Andrea Nahles setzt aufs Handwerk
Osteifelerin in der Nordeifel auf Besuch – Bundesministerin für Arbeit und Soziales im BGZ Simmerath der Handwerkskammer Aachen – Modernisierungsvorhaben und Flüchtlingsprojekt vorgestellt.
Simmerath/Eifel – Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles hat am Freitag die Eifel besucht. Und zwar nicht ihre eigene Eifeler Heimat in Mayen, sondern die Nordeifel. Die Bundespolitikerin besuchte und besichtigte das Berufsbildungs- und Gewerbeförderungszentrum (BGZ) Simmerath, eines von fünf Bildungszentren der Handwerkskammer Aachen. Dabei lobte sie das Handwerk nicht nur, aber auch wegen seiner integrativen Fähigkeiten: „Ich setze aufs Handwerk und dessen Betriebe!“
Im Vorfeld hatte Peter Deckers, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Aachen, die Ministerin über ein geplantes Flüchtlingsprojekt informiert. Die Kammer habe Erfahrung in Sachen Integration – und mit dem Simmerather BGZ auch eine entsprechende Infrastruktur. Das Bildungszentrum war über mehrere Monate hinweg Erstaufnahmeeinrichtung für 90 aus ihrer Heimat geflüchtete Menschen.
Demnächst sollen bis zu 40 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in eines der drei Internate des BGZ Simmerath einziehen. Die Betreuung soll durch den Dienstleistungsverein „Zukunftsorientierte Förderung“ (ZOF) erfolgen. Die Jugendlichen sollen das Berufskolleg Simmerath/Stolberg besuchen. Damit auch die Nachmittage ausgefüllt sind, bietet das BGZ berufspraktische Lehrgänge an. Das soll frustrierende Wartezeiten vermeiden, die in Auffangeinrichtungen oft entstehen.
„Politik müsste eigentlich Hürden aus dem Weg räumen“
Bundesarbeitsministerin Nahles lobte das Vorhaben: „Das Konzept stimmt, die Bereitschaft ist groß.“ Partner sind neben der Handwerkskammer Aachen die Bezirksregierung Köln, das Landesjugendamt NRW, die Städteregion Aachen, das Jugendamt der Städteregion, die Gemeinde Simmerath, die Bundesagentur für Arbeit, das Jobcenter, ZOF und das Berufskolleg Simmerath/Stolberg.
Andrea Nahles räumte ein, dass eigentlich die Politik Sprachprobleme und bürokratische Hürden aus dem Weg räumen müsse, vor denen Handwerksbetriebe bei der Integration von Flüchtlingen häufig stehen. Sie ist der Überzeugung, dass Integration zu schaffen ist, „aber das ist hier kein Sprint, sondern ein Langstreckenlauf“. Dabei setzt Nahles auch aufs Handwerk, das sie als „Rückgrat der dualen Ausbildung“ bezeichnet.
Wilhelm Grafen, Geschäftsführer der Handwerkskammer Aachen für die Bildungszentren, informierte die Ministerin über ein weiteres wichtiges Vorhaben, die geplante Modernisierung des BGZ Simmerath. Damit sollen die 32 Ausbildungswerkstätten an die technische Entwicklung angepasst werden.
Mit Blick auf die demografische Entwicklung ist eine Konzentration von Gewerken im Kammerbezirk Aachen vorgesehen, vor allem von Malern und Lackierern sowie Tischlern. So soll ein „Kompetenzzentrum Bau“ in Simmerath entstehen. Außerdem sollen Werkstattbereiche privatisiert werden; die ehemalige Lehrbäckerei wird an das Deutsche Rote Kreuz vermietet. Es ist vorgesehen, zwei Internate (Baujahr 1980) zu modernisieren und das dritte Internat (1972) abzureißen.
Berufsbildungs- und Gewerbeförderungszentrum steht vor großen Herausforderungen
Neuerungen stehen an beim Brand- und Arbeitsschutz, der Gebäudeisolierung, der Versorgungsleitungen, der Werkstattausstattungen und Inneneinrichtung der Internate. „Wir reden über einen Finanzierungsbedarf in Höhe von etwa 16 Millionen Euro“, sagte Grafen.
Erste Gespräche mit Geldgebern und Gutachtern hätten stattgefunden, „wir stehen in den Startlöchern und warten auf eine endgültige Bewilligung seitens Bund und Land“. 30 Prozent der Summe wolle die Handwerkskammer Aachen selbst aufbringen, der Rest müsse von Bund und Land getragen werden, wobei noch zu klären ist, ob auch auf EFRE-Mittel (Europäischer Fonds für regionale Entwicklung) zurückgegriffen werden kann.
Einen Einblick in die Historie des BGZ Simmerath gab dessen Leiter Norbert Mauel. 40 Jahre besteht die Stufenausbildung Bau am Standort Simmerath bereits. Von den Anfängen im Jahr 1972 haben bis 2015 knapp 200.000 Frauen und Männer an Bildungsmaßnahmen teilgenommen und über zwei Millionen jugendliche Gäste im Internat übernachtet.
pp/Agentur ProfiPress