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Ehrenamtliche Streetworker für die “Papageiensiedlung” gesucht

Ehrenamtliche Streetworker für
die “Papageiensiedlung” gesucht
Vor zehn Monaten wurde die AWO-Außenstelle Im Heideweg 4 eingeweiht: Elisabeth Schwister zog teils ernüchternde Bilanz – Kontaktaufnahme mit den problembelasteten Familien gestaltet sich schwieriger als erwartet
Mechernich – Wie kommen wir an die Familien heran? Um diese zentrale Frage drehte sich alles beim “Runden Tisch”, zu dem verantwortliche Mitarbeiter des Kreisjugendamtes, der Stadt Mechernich, der Arbeiterwohlfahrt (AWO) sowie weiterer Kooperationsstellen in der AWO-Außenstelle “Im Heideweg 4” zusammenkamen. “Wir stoßen hier an unsere Grenzen. Von unseren ursprünglichen Erwartungen sind wir noch weit entfernt”, resümierte Elisabeth Schwister, Leiterin des Mechernicher AWO-Familienzentrums, zehn Monate nach der Einweihung der Außenstelle in der im Volksmund “Papageiensiedlung” genannten Wohngegend im Bereich Kiefernweg/Heideweg, in der zahlreiche Familien in problematischen Verhältnissen leben. “16 Familien erhalten hier Hilfe zur Erziehung, ohne die das Kindeswohl gefährdet wäre”, berichtete Benedikt Hörter, Leiter des Allgemeinen Sozialen Dienstes beim Jugendamt des Kreises Euskirchen.
Weil die dort lebenden Familien das Familienzentrum im Kernort ablehnen, sie aber der dringenden familienbegleitenden Unterstützung bedürfen, wurde im vergangenen Jahr eine Wohnung renoviert und zur Außenstelle des Familienzentrums umfunktioniert.
Dort haben Elisabeth Schwister und ihre Mitarbeiterinnen in den vergangenen zehn Monaten eine ganze Reihe an Angeboten eingerichtet. Pekip- und andere Gruppenangebote würden gut besucht, berichtete Schwister, nur: “Das sind nicht die Eltern, die wir erreichen möchten.” An die Familien aus der “Papageiensiedlung”, so Schwister, sei nur schwer heranzukommen.
Gut angenommen werden zwar Spielgruppen für kleinere Kinder und Hausaufgabenbetreuung, doch das sind Angebote für kleinere Kinder. Da die 10- bis 15-jährigen Jugendlichen die Straße zu ihrem bevorzugten Aufenthaltsort auserkoren haben, sah es Jugendamts-Mitarbeiterin Birgit Wolber als dringend erforderlich an, den Fokus auf diese Altersgruppe zu richten. Wobei dies der AWO-Außenstelle des Familienzentrums nur sehr begrenzt möglich ist, wie Elisabeth Schwister klarstellte und hier eher das Jugendamt in die Pflicht genommen sieht. In Zukunft wird dies zumindest für die Mädchen geschehen. Denn wie Norbert Weber vom Jugendmigrationsdienst eröffnete, planen die Katholischen Jugendwerke Euskirchen, in der AWO-Außenstelle eine Mädchengruppe einzurichten, die sich künftig einmal wöchentlich trifft. Darüber hinaus will das Jugendamt seine Präsenz vor Ort verstärken und nach den Herbstferien einen regelmäßigen wöchentlichen Beratungstermin einführen. Offen ist aber, was mit den Jungs geschehen soll. “Was ist mit einer Jungengruppe? Die wäre auch wichtig”, betonte Birgit Wolber.
Geschlossen pflichteten die Teilnehmer des Runden Tisches Mechernichs stellvertretendem Bürgermeister Robert Ohlert bei, der kritisiert hatte, dass sich die Außenstelle von außen alles andere als einladend präsentiere. Holger Schmitz, Fachbereichsleiter Bildung und Soziales, will sich bei der Immobiliengruppe Deutsche Annington als Eigentümerin des Hauses um die Erlaubnis bemühen, den Eingangsbereich mit Farbe freundlicher und auffälliger zu gestalten. Zurzeit weist nur ein unscheinbares Schild auf die Außenstelle hin.
Dass ein farbiger Anstrich allein nicht reichen wird, um den Kontakt zu den Familien zu verbessern, war allen Beteiligten klar – und ebenso, dass es weder Jugendamts- noch Ordnungsamtsmitarbeitern gelingen wird, das Vertrauen der Leute zu gewinnen. Der ständige Zu- und Fortzug der Bewohner an Heide- und Kiefernweg macht es zusätzlich schwer, einen festen Kreis aufzubauen, der durch Mund-zu-Mund-Propaganda weitere Besucher in die AWO-Außenstelle locken könnte.
“Die aufsuchende Hilfe muss unabhängig sein von Jugend- und Ordnungsamt”, betonte Hans-Peter Kern, Teamleiter Ordnungswesen bei der Stadt Mechernich. Er, aber auch Walter Eich von der Mechernich-Stiftung, plädierten eindringlich dafür, Ehrenamtler für Streetworker-Einsätze zu motivieren. Diese sollten dazu bereit sein, durch Gespräche mit den benachteiligten Jugendlichen und Erwachsenen eine Vertrauensbasis zu schaffen – langfristig, vorurteilsfrei und neutral. Dies sei absolute Voraussetzung dafür, dass die anvisierte Klientel die AWO-Außenstelle annehme.
Zerschlagen hat sich mittlerweile auch die Hoffnung, dass sich die Jugendlichen aus der Siedlung zum regelmäßigen Besuch des renovierten KOT-Jugendtreffs “Jo4you” animieren lassen könnten. Doch so, wie die Erwachsenen die AWO-Außenstelle ignorieren, meiden die Jugendlichen den institutionalisierten Treff im Mechernicher Schulzentrum. “Die Jugendlichen lehnen die KOT ab – unter anderem mit der Begründung, weil dort kein Alkohol getrunken werden dürfe”, so Hans-Peter Kern.
Walter Eich, der angab, in den sechs Jahren seit Bestehen der Mechernich-Stiftung “allerhand gelernt zu haben”, gab den Teilnehmern des Runden Tisches einen abschließenden Rat: “Es gibt nur eines: Sie müssen auf die Menschen zugehen.”
Wer sich vor stellen kann, als freiwilliger Streetworker Zugang zu den problembelasteten Bewohnern der Siedlung finden zu können und an einer ehrenamtlichen Mitarbeit interessiert ist, kann sich mit Elisabeth Schwister unter Tel. 0 24 43/31 321 in Verbindung setzen. Gesucht werden außerdem “fitte” Ehrenamtler für die Hausaufgabenbetreuung in der AWO-Außenstelle. Robert Ohlert, Vorsitzender des Ausschusses für Bildung und Soziales und mittlerweile Ruheständler, ging mit gutem Beispiel voran und stellte sich direkt zur Verfügung.
pp/Agentur ProfiPress

Manfred Lang

28.10.2011