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Kerstin Rottland

12/02/2025

Mit Rollator in den Friedwald?

 

7 min read

Beisetzungskultur im Wandel: Mehr Natur, und doch heimatnah und gut erreichbar – Kallmuther Ortsbürgermeister Ohlerth träumt von einem „Friedhofswald der Sinne“ – Namenlos, mit Grabstein oder Platz fürs Kerzchen: Pflegeleichte Varianten vor Ort sind im Trend 

Mechernich-Kallmuth – „Ruheforst, Friedwald, Gottesacker … – Alles schön und gut. Aber wenn ich 80 bin und muss mit dem Rollator in den Wald?“ Robert Ohlerth zuckt die Achseln. „Was dann?“ 

Die Frage treibt den Kallmuther Ortsbürgermeister nicht erst seit gestern um. Wer Ohlerth kennt, weiß, dass der Mann sich über allerlei Dinge Gedanken macht. Und oft Lösungen parat hat, die auf den ersten Blick unkonventionell erscheinen, bei näherer Betrachtung aber vor allem eines sind: praktisch.

Da in seinem Heimatort Kallmuth, wie überall im Stadtgebiet, die Anzahl der Erdbestattungen stetig geringer wird, Urnenbeisetzungen hingegen immer häufiger stattfinden, gib es für Robert Ohlerth nur einen logischen Schluss: „Der Friedhof muss umgestaltet werden.“ – Wie? Das weiß er, logisch, auch schon. 

Beim Ortstermin auf dem Kallmuther Friedhof ließ sich Jacky Langhanke von Ortsbürgermeister Robert Ohlerth dessen Idee für den „Friedhofswald der Sinne“ erläutern. Foto: Kerstin Rottland/pp/Agentur ProfiPress

Beim Ortstermin auf dem Kallmuther Friedhof ließ sich Jacky Langhanke von Ortsbürgermeister Robert Ohlerth dessen Idee für den „Friedhofswald der Sinne“ erläutern. Foto: Kerstin Rottland/pp/Agentur ProfiPress

„Friedhofswald der Sinne“, nennt der Ortsbürgermeister sein Konzept für die Zukunft: „Ein attraktiver, gut erreichbarer Bestattungsort, an dem die Lebenswirklichkeit der Hinterbliebenen hinreichend berücksichtigt wird.“  Sprich: Wo Rollatoren nicht an Wurzeln hängen blieben, und bei aller Natürlichkeit auch mal ein Blümchen abgelegt werden darf. Wo man bei schönem Wetter gern verweilt, um (wie früher üblich) auf dem Bänkchen zu sitzen oder mit den Grab-Nachbarn ins Gespräch zu kommen. Ein angenehmer Ort für alle, „ungeachtet, wo sie wohnen und welchen Glaubens sie sind.“ 

Letzteren Punkt erwähnt Robert Ohlerth mit Bedacht. „Die Zeiten ändern sich, wir müssen uns darauf einstellen.“ Er selbst könne sich sogar gut vorstellen, die Friedhofshalle in Kallmuth künftig mit einem sogenannten Kolumbarium auszustatten, also einer Urnenwand mit Fächern wie sie in Südeuropa zu finden sind. „Für Menschen, die gern ein Dach über dem Kopf hätten, wenn sie ihre Verstorbenen besuchen.“ Noch sei das in der Stadt Mechernich Zukunftsmusik, in anderen Kommunen aber längst gang und gäbe.

Ein Baum für die Familie? Geht.

Die Verwaltung von 21 Friedhöfen im Stadtgebiet liegt derzeit in städtischer Hand, nur ein einziger (Roggendorf) gehört der evangelischen Kirche. Der Kallmuther Friedhof, auf dem traditionell auch die Bergheimer, Kalenberger und Lorbacher ihre letzte Ruhe finden, gibt schon jetzt ein modernes und repräsentatives Bild ab. 

Urnenbeisetzungen sind auf der Rasenfläche und unter jungen Laubbäumen möglich – sowohl mit, als auch ohne Namensschild im Boden, was aber nicht bedeutet, dass es sich um eine anonyme Bestattung handelt. Sogar einen eigenen Familienbaum kann man auf dem Kallmuther Friedhof reservieren. Zudem gibt es dort Bäume, unter deren Blätterdach das Aufstellen eines kleineren Grabsteins samt Kerze erlaubt ist.

