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Vom Wert des Menschen . . .

Vom Wert des Menschen . . .
Verein für christliche Kunst der Bistümer Aachen und Köln auf Exkursion in Vogelsang – Pastoralreferent Georg Toporowsky stellte auf der NS-Ordensburg das christliche Menschenbild der menschenverachtenden Nazi-Ideologie gegenüber
Vogelsang – Wer oder was erkennt einem Menschen seinen Wert zu? “Das ist eine jahrtausendealte Zentralfrage”, so Pastoralreferent Georg Toporowsky, Seelsorger im Nationalpark Eifel und Vogelsang, bei einer Exkursion, die vom Verein für christliche Kunst im Erzbistum Köln und Bistum Aachen e.V. (www.vck.de) organsiert wurde.
Zu der Führung auf dem Gelände der ehemaligen nationalsozialistischen Ordensburg Vogelsang hatten sich 44 Vereinsmitglieder eingefunden. Norbert Stoffers aus Schleiden-Gemünd, “die gute Seele des Vereins”, so VCK-Geschäftsführerin Gaby Bayer-Ortmanns, hatte die Veranstaltung vorbereitet. Es ging um Architektur, Skulpturen und Kulthandlungen, in denen sich die NS-Ideologie geradezu manifestierte.
Pastoralreferent Georg Toporowsky führte über das Gelände der ehemaligen Kaderschmiede für Nazi-Junker. In einem beeindruckenden Vortrag ließ er die Geschichte Vogelsangs, einer von drei Ordensburgen zur Schulung des nationalsozialistischen Führungsnachwuchses, und die dahinter stehende NS-Ideologie Revue passieren. Klar und deutlich stellte Toporowsky die Gegensätze zwischen der kruden NS-Lehre und dem christlichen Glauben heraus.
Für die Nationalsozialisten sei der Fall klar gewesen: Der Führer beziehungsweise der NS-Staat definierten den Wert eines Menschen. “Man gehört nicht sich selbst oder Gott, sondern der Ideologie”, so Toporowsky über die letztlich menschenverachtende Welt- und Menschensicht der NS-Faschisten.
Der Mensch sei nicht als Person gesehen worden, so der Pastoralreferent: “Alle Facetten des Menschen wurden nationalsozialistisch verzweckt.” Dafür musste zuerst jegliche Individualität ausgeschaltet werden. Diese “Erziehung zur Gleichheit” setzte in allen Lebensbereichen der erwachsenen Nazi-Schüler auf Vogelsang und den anderen NS-Ordensburgen an, in Körper, Geist und Seele.
“Alles war komplett normiert”, sagte Toporowsky vor dem Verein für christliche Kunst der Diözesen Aachen und Köln. Der Theologe stellte auch die Grenzen des von den Nazis zu Tode strapazierten Wortes “Kameradschaft” dar: “Wenn einer aus der Reihe tanzte, war es mit der Kameradschaft vorbei.” Dass die Nazis für die Ausbildung an den Ordensburgen schamlos die Ideen des Deutschen Ritterordens plagiierten (“Ausgerechnet eines katholischen Ordens”, so Toporowsky), gehöre zur bitteren Ironie der Geschichte.
Bei dem Rundgang über das weitläufige Gelände, das von 1934 bis 1936 errichtet wurde, spielte Georg Toporowsky in einem der ehemaligen Schlafsäle Auszüge aus einer Rede Hans Dietels vor, eines Lehrers der so genannten Rassenkunde. Gott habe der Natur das Recht des Stärkeren eingeimpft, so Dietel über laut Naziideologie den neu zu schaffenden “Herrenmenschen”.
“Das ist das absolute Gegenteil christlicher Erziehung”, konstatierte Georg Toporowsky, der auf Vogelsang das Aachener Bistumsprojekt “Kirche im Nationalpark” betreut. Es gehöre zum Christentum, das Schwache und Unvollkommene in sich selbst anzunehmen, so der Referent: “Den Wert bekommt jeder Mensch geschenkt, weil er Ebenbild Gottes ist.” Ausklingen ließ Toporowsky die Führung mit dem Gedicht “Dass Gott in jedem von uns lebt” von Hermann Hesse.
Unter den Besuchern war auch ein Zeitzeuge. Der gebürtige Kölner Karl-Ernst Brandt, Jahrgang 1928, war im September/Oktober 1944 als Hitlerjunge kurz in Vogelsang evakuiert. Die Jugendlichen sollten damals der Bombardierung Kölns entgehen. “Wenn ich heute über Friedhöfe gehe und Soldatengräber sehe, dann denke ich immer »Wer hat euch so belogen?«”, sagt Brandt, der heute im Oberbergischen lebt, und schüttelt den Kopf.

Manfred Lang

28.06.2011