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Neujahrsansprache vor knapp 500 Gästen

Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick hielt beeindruckende Rede zum Thema Flüchtlingspolitik – Gelungene Integration als Chance für die Gesellschaft sehen – Videos mit Neujahrsansprache und Impressionen

Mechernich – Ganz ins Zeichen der Flüchtlingskrise hatte Mechernichs Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick seine Rede anlässlich des Neujahrsempfangs der Stadt Mechernich gestellt. 478 Gäste erlebten in der vollbesetzten Aula des städtischen Gymnasiums Am Turmhof, wie der Bürgermeister die Herausforderungen der Flüchtlingskrise von allen Seiten beleuchtete – angefangen bei der Geschichte des Asylrechts über die Ursachen der Flucht und das oft schreckliche Schicksal der Flüchtlinge, das Engagement der vielen freiwilligen Helfer bis hin zu den Chancen für die alternde Gesellschaft. Gleichzeitig verwies er aber auch auf die steigenden Gefahren aus dem rechtsextremistischen Lager ebenso wie durch islamischen Fundamentalismus und die daraus resultierenden Ängste, Sorgen und Polarisierung in der Bevölkerung.

Mit allen Facetten der Flüchtlingskrise befasste sich Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick in seiner vielbeachteten Neujahrsansprache. Foto: Renate Hotse/pp/Agentur ProfiPress
Mit allen Facetten der Flüchtlingskrise befasste sich Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick in seiner vielbeachteten Neujahrsansprache. Foto: Renate Hotse/pp/Agentur ProfiPress

„Bei allen Diskussionen über das Für und Wider des Aufenthaltsrechtes von Flüchtlingen in Deutschland: Wir haben die Pflicht, uns um die Menschen, die hier angekommen sind, zu kümmern und denjenigen, die bleiben dürfen, bei der Integration zu helfen. Selbstverständlich müssen sie unsere Sprache lernen und die Wertevorstellungen unseres Rechtsstaats akzeptieren. Tun sie das nicht, missbrauchen sie unsere Gastfreundschaft. Dann müssen sie unser Land verlassen“, sagte Schick vor zahlreichen Vertretern aus Gesellschaft, Politik und Vereinen. Zu den aufmerksam lauschenden Gästen zählten auch Landrat Günther Rosenke, der ehemalige Oberkreisdirektor Dr. Karl-Heinz Decker, die Bundestagsabgeordneten Helga Kühn-Mengel und Detlef Seif, Landtagsabgeordneter Klaus Voussem, Verantwortliche der Communio in Christo und Vertreter der Bundeswehr.

Den musikalischen Part beim Neujahrsempfang bestritt Troubadour Günter Hochgürtel, der für seine eigenen Lieder ebenso viel Beifall erhielt wie für Gilbert Bécauds Chansons „L'important c'est la rose“. Foto: Renate Hotse/pp/Agentur ProfiPress
Den musikalischen Part beim Neujahrsempfang bestritt Troubadour Günter Hochgürtel, der für seine eigenen Lieder ebenso viel Beifall erhielt wie für Gilbert Bécauds Chansons „L’important c’est la rose“. Foto: Renate Hotse/pp/Agentur ProfiPress

Als „wirklich schwierigen Spagat“ umschrieb Schick die Herausforderungen der Flüchtlingswelle. Zum einen verpflichte eine humanistische Weltanschauung dazu, den Menschen, denen in ihren Ländern Tod und Misshandlung drohen, Schutz zu bieten. Gleichwohl sehe er als Bürgermeister der Stadt Mechernich jedoch die Belastungsgrenze erreicht.

Mechernichs Rotkreuz-Gemeinschaftsleiter Sascha Suijkerland (r.) und seine Mitarbeiter waren für die Sicherheit der fast 500 Gäste beim Neujahrsempfang im Einsatz. Foto: Renate Hotse/pp/Agentur ProfiPress
Mechernichs Rotkreuz-Gemeinschaftsleiter Sascha Suijkerland (r.) und seine Mitarbeiter waren für die Sicherheit der fast 500 Gäste beim Neujahrsempfang im Einsatz. Foto: Renate Hotse/pp/Agentur ProfiPress

„Eine logistische Meisterleistung“ sei 2015 die Unterbringung und Versorgung von mehr als 400 Menschen zu den bereits aus den Vorjahren im Stadtgebiet lebenden 140 Flüchtlingen und ohne die Mithilfe zahlreicher Ehrenamtler nicht zu bewältigen. „Mit ihrem Einsatz setzen Sie ein besonderes Zeichen menschlicher Solidarität und christlicher Nächstenliebe“, würdigte Schick den Einsatz der Helfer. Sein Dank galt auch ausdrücklich den Mitarbeitern der Verwaltung aus den Abteilungen Asyl und Immobilienmanagement.

