäftsführer Rolf Emmerich und Künstler Rolf A. Kluenter schon weiter. Ihr Ziel ist es, die Grundlage des Projektes zu einer anerkannten Therapie für Menschen mit Behinderung weiter zu entwickeln.
Dazu möchten sie beispielsweise einen Bauernhof zum „Kreativ-Hof“ für die Kunstworkshops umbauen. „Die Kunst liegt in jedem Menschen und kann ihm dabei helfen, seinen Platz in der Gesellschaft zu finden“, so Rolf Emmerich.
pp/Agentur ProfiPress