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„Immer ein Eifeler geblieben“

Die Eifel huldigt in Hellenthal ihrem großen Mundart- und Heimatdichter Fritz Koenn – Liedermacher Erich Hermes hatte die Idee für die Hommage zu Lebzeiten, Bürgermeister Rudolf Westerburg und sein Team nahmen sich der Sache beherzt an – 240 Menschen schenkten „ihrem“ Poeten bei der „Benefritzgala“ stehende Ovationen

Gerührt und doch bestens gelaunt: Die Eheleute Maria und Fritz Koenn während der „Benefritzgala“ neben Hellenthals Bürgermeister Rudolf Westerburg. Foto: Anna Lang/pp/Agentur ProfiPress

 

Hellenthal/Mechernich/Eifel – Die Gemeinde Hellenthal lud zum „Ovend für Fritz Koenn“ ein, und 240 Menschen aus allen Ecken des Mittelgebirges kamen: Die Aula der Hellenthaler Hauptschule platzte aus allen Nähten. Und in der ersten Reihe saß ein sichtlich gerührter Eifeldichter mit seiner Frau Maria, seinen beiden Kindern und den Enkeln, und er konnte sein Glück nicht fassen.

Fritz Koenn, der seit Jahrzehnten in Oberdollendorf bei Königswinter auf der „schäel Segg“ des Rheines lebt, ist ein Eifeler und Hellenthaler geblieben, und die Einheimischen lieben ihren Heimatdichter wie eh und je. Damit hatten selbst die Veranstalter nicht gerechnet: Es gab „Standing Ovations“ für den zierlichen und doch so großen alten Mann der Eifeler Mundart. Aus der „Benefizgala“ wurde eine „Benefritzgala“, und am Ende lagen – ganz im Sinne des Dichters – 2000 Euro auf dem Tisch für Mundartprojekte der Hellenthaler Schulen.

Unternehmensleitbild auf Eifeler Platt

Tausend davon hatte alleine die VR-Bank Nordeifel gestiftet, für die Fritz Koenn vor Jahren das Unternehmensleitbild ins Eifeler Platt übertrug, um die enge und echte Verbundenheit der „Hausbank der Region“, wie sich die VR-Bank Nordeifel noch nennt, mit den Menschen hierzulande zu dokumentieren.

Die VR-Bank-Vorstände Bernd Altgen und Wolfgang Merten waren aber nicht nur gekommen, um einen Scheck zu überreichen. Beide bestritten auch das Programm mit: Bernd Altgen als Interviewpartner von Moderator Manfred Lang und Rundschau-Redaktionsleiter Christoph Heup – Wolfgang Merten als mit allen Wassern gewaschener Versicherungsvertreter in dem Einakter „Alles Schwindel“ aus der Feder Fritz Koenns, den Merten gemeinsam mit seiner Schwiegermutter Martha Peters du seiner Frau Melanie vom Theaterverein Wolfert auf die Bühne brachte.

Dem in Hellenthal geborenen und aufgewachsenen heute 85 Jahre alten Eifeldichter machten auch Liedermacher Erich Hermes, „Troubadour“ Günter Hochgürtel, Verleger Ralf Kramp, die „Eifel-Gäng“ und Rezitator Manni Lang ihre Aufwartung. Als Interviewpartner standen neben Christoph Heup und Bernd Altgen noch andere Wegbegleiter Heups Rede und Antwort, so seine Nichte Waltraud Zilles, Koenns Cousine Leni Jansen, Nachbar Kurt Stoff, sein Verwandter und Pilgerbruder nach Barweiler, AOK-Direktor Helmut Schneider, Alt-Brudermeister Josef Dederichs und last but not least Erne Hoffmann-Stark, die über das Zustandekommen der fünf Mundart-Messen aus der Feder des Autos berichtete.

Hellenthals Bürgermeister Rudolf Westerburg brachte in seiner Ansprache den Grund des Abends auf den Punkt: „Wir möchten Fritz Koenn einmal öffentlich »Danke« sagen für all die Arbeit, die er im Dienste der Sprache und für seine Heimat geleistet hat.“ Koenn verfasste unzählige Lieder, Gedichte, Romane und auch Wallfahrtsberichte. Weithin bekannt ist seine Sammlung „Von Abelong bos Zau dich Jong“, in der Eifeler Wörter in alphabetischer Reihenfolge aufgeführt und kurzweilig erklärt werden.

Bürgermeister Westerburg setzte Erich Hermes`Idee um

Die Idee für die Benefizgala, deren Erlös den Hellenthaler Schulen zu Gute kommt, hatte der aus Keldenich stammende und in Mechernich-Bergbuir lebende Liedermacher Erich Hermes. Hermes vertonte in der Vergangenheit einige Koenn-Gedichte. Bürgermeister Rudolf Westerburg nahm sich der Sache mit seinem Team sofort begeistert an. Zwar witterte Koenn den Braten und versuchte durch einen Schriftverkehr mit dem Hellenthaler Bürgermeister, etwas herauszufinden. Westerburg hielt jedoch dicht, erst kurz vor der Veranstaltung wurden Koenn wenige Fakten zum Abend zugespielt.

Das Organisationskomitee, dem auch der allgemeine Stellvertreter des Bürgermeisters, Wilfried Knips, angehörte, kontaktierte für die Veranstaltung langjährige Weggefährten von Heimatdichter Koenn. So trug das Theaterensemble Wolfert einen höchst unterhaltsamen Programmbaustein bei. Für diese Truppe hat der beliebte Hellenthaler Autor bereits mehrere Stücke auf Eifeler Platt geschrieben.

