Kultur auf dem Dorf geschaffen
Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick würdigte beim 60Jährigen des Musikvereins Antweiler die Lebensleistung der Vorfahren, die trotz harter Arbeit und entbehrungsreichem Leben Instrumente erlernten und Musik machten – Landes- und Bundesauszeichnungen für Ehrendirigent Hermann-Josef Krest
Mechernich-Antweiler – Wer sich angesichts harter Arbeit, Zeitnot und eines entbehrungsreichen Lebensstils noch die Zeit nimmt, sich mit Musik zu beschäftigen, ein Instrument zu erlernen und im Verein mit Gleichgesinnten aufzuspielen, der strebe nach Höherem, nach Ausgleich und Ausgewogenheit im Leben. Das sagte Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick am Samstagabend beim Festkommers und Konzert des Musikvereins Antweiler, der sein 60jähriges Bestehen feierte. Martin Luther habe die Musik sogar zu einem geeigneten Mittel erklärt, das Böse zu vertreiben.
Das insgesamt zwei Tage lang gefeierte Jubiläum stand im Zeichen von Ehrungen und Erinnerungen. Außerdem gab es samstags ein Konzert im Festzelt, für das Dirigent Dirk Eschweiler seine 25 Musiker/innen und acht befreundete Musiker des Musikvereins Lessenich eine bunte Mischung aus traditionellen und modernen Stücken mit durchweg ambitionierten Arrangements ausgesucht und einstudiert hatten.
Am Sonntag spielten dann der Musikverein Lessenich, der Musikverein Hönningen, der Musikverein Dom-Esch und die Ruutbach-Fanfaren aus Mülheim-Wichterich. Geschäftsführer Hermann-Josef Krest: „Es war ein berauschend schönes Fest mit toller Stimmung und echt guter Laune.“
Krest erhielt beim Festkommers zu seiner eigenen Überraschung die Ehrendirigentenwürde seines Vereins und von Walter Link, dem Vorsitzenden des Volksmusikerbundes, Auszeichnungen des Volksmusikerbund NRW und der Bundesvereinigung Deutscher Musikverbände e.V.
Link zeichnete außerdem Martina Wenzel für 10 Jahre, Claudia Dammberg mit der Ehrennadel in Gold für 30jährige Mitgliedschaft aus, ebenso Daniel Grube und Ulrike Jacobs. Ehrennadeln in Gold für mehr als 30 Jahre Orchestertreue erhielten die Musiker Udo Küpper und Walter Regh sowie Ruth Krest. Hermann-Josef Krest spielt am 1. Januar seit 50 Jahren im Musikverein Antweiler Trompete und war 45 Jahre Geschäftsführer und 36 Jahre Dirigent.
Krest gab zu Beginn des Festkommerses einen geschichtlichen Abriss über 60 Jahre. Demnach wurde bereits 1914 in Antweiler musiziert. Mathias Eschweiler sen., Jakob Schumacher, Jakob Eschweiler, Matthias Eschweiler, Heinrich Kastert, zwei Männer mit identischem Namen Bertram Peiner, aber unterschiedlichen Wohnhäusern („am Bach“ und „Post“), sowie Karl Esser und Bertram Schmitz waren die Musikanten der ersten Stunde. Auf der Pauke dieser Musiker soll die Aufschrift „Antweiler 1906“ gestanden haben.
Geistige Vorfahren
Dieses erste Antweilerner Orchester gilt als geistiger Vorfahre des heutigen Musikvereins, der erst 1968 gegründet werden sollte. Ein weiterer Vorläufer war die Musikabteilung des örtlichen Gesangvereins, die auf einem alten Foto von 1927 zu sehen ist.
1958, so Hermann-Josef Krest in seinem Rückblick, wurde vom damaligen Pastor Koppelberg und von Heinrich Aufdermauer das „Blasorchester Antweiler-Wachendorf“ mit Sitz in Antweiler gegründet. Die Leitung übernahm Aufdermauer, sechs Mann musizierten mit: Heinrich Aufdermauer, Fritz Hanf, Walter Koch, Bernhard Kessel, Mathias Esser und vermutlich Herr Prehl aus Wachendorf.
Die Instrumente waren alt und durch Feuchtigkeit beschädigt. Zuschüsse der Gemeinde Antweiler und auf Initiative von Josef Wiedenau und dem späteren Ehrenvorsitzenden Franz Küpper auch von der Katholischen Landjugend sorgten für Reparaturen und Neuanschaffungen. Krest: „Eine Haussammlung und die erstmalige Gestaltung der Kirmes im Jahr 1960 führten dazu, dass die dennoch angehäuften Schulden weiter abgebaut werden konnten.“
Der Geschäftsführer berichtete vor gut gefülltem Festzelt, dass dieses Blasorchester sich 1962 auflöste, als der unermüdliche Dirigent Heinrich Aufdermauer starb. Als 1968 kein anderer Musikverein zu bekommen war, um in Antweiler den Martinszug zu spielen, schlug die Gründungsstunde des heutigen Musikvereins. Dazu trommelte der heutige Ehrenvorsitzende und damalige Bürgermeister Karl Schneider die alten Musiker zusammen.
Keiner wollte St. Martin spielen
Der Vorstand bestand aus vier Personen, dem Vorsitzenden Karl Schneider, Schriftführer Fritz Hanf, Kassierer Hans Aufdermauer und Dirigent Rudi Dordel. Zum Gründungsensemble gehörten neun Musiker: Siegfried Konopatzki, Karl Schneider, Willi Krest, Heinz Przygoda, Fritz Hanf, Ludger Schmitten, Hans Aufdermauer, Kurt Hesselschwert (Mecki) und Rudi Dordel. Ab 1969 hat der Musikverein Antweiler dann alle kirchlichen und dörflichen Feste musikalisch gestaltet. Ende 1969 wurde mit der Jugendausbildung begonnen. Erst auf einem alten Feuerwehrhorn, später durch die Musikschule Schleiden.
Sein erstes Konzert gab der „MVA“ am 1. Mai 1970 auf dem Schulhof. Es diente der Mitgliederwerbung, so Hermann-Josef Krest beim Festkommers: „Viele von Ihnen, die hier heute sitzen, sind damals dem Musikverein beigetreten.“ 1971 und 1972 erfolgten dann die ersten größeren Auftritte auf Musikfesten in Weyer und Floisdorf. Die ersten Uniformen kauften die Antweilerner Musikanten dem Musikverein Obergartzem ab, so der neue Ehrendirigent: „Etwas verblichen, zu groß, und zu klein, waren wir doch stolz, endlich einheitlich auftreten zu können.“
Seit 1974 sind ungefähr 3890 Proben und Auftritte absolviert worden, 86 im Jahr. Vorsitzende gab es seither nur drei: Karl Schneider (1968 – 1988), Wilfried Kessel (1988 – 2011) und Walter Regh.
pp/Agentur ProfiPress