Im Anschluss an den Neujahrsempfang kamen die Gäste beim Umtrunk zu angeregten Gesprächen zusammen. Foto: Renate Hotse/pp/Agentur ProfiPress
Im Anschluss an den Neujahrsempfang kamen die Gäste beim Umtrunk zu angeregten Gesprächen zusammen. Foto: Renate Hotse/pp/Agentur ProfiPress

Aktuell saniere die Stadt das Casino an der Friedrich-Wilhelm-Straße, das die Bundeswehr – ebenso wie ein Bürogebäude in der Peterheide – der Stadt zur Unterbringung von Flüchtlingen mietfrei überlassen habe. Noch nicht absehbar seien die Kosten der nächsten Jahre für den Kindergarten- und Schulbereich. Hier dürfe nicht „geknausert“ werden, betonte Schick. „Bei den Kinder und Jugendlichen, die bei uns bleiben dürfen, sind die Integrationschancen am größten. Aber eine gelungene Integration birgt auch Zukunftschancen für unsere alternde Gesellschaft.“

Traditionsgemäß hatten wieder die Jugendlichen der Mechernicher Weltjugendtagsgruppe die Bewirtung der Gäste übernommen. Foto: Renate Hotse/pp/Agentur ProfiPress
Traditionsgemäß hatten wieder die Jugendlichen der Mechernicher Weltjugendtagsgruppe die Bewirtung der Gäste übernommen. Foto: Renate Hotse/pp/Agentur ProfiPress

Beim Thema Integration erinnerte der Bürgermeister an die Einquartierungen Heimatvertriebener nach dem Zweiten Weltkrieg. „Fast jede Familie, fast jedes Haus, auch in der heutigen Stadt Mechernich, hatte damals Einquartierungen. Die Familien mussten zusammenrücken. Und das keineswegs nur freudigen Herzens und mit offenen Armen.“ Heute seien die „Pimocks“, wie die „Rucksack-Deutschen“ abfällig genannt wurden, nicht mehr auszumachen. Schick: „Sie sind vollständig aufgegangen und integriert unter uns, in unseren Dörfern, Straßen und Vereinen.“ Bei allen heutigen Problemen der Integration stehe eines fest: „Unser Arbeitsmarkt und unsere sozialen Sicherungssysteme brauchen angesichts der demographischen Schieflage den Zuzug von jungen ausbildungs- und arbeitswilligen Menschen.“

Auch Bernd Altgen, Vorstandsvorsitzender der VR-Bank Nordeifel (l.) und Dr. Josef Mangold, Leiter des LVR-Freilichtmuseums Kommern, lauschten aufmerksam den Worten Schicks. Foto: Renate Hotse/pp/Agentur ProfiPress
Auch Bernd Altgen, Vorstandsvorsitzender der VR-Bank Nordeifel (l.) und Dr. Josef Mangold, Leiter des LVR-Freilichtmuseums Kommern, lauschten aufmerksam den Worten Schicks. Foto: Renate Hotse/pp/Agentur ProfiPress

Gleichzeitig warnte Schick davor, dass die Flüchtlingswelle aus Kriegsgebieten, aber auch aus wirtschaftlich und entwicklungspolitisch über Jahrzehnte sträflich vernachlässigten Regionen dieser Welt „erst die Anfänge seien“. „Die Völkerwanderung der Armen und Perspektivlosen wird die Herausforderung des 21. Jahrhunderts für unsere westlichen Wohlstandsgesellschaften werden und in ihrer Dimension die Kriegsflüchtlingsproblematik schon bald an den Rand verdrängen“, prognostizierte er. Als Beispiele nannte er Nigeria und den Kosovo. Sowohl in dem mit 170 Millionen Einwohnern bevölkerungsreichsten Land Afrikas als auch in der Balkan-Republik führten Korruption und zunehmende Verarmung dazu, dass sich die Menschen auf den Weg in die westlichen Wohlstandsgesellschaften machten.