Die Journalistin Gudrun Klinkhammer schreibt im „Kölner Stadt-Abnzeiger“: „Mundartrezitator und Journalist Manfred Lang führte temperamentvoll und kurzweilig durch den Abend, musikalische Beiträge steuerten Erich Hermes und der »Eifeltroubadour« Günter Hochgürtel bei. Ralf Kramp, Inhaber des Hillesheimer KBV-Verlages, Verleger und Autor, stellte im Laufe des Abends den neuen Koenn-Roman »Als Reifferscheid belagert wurde« vor.“

Franz Küpper zitiert in der „Kölnischen Rundschau“ Fritz Koenn mit dem Aussprich: „Ich liebe meine Eifel und bleibe im Herzen immer Hellenthaler“. Fritz Koenn, der Erfinder des „Ferkes Wellem“ in eben dieser „Kölnischen Rundschau“, war an „seinem“ Abend sichtlich gerührt. Denn schon mit dem Besuch der Benefizgala für den Mundart-Autor zeigten 240 Hellenthaler Gäste, dass der Dichter nach wie vor über allen Maße geschätzt und beliebt ist in „seiner“ Eifel.

Küpper schreibt: „Eines vereinte Familienmitglieder, Freunde, Bekannte, die Mitbürger seiner Heimatgemeinde Hellenthal und viele Kulturschaffende der Eifel: die Freude an der Eifeler Mundart. Die drückte dem Abend ihren Stempel auf. »Seij wolle em höck Dank sare für all die Ärbet, die her vüer oser Eefler Platt deet“, passender hätte es Westerburg nicht sagen können. Denn von dem Moment an, als »der Börjemeeste« in die Haut von Ferkes Wellem schlüpfte und in einem Brief an »Tant Dresje« den Beginn der Gala schilderte, wurde nur noch Eifeler Platt gesprochen.

Manni Lang rezitierte und moderierte für seinen Freund

Der Autor und Koenn-Rezitator Manfred Lang, der seit Jahrzehnten mit Fritz Koenn befreundet ist, war Feuer und Flamme von Erich Hermes` Idee einer Hommage an Fritz Koenn zu Lebzeiten. Und Lang begeisterte auf Anhieb mit dem Projekt die Hellenthaler Rathausmannschaft, die mit ihm den Abend organisierte.

Franz Küpper schreibt: „Manfred Lang selbst moderierte den von Wibbelstetz-Frontmann Günter Hochgürtel und Erich Hermes musikalisch begleiteten Abend nicht nur, er trug mit eindrucksvollen Rezitationen und schlagfertigem Humor selbst zu einem Kulturgenuss »op Platt« bei. Er schaffte es, mit vielen Gesprächspartnern ein Bild des Menschen Fritz Koenn und dessen Lebenswerks zu zeichnen.

1927 in Hellenthal geboren, trat Koenn nach dem Abitur am Gymnasium der damaligen Kreisstadt Schleiden in den gehobenen Postdienst ein und übernahm nach Tätigkeiten in verschiedenen Dienststellen 1957 die Leitung des Hellenthaler Postamtes. Von 1968 bis zu seinem Ruhestand wirkte Koenn in einem Bonner Bundesministerium.

Schon als Jugendlicher entdeckte er seine Vorliebe für Geschichte und Geschichten aus der Heimat, für Eifeler Mundart, dörfliches Brauchtum und liebenswerte Originale. Er schrieb Kolumnen, Gedichte, Prosa-Texte, Chroniken, Beiträge zu Heimatbüchern oder Vereinszeitschriften – und vieles mehr. Er verfasste Theaterstücke und Mundartmessen, darunter eine „Kirmesmess“ und eine „Piljermess“.

Wie Rundschau-Redaktionsleiter Christoph Heup im Interview erklärte, schuf Koenn bereits 1952 die Kunstfigur des „Ferkes Wellem“, mit dessen Texten er sich ebenso wie mit den Mundartglossen des „Dorps Schäng“ oder den unzähligen „Eefeler Stöckelcher“ in die Herzen der Leser schrieb. Schon früh gehörte er neben dem Wollseifener „Krommenauels Jüpp“ (Josef Lorbach) oder der Frohngauerin „Schmetz Ida“ (Ida Schröder) zu den Mundart-Autoren in der Eifelland-Ausgabe der Rundschau.

Nach einer längeren Pause begann „Ferkes Wellem“ 1993 in der Rundschau einen bis heute andauernden mundartlichen Briefwechsel mit seiner „Tant Dresje“, in denen die beiden alltägliche Begebenheiten ebenso wie große Ereignisse humorvoll und pointiert beleuchten.

Für viele Bücher und zahllose Kolumnen gab es 2002 den Rheinlandtaler

Unermüdlich erforschte Fritz Koenn weiter das Eifeler Platt mit seinen oft schon von Dorf zu Dorf wechselnden Varianten und Eigenarten, grub längst vergessene Wörter aus. So trug er allein 77 verschiedene Verben für die Tätigkeit des „Kloppens“ zusammen, mit dem sich Eifeler Männer traditionell und gerne am Kirmesmontag beschäftigten.

Dass am Ende dieser Fleißarbeit ein Wörterbuch stehen musste, war unumgänglich. 1995 erschien sein Hauptwerk „Von Abelong bos zau dich Jong“, eine umfassende Sammlung originaler Eifeler Wörter und Ausdrücke. Für seinen unermüdlichen Einsatz im Dienst der Volks- und Heimatkunde, insbesondere der heimischen Mundart, wurde Koenn 2002 mit dem Rheinlandtaler ausgezeichnet.

pp/Agentur ProfiPress