Für Walser schweigen die Turbinen
Lit.Eifel-Veranstaltung mit dem berühmten Schriftsteller Martin Walser und dem Kulturjournalisten Dr. David Eisermann am Montag, 10. Oktober, um 19.30 Uhr im Jugendstilkraftwerk Heimbach, Kraftwerk 1, 52396 Heimbach-Hasenfeld
Heimbach – Einen ganz besonderen Leckerbissen beschert die Lit.Eifel den Eifeler Literaturfreunden am Montag, 10. Oktober: Den Verantwortlichen des kleinen aber feinen Nordeifeler Literaturfestivals ist es kurzfristig gelungen, mit Martin Walser einen der berühmtesten deutschen Schriftsteller in die Nationalparkstadt zu holen.
In einer Pressekonferenz in der Internationalen Kunstakademie Heimbach standen Bürgermeister Peter Cremer als stellvertretender Lit.Eifel-Vorsitzender, Lit.Eifel-Vorsitzende Margareta Ritter sowie die Programmbeiräte Professor Dr. Frank Günter Zehnder und Helmut Lanio den Medienvertretern Rede und Antwort.
„In Heimbach wird Martin Walser aus seinem jüngsten Roman »Ein sterbender Mann« lesen. Danach werden die Zuhörer den mittlerweile 89-Jährigen im Gespräch mit dem Hörfunkmoderator und Kulturjournalisten Dr. David Eisermann erleben und dabei mehr über das Buch und seine Hintergründe erfahren“, kündigte Professor Zehnder ein literarisches Ereignis an, das lange auf der Wunschliste des Programmbeirates gestanden hatte.
Dass der „Traum vom ganz großen Wurf“, so Helmut Lanio, in Erfüllung gehe, sei dem Renommee zu verdanken, das die Lit.Eifel in ihrem vierten Jahr nun auch bei den großen Verlagen genieße. „Man kann Walser nicht einfach buchen. Man muss ihn mit Visionen und mit dem Programm überzeugen“, stellte Lanio klar und hob hervor, dass die Zusage des großen Schriftstellers keine Frage des Geldes gewesen sei.
„Die Begeisterung für die Lit.Eifel lockt ihn“, betonte Lanio. Anlässlich seines Besuches in der Eifel will Bürgermeister Peter Cremer Martin Walser bitten, sich ins das Goldene Buch der Stadt Heimbach einzutragen.
Gewohnte Eintrittspreise
Mit Martin Walser gehe die Lit.Eifel ausnahmsweise einen anderen Weg als den, den die bewusst gewählte Ausrichtung auf Nachwuchsautoren in der Regel vorgebe. Den gewohnten Eintrittspreis (zwölf Euro, ermäßigt sechs Euro) habe man trotz des großen Namens wohlüberlegt nicht angehoben. Auch die Publikumsgröße soll überschaubar bleiben. „Massenveranstaltungen sind nicht unser Stil.“
Mit dem Jugendstilkraftwerk als Veranstaltungsort wählten die Verantwortlichen der Lit.Eifel einen würdigen Rahmen für das Ereignis. „Wir sind der RWE Power AG sehr dankbar dafür, dass sie das Gebäude zur Verfügung stellt. Unterstützt werden wir auch vom Kunstförderverein Kreis Düren, der die Ausstattung des Raumes übernimmt“, hebt Bürgermeister Peter Cremer hervor.
Der Kunstförderverein, der im Übrigen ein Auge darauf habe, dass das Jugendstilkraftwerk als exklusiver Veranstaltungsort kulturellen Highlights vorbehalten bleibt, will wegen der besseren Akustik für die Lesung einen Teppichboden verlegen, die Decke abhängen und für die Bestuhlung sorgen.
Das 1905 als damals größtes Speicherkraftwerk in Europa in Betrieb genommene Bauwerk gilt als das schönste Jugendstilkraftwerk in Deutschland. Seit 1998 wird das Kraftwerk Heimbach jedes Jahr im Juli für das Kammermusik-Festival „Spannungen“ zum Konzertsaal. Dafür und natürlich auch für die Lit.Eifel-Veranstaltung mit Martin Walser werden die beiden Turbinen, die mit bis zu 18 Kubikmetern Wasser pro Sekunde versorgt werden, abgeschaltet, damit das Dröhnen nicht die kulturellen Veranstaltungen stört.
