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St. Johannes Baptist wegen Randale geschlossen

St. Johannes Baptist wegen Randale geschlossen
Junge Männer haben unter anderem Bier in die Weihwasserbecken gegossen, Mikrophonkabel aus ihren Halterungen gerissen und sämtliche Kerzen angezündet – 50 Eternitplatten wurden zerschlagen und mussten ersetzt werden – Stadt und Polizei weiten Kontrollen aus – Bürgermeister Schick: “Verdrängen der Problemgruppe allein bringt noch keine Problemlösung” – Runder Tisch soll gebildet werden – Caritas sammelte in Euskirchen mit dem Projekt “Moses” gute Erfahrungen
Mechernich – Die Pfarrkirche St. Johannes Baptist in Mechernich ist geschlossen. Der Grund dafür: Vandalen haben das Innere Ende August verwüstet. “Eifeldekan Erik Pühringer hätte sich nach schwerer Krankheit einen anderen Auftakt vorstellen können. Er, der sich besonders für die Jugendlichen und jungen Erwachsenen in der Pfarre und in der Stadt engagiert, musste sich mit den Folgen von jugendlichem Vandalismus in und rund um die Pfarrkirche St. Johann Baptist beschäftigten.” Dies schreibt jetzt die KirchenZeitung für das Bistum Aachen in ihrer aktuellen Regionalausgabe.
Nachdem es schon den ganzen Sommer über zu Belästigungen, Verschmutzungen, Schmierereien und Zerstörungen vor der Kirche gekommen sei, habe jetzt eine Handvoll junger Männer, möglicherweise osteuropäischer Abstammung, das Innere des Gotteshauses verwüstet.
“Sie schütteten Bier in die Weihwasserbecken, rissen Mikrophonkabel aus ihren Halterungen, zündeten sämtliche Kerzen an, drückten Zigaretten aus und schmierten Hakenkreuze ins viel benutzte Fürbitten-Buch”, so die KirchenZeitung. Der in Mechernich stadtbekannte Kirchen-, Kommunion- und Liturgiehelfer Willi Assion (80), der die Vandalen überraschte, habe von Glück reden können, dass er körperlich ungeschoren davon gekommen sei.
Wilde Partys mit
Bergen von Müll
Wie Eifeldekan Erik Pühringer der KirchenZeitung berichtete, sind die namentlich unbekannten, aber von Gesicht her identifizierbaren Vandalen schon länger vor der Pfarrkirche “zu Gast”. Der Pfarrer: “Den Sommer über haben sie sich immer wieder zu nächtlichen Partys rund um das Gotteshaus getroffen und anschließend jeweils Berge von Müll und zerschlagenen Flaschen hinterlassen.”
Nebenbei seien 50 Eternitplatten der Kirchenverkleidung rund um die Sakristei zu Bruch gegangen und der große Windfang am als Haupteingang genutzten Nordportal sei durch Schmierereien verunstaltet worden. Allein für diesen partiellen Neuanstrich und die Erneuerung der zerschlagenen Wandverkleidung habe die Pfarre bislang 3000 Euro aufgewendet. Erik Pühringer wird dazu mit den Worten zitiert: “Geld, mit dem man in der Jugendarbeit und auch für diese jungen Leute eine Menge Gutes hätte tun können.”
Schwierig, ins Gespräch
zu kommen
Allein, es ist schwierig, mit den betreffenden jungen Leuten überhaupt ins Gespräch zu kommen. Davon können Mechernichs Ordnungsamtsleiter Hans-Peter Kern und Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick ein Lied singen. Stadt und Kirchengemeinde unterhalten im Schulzentrum ein gemeinsames und öffentliches Jugendzentrum. In der Vergangenheit konnten sie sowohl Erfolge in der Integration von Menschen mit Migrationshintergrund verzeichnen – als auch Rückschläge, wie jetzt rund um die katholische Kirche.
Mehr Kontrollen und
ein Runder Tisch
Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick sagte der KirchenZeitung: “Wir verschließen die Augen keineswegs vor dem Problem – ganz im Gegenteil. Wir haben die Turmhofstraße, die einst ein schweres Problemfeld war, durch erhöhten Überwachungsdruck und Polizeipräsenz wieder freibekommen.” Am Neuen Markt schaltete sich der Bürgermeister im Sommer 2009 selbst erfolgreich als Schlichter und Vermittler zwischen Senioren des betreuten Wohnens und jungen Ruhestörern ein.
Obwohl die Stadt Mechernich in Verbindung mit der Caritas hinter den Kulissen ebenso emsig wie umsichtig Integrationshilfen gibt, existiert in Mechernich eine Klientel fort, die von Schauplatz zu Schauplatz zieht, je nachdem wie hoch der Überwachungsdruck an einzelnen Punkten im Stadtgebiet wird. Dem ist nur schwer beizukommen. Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick: “Durch Überwachungsdruck, Kontrollen und fest installierte Videokameras kann ich solche Gruppen von bestimmten Schauplätzen verdrängen. Aber ich kann das Problem dadurch nicht lösen.”
