Wenns ums Geld geht, immer freundlich, aber bestimmt
Wenns ums Geld geht, immer freundlich, aber bestimmt
Die Crew der Mechernicher Stadtkasse hat schon manche Systemveränderung hinter sich: Von der Riesenkladde zum modernen PC Vier Millionen Euro Umsatz im Monat Manche Bürger kommen noch persönlich “aufs Amt”
Mechernich – Die Stadtkasse in Mechernich ist die zweitgrößte kommunale Kasse im Kreis Euskirchen. 45 bis 50 Millionen Euro Umsatz werden dort vom Kassenteam abgewickelt, zu dem Franz Glehn, Bernd Stemmler, Renate Bank, Monika Kucia, Michael Pelster und Constantin Hochgürtel gehören.
Mit einer Million Euro pro Monat schlägt allein die Kreisumlage zu Buche, die die Stadt als “Beitrag” der Stadt Mechernich an den hoheitlichen Aufgaben des Kreises nach Euskirchen überweisen muss.
Rund 40 Beitrags- und Gebührenarten, zum Beispiel für Baugenehmigungen, Friedhofs-, Feuerwehr- und Kanalanschlussgebühren sowie Steuern werden von der Stadtkasse eingezogen.
Die “Kommandozentrale” im Rathaus-Nebengebäude muss aber ebenso Gelder in fast der gleichen Größenordnung wieder an andere Stellen überweisen zum Beispiel an die Banken und Sparkassen, bei denen sich die Stadt Mechernich im Laufe der Jahrzehnte Geld für ihre vielfältigen Aufgaben ausgeliehen hat.
In der Stadtkasse werden somit nicht nur die ganz großen Summen umgesetzt, sondern auch die kleinen Beträge. Bürgernähe ist daher oberste Beamtenpflicht. Bernd Stemmler erinnert sich an eine alte Frau, die mit Tränen in den Augen einen Scheck vom Sozialamt einreichte. “Bei uns Geld abzuholen war dieser Dame sehr peinlich”, beschreibt Stemmler seinen damaligen Eindruck, der ihn noch heute anrührt.
Warm ums Herz wurde ihm dann allerdings, als er die Dame einige Stunden später mit einem glücklichen Lächeln im Gesicht und einer hochvollen Einkaufstüte durch Mechernich gehen sah. Da wusste er, dass das Geld der Stadtkasse an der richtigen Stelle angekommen war . . .
Natürlich ist der Umgang mit den Finanzen der Allgemeinheit nicht nur eitel Freude und Sonnenschein. Nicht jeder Bürger zahlt freiwillig seinen gesetzlich vorgeschriebenen Obolus. Im Jahr 2006 formulierten die Mitarbeiter der Stadtkasse rund 4700 Mahnungen, darunter gab es 3862 Vollstreckungsfälle.
Bernd Stemmler, der in internen Kreisen scherzhaft “Bußgeld-Bernie” genannt wird und der für die Koordination von Kasse und Vollstreckung zuständig ist, nahm für seinen Job im Laufe der 32 Dienstjahre mehrfach an “Deeskalationslehrgängen” teil. Denn manche “Kunden” zeigen im Umgang mit der kommunalen Finanzbehörde durchaus tatkräftig und erbost, dass sie mit der Vollstreckung nicht einverstanden sind.
“Bußgeld-Bernie” gibt beim Besuch der Reporterin der Agentur ProfiPress seine schärfste Waffe in solchen Situationen preis: “Am besten funktioniert da immer noch ein freundliches Lächeln.”
Das Lachen kann einem Stadtkassenbediensteten aber durchaus schon mal vergehen. Druck auf die “Kunden” ausüben, Konten sperren, Zwangsversteigerungen beantragen oder auch Arbeitgeberpfändungen durchführen, diese unangenehmen, aber notwendigen Tätigkeiten lassen die Mitarbeiter der Kasse nicht unberührt. Denn sie sind schließlich auch “nur” Menschen.
Franz Glehn, der schon über 40 Jahre im Mechernicher Rathaus arbeitet, weiß, dass nicht nur Firmen im finanziellen Ruin landen, sondern auch immer mehr private Existenzen. Glehn: “Pro Woche verzeichnen wir im Schnitt inzwischen zwei bis vier private Insolvenzen Die Zahl hat drastisch zugenommen.”
Glehn führt diese Tatsache immer noch auf die Umstellung von D-Mark auf Euro und die damit verbundene inflationäre Entwicklung zurück: “Die D-Mark ist doch im Konsumbereich und bei den Lebenshaltungskosten im Laufe der Zeit Eins zu Eins in Euro umgewandelt worden. Die Leute haben aber nicht entsprechend mehr Lohn erhalten.” Ihren Lebensstandard hielten sie allerdings bei: Hohe Handyrechnungen, Firmenbestellungen, Rechtsanwaltskosten und dergleichen trieben viele Familien ins wirtschaftliche Chaos.
Renate Bank hat ihren Arbeitsplatz gleich neben Franz Glehn und gehört fast zum “Inventar der Abteilung”, wie sie sagt. Seit 37 Jahren arbeitet die in Eiserfey geborene Bank bereits in Mechernich. Von sich selbst sagt die Stadtkassenbedienstete überzeugt: “Ich bin ein Zahlenmensch.”
Einige Systemumstellungen erlebte Renate Bank im Laufe ihrer langen Dienstjahre: “Wir arbeiteten früher mit einer Kladde, die gleich zwei Schreibtische bedeckte. Dann folgte ein Rappelcomputer und inzwischen haben wir die neueste Hard- und Software.”
Umstellungen sieht die gebürtige Eiserfeyerin aber letztendlich als bereichernd an: “Sie holen aus der Routine heraus und bringen neue Perspektiven.” Die letzte große Neuerung war 2006 die Umstellung auf das “Neue Kommunale Finanzsystem” (NKF). Laut Renate Bank bringe die Neuerung mehr Transparenz in den Zahlungsverkehr, allerdings auch Mehrarbeit für die Mitarbeiter.
“Nebenher” erledigt das Stadtkassenteam auch die Buchführung für die Eifel-Therme-Zikkurat und die Stadtwerke Mechernich. Auch wenn der größte Teil des Geldverkehrs auf dem Bankweg vonstatten geht, entrichten noch einige Bürger persönlich die Gebühren auf der Stadtkasse. Dem Bürger gegenüber erläutern, erklären, kassieren oder auszahlen – auch das gehört nach wie vor zum täglichen Geschäft des Stadtkassen-Teams.
Gudrun Klinkhammer/pp/Agentur ProfiPress
Manfred Lang
09.07.2007