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Robuste Kultuhren

Parkuhren wurden 1968 in Mechernich eingeführt – Als „Groschengrab“ und „Parkwächter“ waren sie nicht überall beliebt – Ihre Zeit war 1984 in der Bahnstraße abgelaufen – Heute haben sie in den meisten deutschen Städten ausgedient – Berthold Schumacher verbindet mit den Münzsammlern Kindheitserinnerungen und sammelt ausrangierte Exemplare

Mechernich – Sie wurde gehasst, getreten und manchmal gar vor Wut gefällt: die Parkuhr. 1935 in Amerika erfunden, wurde sie 1968 in Mechernich eingeführt.

Hannele Borgs schüttelt den Kopf, wenn sie sich an diese Zeit erinnert: „Oh, das hat viele Nerven gekostet und zu einem ganz schönen Chaos geführt.“

Hannele Borgs und Günter Zinken erinnern sich an die chaotische Parkuhren-Zeit und haben sogar noch ein Foto vom „Groschengräber“ in der Bahnstraße aufbewahrt. Foto: Kirsten Röder/pp/Agentur ProfiPress

Die Parkuhren säumten damals die Bahnstraße, die „Kö“ der Bleibergstadt. Die Mechernicherin betrieb in der Geschäftsstraße mit ihrem Mann und ihren Eltern die Bäckerei Zinken, die später unter „Borgs“ firmierte. Tagein, tagaus kamen die Kunden in den Laden, um Brötchen, Brot oder Torten zu kaufen.

„Groschengrab“ war nicht überall beliebt

„Manche Kunden waren ganz schön empört, dass sie Geld in diese Parkuhren schmeißen mussten.“ Minuten konnte man sich nur gegen Münzen erkaufen. Sie sollten bei knappen Parkflächen das Dauerparken einschränken. Eine Politesse bestrafte Sünder sofort.

Als „Groschengrab“ waren sie also nicht überall beliebt. Auch Familie Borgs musste tiefer in die Tasche greifen, seit die Zeitmesser über die Parkdauer wachten. Maximal für eine Dauer von einer Stunde durfte man „füttern“. Das erschwerte das Ausliefern von Kuchen und Brötchen für die Bäckersleute kolossal. Denn den Transportwagen vor der Haustür dauerparken war nicht mehr drin.

1968 wurden die Parkuhren in der Bahnstraße aufgestellt. Ihre Zeit war 1984 abgelaufen. Repro: Kirsten Röder/pp/Agentur ProfiPress

Umsonst parken konnte man im Städtchen die Autos nur noch auf dem Rathausplatz. So musste jemand von der Bäckerei in der Mitte der Bahnstraße dorthin tapern, um das Transportgefährt zu holen, um es mit Leckereien, die zu den Kunden gefahren werden sollten, zu beladen.

„Platz zum Parken bekam man trotzdem nicht immer in der Bahnstraße. So fuhr man manchmal Runde um Runde“, gibt Borgs Bruder Günter Zinken schmunzelnd zum Besten.

Laut einem Zeitungsbericht der Kölnischen Rundschau vom 22. April 1983 seien es immerhin 17.000 D-Mark gewesen, die die Stadt an den Uhren verdient habe.

Die Zeit der Parkuhr war 1984 abgelaufen

Trotzdem kam schon kurz darauf, nämlich 1984 das endgültige Aus. Sie wurden im Zuge einer Renovierung des Bürgersteigs abgebaut, weiß Mechernichs Historiker Peter-Lorenz Könen. Die Zeit der Parkuhren war in Mechernich abgelaufen. In Mechernich war wieder Parken ohne Groschen möglich.

Die Kölnische Rundschau schrieb am 4. August des Jahres: „Vor allem Mechernichs Hausfrauen bei ihrer nervenaufreibenden Suche nach einer freien Parklücke (…) haben es schon gemerkt: Die Parkuhren, die bisher die Parkzeit auf eine Stunde begrenzten, sind nicht mehr da.“

Der in Euskirchen aufgewachsene Berthold Schumacher sammelt Parkuhren. Auch Modelle wie sie seinerzeit in Mechernich standen, hat er in seinem Fundus. Foto: Thomas Meyer/Ostkreuz/pp/Agentur ProfiPress

Das Ordnungsamt hatte sie nach einem Beschluss im Planungsausschuss abmontieren lassen, um das Parken zu erleichtern. Von nun an genügte es, wenn die parkenden Mechernicher eine Parkscheibe hinter ihre Windschutzscheibe legten.

Heute hat die robuste Kultuhr in den meisten deutschen Städten ausgedient. Ihre Ära ging mit der Euro-Einführung zu Ende. Ticketautomaten, die untereinander vernetzt sind und von einer Computerzentrale gesteuert werden, haben ihre mechanischen Vorgängerinnen in Rente geschickt. Sie waren wohl nicht mehr zeitgemäß.

Berthold Schumacher sammelt ausrangierte Parkuhren

Berthold Schumacher hängt an ihnen und sammelt die Zeitmesser aus Leidenschaft. An die hundert Parkuhren hat der in Euskirchen aufgewachsene Mann in seinem Haus untergebracht. Auch Modelle wie sie seinerzeit in Mechernich standen, hat der Sammler in seinem Fundus.

„Mit ihnen verbinde ich Kindheitserinnerungen: Wie mir mein Vater einen Groschen gegeben hat und ich den in die Uhren gestopft habe, das war ein Zeremoniell für mich“, erzählt er. Eine Parkuhr sei eine technisch ausgefeilte Apparatur, könnten ihre Laufwerke doch bis zu drei Münzarten unterscheiden und in Parkzeit umrechnen.

Sein erstes Exemplar erstand Schumacher bereits Mitte der 80er Jahre. Das stammte aus Oldenburg. Die dortige Stadtverwaltung hatte als erste Kommune Deutschlands auf Parkscheinautomaten umgestellt.

Erfunden wurde die Parkuhr in den USA von einem Mann namens Carlton Cole Magee. Als Chef des Verkehrsausschusses in seiner Heimatstadt Oklahoma City wollte er Dauerparker aus dem Zentrum fernhalten und Platz für Kunden schaffen. Als erste deutsche Stadt stellte Duisburg 1954 Parkzeitmesser auf.

pp/Agentur ProfiPress