Streetworkerin Helena
Schneider hatte Erfolg
Bürgermeister Schick will die Kontrollzeiten gleichwohl auf die späten Abendstunden und die Wochenenden ausweiten. Darüber hinaus will er mit Polizei-, Kirchen-, Sozial- und Jugendvertretern einen Runden Tisch bilden. Dort soll nach Mitteln und Wegen gesucht werden, wie man mit den Jugendlichen und jungen Erwachsenen (wieder) ins Gespräch kommen kann und was man ihnen eventuell als Alternative zu nächtlichen Saufgelagen und Randale anbieten kann.
“Man war in Sachen Integration am Bleiberg schon einmal weiter als heute”, klagt Franz-Josef Funken, der Geschäftsführer des Euskirchener Kreiscaritasverbandes, der seinerzeit mit Helena Schneider eine Streetworkerin in Mechernich einsetzen konnte, die sich speziell der schwierigen russlanddeutschen Jugendklientel widmen konnte. Und zwar, weil das dazu erforderliche Geld zum Großteil vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bereitgestellt wurde. Als das zeitlich begrenzte Projekt auslief, sei kein Geld für die Weiterbeschäftigung der Streetworkerin dagewesen.
In einer Reportage der Agentur ProfiPress von 2007 heißt es: “Seit sich die Stadt Mechernich seit Jahren ganz speziell um russisch sprechende Mitbürger im jugendlichen Alter bemüht, ist die Kriminalitätsrate unter diesen jungen Leuten merklich zurückgegangen. Und zwar um sagenhafte 80 Prozent, wie Ordnungsamtsleiter Hans-Peter Kern im Pressegespräch betonte.
Man hat in den vergangenen Jahren Straßenarbeit gemacht – mit Hilfe der Caritas und der engagierten Streetworkerin Helena Schneider. Außerdem gibt es mit Unterstützung des Landesssportbundes spezielle Sportangebote in der Roggendorfer Turnhalle. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bietet nach persönlicher Vermittlung durch den Amtsangehörigen und Mechernicher Ratsherrn Peter von Wilcken Sprach- und Integrationskurse für das weite Umland an.
Hauptschule gibt
Förderunterricht
Und an der Hauptschule Mechernich gibt es für Kids mit Migrationshintergrund Förderunterricht in Deutsch. Die Stadt Mechernich hat eine ganze Menge mehr unternommen, als nur Polizei und “Blue Sheriffs” einzusetzen.”
Bürgermeister Hans-Peter Schick will versuchen, am Runden Tisch an diese Integrationserfolge von vor drei, vier Jahren anzuknüpfen. Caritas-Geschäftsführer Franz-Josef Funken will ebenso gerne am Runden Tisch mitarbeiten wie sich Eifeldekan Erik Pühringer, Polizei und Jugendorganisationen nicht sperren.
Zum Vorbild für Mechernich könnte dabei das Projekt “Moses” sein, ein mobiles Einsatzfahrzeug mit zwei Beratern (Mann und Frau) an Bord), mit dem die Caritas in der Kreisstadt verschiedene Problemgruppen an verschiedenen Treffpunkten im Stadtgebiet aufsucht. Dort gibt es für die ethnisch gemischte Klientel Hilfe, Rat und Tat, egal ob Aids, Obdachlosigkeit, Alkohol- oder Drogenabhängigkeit vorliegen oder ob alle sozialen Beziehungen in die Brüche gegangen sind.
Caritas bietet Erfahrungen
mit dem Projekt “Moses” an
“Das Projekt, das unser Abteilungsleiter Bernhard Becker gegründet hat, funktioniert”, so Caritas-Chef Franz-Josef Funken: “Und die Stadt Euskirchen beteiligt sich durchaus aus ordnungspolitischen Gründen an der Finanzierung.” Im Ursprung sei es einmal darum gegangen, das Bahnhofsviertel von Euskirchen als neuralgischen Brennpunkt zu entschärfen. Das sei tatsächlich gelungen, so Funken: “Als Nebeneffekt unserer intensiven Bemühungen um die Leute.” Und man sei gerne bereit, die diesbezüglichen Erfahrungen mit nach Mechernich an den Runden Tisch zu bringen.
Die Pfarrkirche St. Johannes Baptist bleibt einstweilen geschlossen. Entweder will die Pfarre mittelfristig eine Videoüberwachung installieren – oder einen räumlich beschränkten Eingangsbereich mit Gittern vom Großteil des Kircheninnern absperren. Was umso trauriger ist, so Dekan Pühringer, da viele Patienten des nahen Kreiskrankenhauses Mechernich und deren Angehörige, aber auch andere Besucher der Stadt am Bleiberg das Gotteshaus gerne aufsuchen, das Johannes dem Täufer gewidmet ist.
pp/Agentur ProfiPress

Manfred Lang

14.09.2010