„Dieser Ort der Energie passt wunderbar zur Literatur und zur Person Martin Walsers“, sagte Professor Frank Günter Zehnder. „Martin Walser ist ein Autor für alle Generationen, das war uns besonders wichtig“, fügte er an. Der Schriftsteller stehe für eine die Zukunft gestaltende Literatur und sei bekannt für seine klare Haltung.
„Ein sterbender Mann“
Selten hat ein Roman von Martin Walser ein derart grandioses Presseecho gefunden wie sein im Januar veröffentlichtes Werk „Ein sterbender Mann“. Sein neuer Roman über das Altsein, die Liebe und den Verrat ist beeindruckend gegenwärtig, funkelnd von sprachlicher Schönheit und überwältigend durch seine beispiellose emotionale Kraft.
Firmenchef Theo Schadt ist pleite. Der 72-Jährige wurde von seinem besten Freund verraten und ist mit seinem Unternehmen gescheitert. Er hat mit dem Leben abgeschlossen – und ist die titelgebende Figur des Romans. Verraten wurde er ausgerechnet von dem Menschen, der ihn nie hätte verraten dürfen: Carlos Kroll, sein engster und einziger Freund seit 19 Jahren, ein Dichter. Beruflich ruiniert, sitzt Theo Schadt jetzt an der Kasse des Tangoladens seiner Ehefrau, in der Schellingstraße in München.
Eines Tages, er sitzt wieder an der Kasse, löst eine Kundin bei ihm eine Lichtexplosion aus. Seine Ehefrau glaubt, es sei ein Schlaganfall, aber es waren die Augen dieser Kundin, ihr Blick. Sobald er seine Augen schließt, starrt er in eine Lichtflut, darin sie. Ihre Adresse ist in der Kartei, also schreibt er ihr – jede E-Mail der Hauch einer Weiterlebensillusion.
Und nach achtunddreißig Ehejahren zieht er zu Hause aus. Sitte, Anstand, Moral, das gilt ihm nun nichts mehr. Doch dann muss er erfahren, dass sie mit dem, der ihn verraten hat, in einer offenen Beziehung lebt. Ist sein Leben „eine verlorene, nicht zu gewinnende Partie“?
Martin Walser, 1927 in Wasserburg geboren, lebt in Überlingen am Bodensee. Für sein literarisches Werk erhielt er unzählige Preise, darunter 1981 den Georg-Büchner-Preis und 1998 den Friedenspreis des deutschen Buchhandels. Außerdem wurde er 1993 mit dem Orden „Pour le Mérite“ ausgezeichnet, eine der höchsten Auszeichnungen in Deutschland für besondere Leistungen in Kunst und Wissenschaft, und 1994 zum „Officier de l’Ordre des Arts et des Lettres“ ernannt, der wichtigsten kulturellen Auszeichnung in Frankreich.
Martin Walsers Heimbacher Gesprächspartner Dr. David Eisermann arbeitet als freier Autor und Moderator für den Westdeutschen Rundfunk (WDR). Nach seiner Promotion in Vergleichender Literaturwissenschaft an der Universität Bonn war er von 1984 bis 1985 Akademischer Rat auf Zeit an der Universität Bayreuth.
Im Frühjahr 2010 hat ihn der Bonner Stadtrat in das Kuratorium der Beethovenstiftung für Kunst und Kultur berufen. Im Herbst 2010 gehörte Eisermann zu den Gründern des Trägervereins, die Anfang 2011 das Literaturhaus Bonn eröffneten. Eisermanns große Leidenschaft ist die Literatur. Davon zeugen viele Veranstaltungen unter seiner Mitwirkung. Unter anderem moderiert er regelmäßig Autorenlesungen im Heine-Haus Düsseldorf.
Die Lit-Eifel-Veranstaltung mit Walser und Eisermann beginnt um 19.30 Uhr im Jugendstilkraftwerk Heimbach, Kraftwerk 1, 52396 Heimbach. Der Vorverkauf hat begonnen, der Eintritt kostet zwölf Euro, ermäßigt sechs Euro. Alle Vorverkaufsstellen und weitere Informationen auf www.lit-eifel.de.
pp/Agentur ProfiPress