Was viele nicht wissen: Neben den Platten im Boden, auf denen Blumen und Kerzen abgestellt werden dürfen, sind mancherorts auch Grabsteine bis zu einer gewissen Größe auf dem Urnenfeld erlaubt. Foto: Kerstin Rottland/pp/Agentur ProfiPress

Was viele nicht wissen: Neben den Platten im Boden, auf denen Blumen und Kerzen abgestellt werden dürfen, sind mancherorts auch Grabsteine bis zu einer gewissen Größe auf dem Urnenfeld erlaubt. Foto: Kerstin Rottland/pp/Agentur ProfiPress

Vielfalt ist Robert Ohlerth wichtig. „Jeder Mensch ist anders“, findet der 76-Jährige, „hat ein anderes Portemonnaie und andere Vorstellungen von der letzten Ruhestätte. Aber trauern müssen wir am Ende alle. Und dafür wünsche ich mir einen freundlichen, zentral gelegenen Ort, zu dem Familie, Nachbarn und Freunde gerne hinkommen.“

Was Robert Ohlerth beschreibt, klingt nach einer cleveren Kombination aus Friedwald und Friedhof. Jacky Langhanke vom zuständigen Fachbereich 4 der Stadtverwaltung Mechernich, hört sich Ohlerths Ideen aufmerksam an. Den Wandel in der Bestattungskultur kann die Verwaltungsangestellte bestätigen: „Erdbestattungen in klassischer Weise, also mit in die Erde abgesenktem Sarg, werden immer seltener.“

Im Stadtgebiet gab es sie dieses Jahr erst 28-mal. Im gleichen Zeitraum fanden auf den Friedhöfen rund um den Bleiberg 184 Urnenbestattungen statt. „Und da ein Sarg nun mal größer ist als eine Urne, wird weniger Platz in Anspruch genommen.“ Diesen für neue Angebote zu nutzen, zum Beispiel für eine duftende, mit Kunstwerken ausgestattete Wiese, wie sie dem Kallmuther Ortsbürgermeister vorschwebt – dagegen sei im Prinzip nichts einzuwenden. 

„Kirche ist flexibler geworden“

Auch nicht seitens der Kirchen: Der katholische Mechernicher Diakon Manfred Lang findet Ohlerts Ideen zur Weiterentwicklung der Bestattungskultur im Stadtgebiet bemerkenswert. Der Kompromiss aus mehr Natur, aber dennoch auf geweihtem Boden und im Heimatdorf, sei nicht unclever, denn: „Die seelsorgerische Praxis wandelt sich. In Sachen Beisetzung ist die Kirche in den letzten zwanzig Jahren deutlich flexibler geworden.“ 

Wie viele Menschen aus Mechernich und Umgebung ihre Angehörigen schon andernorts beisetzen ließen, weil sie lieber eine alternative Bestattungsform (zum Beispiel im Wald oder auf dem Meer) wollten, ist nirgend registriert. „Nicht viele“, behauptet Bestattungsmeister Marcel Ohles. „Die meisten wünschen sich nach wie vor eine individuell gestaltete Grabstelle auf dem Friedhof.“ Der Trend gehe aber zu pflegeleichten Varianten.

Sarg-Bestattungen gibt es immer weniger, entsprechend entstehen auf den Friedhöfen, wie hier in Kallmuth, mehr und mehr Lücken. Foto: Kerstin Rottland/pp/Agentur ProfiPress

Sarg-Bestattungen gibt es immer weniger, entsprechend entstehen auf den Friedhöfen, wie hier in Kallmuth, mehr und mehr Lücken. Foto: Kerstin Rottland/pp/Agentur ProfiPress

„Was nicht Schlechtes ist, sondern schlicht und einfach vernünftig“, so Ohles. Die meisten Menschen wünschten sich eine gepflegte Grabstelle. „Aber wie sollen immer älter werdende Angehörige das bewerkstelligen, wenn sie gebrechlich werden und zum Gehen einen Rollator brauchen?“   Der Mechernicher Bestatter ist für eine Kombination der Bestattungs- und Grabformen nach dem Motto: „Zehn Jahre Pflege und danach umwandeln.“ 

Derzeit gibt es auf den 21 städtisch verwalteten Mechernicher Friedhöfen 14 verschiedene Beisetzungs-Varianten. Welche im jeweiligen Wohnort möglich ist, wissen nicht nur die Bestattungsunternehmen vor Ort. Auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Friedhofsamts geben gerne Auskunft. „Grabformen, Größen, Liegedauer, Preise: über all das kann man sich bei uns jederzeit informieren“, betont Jacky Langhanke. „Und wir empfehlen, das auch rechtzeitig zu tun.“ 

pp/Agentur ProfiPress

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