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Von der Unlust zu Reisen und der Lust am Fabulieren

Felicitas Hoppe ist eine der erfolgreichsten „Reiseschriftsteller“ in der Literaturgeschichte – Höchst unterhaltsame Lit.Eifel-Lesung in Monschau – Sie gibt zu: Sie reist nicht gerne, schreibt aber gerne über Reisen

Monschau – Wer hätte es gedacht, dass Felicitas Hoppe einmal als erfolgreiche „Reiseschriftstellerin“ ein Stück deutsche Literaturgeschichte schreiben würde? Sie, die sich schon als Kind kaum heraus bewegen mochte aus ihrem Zimmer – ein typisches Stubenhockerkind, das „zum Spielen förmlich getragen werden“ musste. Am allerwenigsten sie selbst, schmunzelte die Autorin am Freitagabend bei der Lesung in Monschau, einer Gemeinschaftsveranstaltung der Lit.Eifel mit der Volkshochschule Südkreis Aachen. In einem höchst unterhaltsamen literarischen „Spaziergang“ blickte sie im Aukloster auf nunmehr zwanzig durchaus turbulente Schaffensjahre zurück.

Das Leben geht manchmal doch sehr verschlungene Wege, ist gesäumt von Entbehrungen, Selbstzweifeln und Hindernissen, wie es sich für ein ordentliches Künstlerleben gehört. Und wenn es einem erst einmal gelungen ist, die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sich zu richten, auch von reichlich kuriosen Fragen.

Auch die Vorsitzende des Vereins Lit.Eifel, Monschaus Bürgermeisterin Margareta Ritter, ließ sich nach der Lesung von Felicitas Hoppe ein Buch signieren. Foto: Claudia Hoffmann/pp/Agentur ProfiPress
Auch die Vorsitzende des Vereins Lit.Eifel, Monschaus Bürgermeisterin Margareta Ritter, ließ sich nach der Lesung von Felicitas Hoppe ein Buch signieren. Foto: Claudia Hoffmann/pp/Agentur ProfiPress

Im Falle von Felicitas Hoppe stammten die aus dem Munde eines Journalisten. Was sie denn nun anfangen wolle mit so viel Geld, erkundigte er sich, nachdem Felicitas Hoppe mit ihrem Geschichten-Debütband „Picknick der Friseure“ den Aspekte-Literaturpreis erhalten hatte und sich auch über ein Preisgeld von seinerzeit 15.000 DM freuen durfte. „Damit mache ich eine Weltreise“, antwortete Hoppe, die fand, dass den Reporter das nun überhaupt nichts anging, eher aus Trotz.

Doch nun wartete die Öffentlichkeit gespannt, was daraus denn nun literarisch Funkelndes wohl entstehen würde und die reiseunlustige Felicitas Hoppe befand sich in einem echten Dilemma. „Wie komme ich am bequemsten um die Welt, ohne mich selbst bewegen zu müssen?“, überlegte sie. Per Zufall stieß sie auf eine Annonce, die Werbung machte für einen Urlaub auf dem Container-Frachtschiff. „Genial, das war es doch!“, fand Hoppe und mietete sich kurzerhand in die Offizierskabine ein. Wenn sie nun aber dachte, auf Containerschiff-Frachtreisen würde nichts passieren, sah sie sich getäuscht. Das Ergebnis mündete in Hoppes zweitem Buch, das den Titel „Pigafetta“ trug und damit einem „echten“ Abenteurer gewidmet ist.

Auch das ist Teil des Konzepts der Lit.Eifel-Lesungen – die Nähe zum Publikum. Auch Felicitas Hoppe nahm sich während der Veranstaltung in Monschau Zeit für ihre Zuhörer und signierte Bücher. Foto: Claudia Hoffmann/pp/Agentur ProfiPress
Auch das ist Teil des Konzepts der Lit.Eifel-Lesungen – die Nähe zum Publikum. Auch Felicitas Hoppe nahm sich während der Veranstaltung in Monschau Zeit für ihre Zuhörer und signierte Bücher. Foto: Claudia Hoffmann/pp/Agentur ProfiPress