Zu den Gästen des Neujahrsempfangs zählten auch die beiden Mechernicher Künstler Tom Krey (l.) und Franz Kruse (r.). Foto: Renate Hotse/pp/Agentur ProfiPress
Zu den Gästen des Neujahrsempfangs zählten auch die beiden Mechernicher Künstler Tom Krey (l.) und Franz Kruse (r.). Foto: Renate Hotse/pp/Agentur ProfiPress

Ob im Falle der „explosionsartig ansteigenden Zahl der Wirtschaftsflüchtlinge“ oder der Kriegsflüchtlinge: In beiden Fällen trage der reiche Westen Mitverantwortung, betonte Schick: „Wir Deutschen und Europäer müssen uns selbstkritisch die Frage gefallen lassen, ob wir mit unseren Waffenexporten in Krisenregionen und an autoritäre, korrupte Regierungen für das Entstehen von Kriegen und Bürgerkriegen nicht mitverantwortlich sind.“ Vom System in Nigeria profitierten die dort tätigen westlichen Ölgesellschaften, so Schick. Das oft unter grob fahrlässiger Vernachlässigung von Umweltstandards sehr preiswert Rohöl geförderte Öl werde mit großen Gewinnen hier verkauft.

Die Gelegenheit zum Austausch nutzten beim Umtrunk nach dem Neujahrsempfang auch Geschäftsführer Norbert Arnold (2.v.l.), Heimleiterin Ulrike Müller (Mitte) und Priester Father Jaison Thazathil von der Communio in Christo. Foto: Renate Hotse/pp/Agentur ProfiPress
Die Gelegenheit zum Austausch nutzten beim Umtrunk nach dem Neujahrsempfang auch Geschäftsführer Norbert Arnold (2.v.l.), Heimleiterin Ulrike Müller (Mitte) und Priester Father Jaison Thazathil von der Communio in Christo. Foto: Renate Hotse/pp/Agentur ProfiPress

Auch wenn er kein Patentrezept habe, eines wisse er ganz bestimmt, erklärte Schick: „Durch Abschotten wird das Problem großer Flüchtlingsströme – Kriegs- oder Wirtschaftsflüchtlinge – nicht gelöst. Solange große Teile der Menschheit in Armut und Perspektivlosigkeit leben, solange wird es Krieg, Terror und Hass geben und solange werden auch wir in den reichen Industrieländern nicht ungeachtet der weltweiten Armut und Ungerechtigkeiten in Sicherheit leben können. Ich fürchte, Weggucken, Grenzzäune und Wachmannschaften werden die Situation alleine nicht bereinigen.“

Nicht fehlen durften Ordnungshüter Roland Weber (r.) und seine Kollegen. Foto: Renate Hotse/pp/Agentur ProfiPress
Nicht fehlen durften Ordnungshüter Roland Weber (r.) und seine Kollegen. Foto: Renate Hotse/pp/Agentur ProfiPress

Am Ende seiner Rede plädierte der Bürgermeister für Weltoffenheit und spannte den Bogen zum bevorstehenden goldenen Verschwisterungsjubiläum mit der französischen Partnerstadt Nyons und der angestrebten Städtepartnerschaft mit der polnischen Stadt Skarszewy.

Großen Beifall spendeten die 478 Gäste in der Aula des städtischen Gymnasiums Am Turmhof am Ende der Neujahrsansprache von Mechernichs Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick. Foto: Renate Hotse/pp/Agentur ProfiPress
Großen Beifall spendeten die 478 Gäste in der Aula des städtischen Gymnasiums Am Turmhof am Ende der Neujahrsansprache von Mechernichs Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick. Foto: Renate Hotse/pp/Agentur ProfiPress

Seinem abschließenden Aufruf, angesichts der durch die politische Großwetterlage bereiteten Schwierigkeiten nicht zu resignieren, kamen die Teilnehmer des Neujahrsempfangs gerne nach: Der Großteil der Gäste nahm die Einladung der Stadt an und fand zum Umtrunk im Foyer bei angeregten Gesprächen zusammen. Bewirtet wurden sie dabei von der Weltjugendtagsgruppe. Die Jugendlichen der Pfarre St. Johannes Baptist finanzieren sich auf diese Weise ihre Reise zum nächsten Weltjugendtag und würden sich über andere Aufträge freuen.

Die folgenden Videos zeigen zum einen die komplette Neujahrsansprache von Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick und zum anderen eine Kurzversion mit Impressionen aus der Veranstaltung.

Neujahrsansprache 2016 - Bürgermeister Dr. Schick

Impressionen Neujahrsempfang 2016

pp/Agentur ProfiPress