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Gedenkgang mit aktuellem Bezug

Die Kirchen und das städtische Gymnasium Am Turmhof veranstalten stillen Marsch für die Opfer von Krieg und Gewalt – Organisator Franz Josef Kremer ruft dazu auf, Flagge gegen Rechts zu zeigen

Mechernich – Die beiden Jahre 1935 und 1945 sind markante Meilensteine im Prozess der Vernichtung des europäischen Judentums durch die Nazis: Am 15. Septembers 1935 verabschiedete der Reichstag einstimmig die Nürnberger Rassengesetze. Und im letzten Kriegsjahr sorgten Hitler und seine Konsorten bis Mai 1945 dafür, dass mehr Menschen ums Leben kamen als in der gesamten Kriegszeit zuvor.

„Der Gedenkgang für die Opfer von Verfolgung und Gewaltherrschaft erinnert dieses Jahr an diese Ereignisse“, sagt Franz Josef Kremer, der seit vielen Jahren den Gedenkgang in Mechernich organisiert. Er findet wie immer am Jahrestag der Reichspogromnacht statt, am Montag, 9. November und beginnt um 18 Uhr vor der katholischen Pfarrkirche St. Johannes-Baptist. Von dort aus gehen die Teilnehmer zum Dietrich-Bonhoeffer-Haus. Veranstalter sind die evangelische und die katholische Kirchengemeinde in Mechernich sowie das städtische Mechernicher Gymnasium Am Turmhof.

Auch mit dem Anzünden von Lichtern gedachten die am Gedenkgang teilnehmenden Schüler der Opfer von Krieg und Gewalt. Foto: Michael Oversberg/pp/Agentur ProfiPress
Auch mit dem Anzünden von Lichtern gedachten die am Gedenkgang teilnehmenden Schüler der Opfer von Krieg und Gewalt. Foto: Michael Oversberg/pp/Agentur ProfiPress

Die Nürnberger Rassengesetze von 1935 standen am Ende einer Phase eines eher unmethodischen Antisemitismus, in dem willkürlich jüdische Geschäfte verwüstet, vermeintlich jüdisch aussehende Bürger angegriffen und Boykottmaßnahmen gegen jüdische Einrichtungen durchgeführt wurden. „Das mag ein Grund dafür gewesen sein, dass diese bedrückenden gesetzlichen Einschränkungen von der Mehrheit der verbliebenen jüdischen Organisationen positiv angenommen wurden. Man glaubte, nun einen gesetzlichen Rahmen erreicht zu haben, der die Existenz jüdischen Lebens in Deutschland sicherte. Man war jetzt Bürger minderen Rechtes, aber man was Bürger“, schreibt Franz-Josef Kremer zum historischen Hintergrund des diesjährigen Gedenkganges.

Dieses Vertrauen in die Rechtstaatlichkeit Deutschlands sollte sich als verhängnisvoller Irrtum herausstellen. Statt eines geregelten Abschlusses der Verfolgungen waren diese Gesetze in Wirklichkeit der Auftakt zur systematischen rechtlichen, wirtschaftlichen und zuletzt auch physischen Vernichtung der deutschen Juden. Was vor 80 Jahren seinen Anfang nahm, endete vor 70 Jahren mit dem Untergang des verbrecherischen Nazi-Regimes.

„Doch selbst als Deutschland in Schutt und Asche versank und die Versorgung des Heeres mit Nachschub immer mehr zusammenbrach, lief die Ermordung der Juden ohne jede Beeinträchtigung bis unmittelbar vor der Befreiung weiter“, erinnert Franz-Josef Kremer daran, dass die Vernichtung der Juden bis zum Letzten mit allerhöchster Priorität vorangetrieben wurde.

Am Gedenkstein am Rande der Mechernicher Rathergasse, der an die zerstörte jüdische Synagoge erinnert, legten Mechernicher Schüler im vergangenen Jahr symbolisch Stacheldraht, Rosen, Steine und eine Kerze nieder. Ganz links im Bild Franz-Josef Kremer, der Organisator des jährlichen Mechernicher Gedenkmarsches an die Opfer von Krieg und Gewalt. Foto: Michael Oversberg/pp/Agentur ProfiPress
Am Gedenkstein am Rande der Mechernicher Rathergasse, der an die zerstörte jüdische Synagoge erinnert, legten Mechernicher Schüler im vergangenen Jahr symbolisch Stacheldraht, Rosen, Steine und eine Kerze nieder. Ganz links im Bild Franz-Josef Kremer, der Organisator des jährlichen Mechernicher Gedenkmarsches an die Opfer von Krieg und Gewalt. Foto: Michael Oversberg/pp/Agentur ProfiPress

Für den Gedenkgang am Montag, 9. November sieht Franz-Josef Kremer durchaus auch aktuellen Anlass: „Wir sehen uns aktuell einer Flüchtlingsbewegung gegenüber, wie es sie seit dem zweiten Weltkrieg in diesem Ausmaß nicht mehr gegeben hat. Auch diese Menschen sind Opfer von Verfolgung und Gewaltherrschaft, die sie aus ihrer Heimat vertrieben haben. Im Zuge der Herausforderung, die die Aufnahme der Flüchtlinge für Deutschland darstellt, kommt es auch wieder zu einem Erstarken rassistischer und nationalistischer Bewegungen, die sich nicht schämen, für sich zu skandieren, sie wären das Volk. Das erinnert in fataler Weise an das Volksempfinden eines Josef Göbbels.“

Umso mehr hoffen er und die Veranstalter auf eine rege Teilnahme seitens der Mechernicher Bevölkerung. Kremer: „Der Gedenkgang für die Opfer von Verfolgung und Gewaltherrschaft ist eine gute Gelegenheit zu zeigen, dass wir der festen Überzeugung sind, dass solche Weltanschauungen, die im Dritten Reich ganze Völker in Not und Elend gestürzt haben, heute in Deutschland keinen Platz mehr haben.“

pp/Agentur ProfiPress