Antonio Pigafetta war nämlich der Chronist des portugiesischen Kapitäns Ferdinand Magellan, der im Jahr 1519 jene berühmte Weltumseglung wagte, die er selbst nicht überlebte. Von den 239 Seeleuten kehrten insgesamt nur 17 heim, nach drei wüsten Jahren, die Pigafetta später unter dem Titel „Die erste Reise um die Erde“ eindrucksvoll beschrieben hat. Dieser Augenzeuge ist in Hoppes Roman seitdem, gewissermaßen als „unsterblicher Schattenmann der Meere“, immer noch unterwegs. Er begleitet augenöffnend auch die Ich-Erzählerin auf der großen Seefahrt, die in Hamburg begann. Die Protagonisten: ein Makler auf Hochzeitsreise, ein philippinischer Koch, ein Klempner, ein Geograf, ein Aprikosen-Verkäufer und jede Menge herrlich-schräge Szenen, wie die vom aufziehenden Unwetter, bei dem sich im Speisesaal „die ganze Aufmerksamkeit auf die Beherrschung von Messer und Gabel über dem Abgrund“ richtete.

Nach diesem Buch war das Schicksal von Felicitas Hoppe endgültig besiegelt, lachte sie. Von Rezensenten und Literaturkritikern bekam sie das Label „Reiseschriftstellerin“ verpasst. Dabei sei sie das gar nicht, korrigierte sie. Sie schreibe nur gerne über Reisen, weil sie Geschichten bereithielten, „wie man sie schöner nicht erfinden kann“.

Was ihr nicht möglich sei, ist die Biografie anderer Menschen zu schreiben. Denn es geschieht mittlerweile recht oft, dass man auf sie zukommt und ihr sagt: „Ich habe das und das erlebt. Machen Sie was draus!“ Wobei Hoppe dann antwortet: „Sie können mir ihre Geschichte gerne schenken. Das ist wundervoll. Aber sie literarisch auszugestalten ist mir unmöglich.“ Sie findet eher, dass man den Menschen helfen sollte, ihre „eigene Stimme“ zu finden.

Felicitas Hoppe blickte bei der Lit-Eifel-Lesung in Monschau höchst unterhaltsam auf 20 durchaus turbulente Schaffensjahre zurück. Foto: Claudia Hoffmann/pp/Agentur ProfiPress
Felicitas Hoppe blickte bei der Lit-Eifel-Lesung in Monschau höchst unterhaltsam auf 20 durchaus turbulente Schaffensjahre zurück. Foto: Claudia Hoffmann/pp/Agentur ProfiPress

Das macht Hoppe in vielen Schreibwerkstätten und aktuell gerade mit ihrer Dozenten-Tätigkeit an der Universität Köln. Am Freitagabend brach sie in Monschau auch eine Lanze für eines ihrer Lieblingsgenres: das Märchen. Warum? Weil das Märchen in ihren Augen die Urzelle des Reiseromans ist: „Märchen lehren uns, dass ein großer Teil der Reisen, die unternommen werden, nicht freiwillig ist. Sie sind voller Kinder, die aufbrechen, weil sie von ihren Eltern nicht mehr ernährt werden können. Denken Sie nur an Hänsel und Gretel“, erklärte sie: „Märchen sind voller Probleme, die erzählerisch durch die Kraft des Wünschens gelöst werden.“

So haben auch alle ihre Figuren im buchstäblichen wie im übertragenen Sinne etwas Fabelhaftes. Ihre Kinderromane und sogar auch ihre eigene „Autobiografie“, die eigentlich gar keine ist. „Denn auch über sich selbst zu schreiben ist schwierig. Früher oder später beginnt man zu schummeln“, verriet Hoppe heiter. Deswegen schrieb sie sich eine „Autobiografie“, wie sie sich als Kind gewünscht hatte, dass ihr Leben einmal so verlaufen würde. Als Einzelkind in Kanada, mit einem Vater, der Erfinder ist und sie selbst irgendwann ein Eishockeystar sein würde. Der Vater ist übrigens eine Hommage an eine Figur in Hoppes Lieblings-Kinderbuchserie: Onkel Quentin in den „Fünf Freunden“ von Enid Blyton.

pp/Agentur ProfiPress