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Uwe Schmitz verzichtet auf sein Amt

Nach Gerichtsurteil beantragt der Erste Beigeordnete der Gemeinde Kall seine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis – Gleichzeitig geht der frühere selbständige Rechtsanwalt und Spitzen-Kreispolitiker in die Berufung – Bewährungsstrafe von einem Jahr und acht Monaten damit ohne Rechtskraft

Kall/Gemünd – Uwe Schmitz, der Erste Beigeordnete der Gemeinde Kall, ist wegen Vorwürfen, die aus seiner Zeit als selbständiger Rechtsanwalt stammen, zu einem Jahr und acht Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden. Noch am Tag der Urteilsverkündung legten seine beiden Verteidiger Berufung ein.

Obwohl das Urteil damit noch keine Rechtskraft erlangt hat, zog Schmitz von sich aus Konsequenzen für seine weitere Tätigkeit in der Kaller Verwaltungsführung. Der Erste Beigeordnete beantragt seine Entlassung als Wahl-Beamter.

Schmitz war am 1. September 2013 für acht Jahre zum Beigeordneten gewählt worden. Bis zum Vollzug seines vorzeitigen Amtsverzichts durch den Kaller Gemeinderat vermutlich zum 30. Juni will Uwe Schmitz wichtige Arbeiten im Rathaus zu Ende bringen oder qualifiziert übergeben.

Das Schöffengericht in Gemünd hatte über Monate eine Vielzahl von Verdachtsfällen verhandelt, in denen Rechtsanwalt Uwe Schmitz treuhänderisch auf seinem Geschäftskonto befindliche Zahlungen an Mandanten verspätet oder (noch) nicht geleistet haben soll. Die Vorwürfe erstrecken sich über einen Zeitraum von vier Jahren seit 2009 und stammen ausnahmslos aus der Zeit, als Uwe Schmitz eine Anwaltssozietät betrieb und gleichzeitig eine Vielzahl politischer und öffentlicher Ämter innehatte.

Nachlässigkeit oder böse Absicht?

Wegen der damit verbundenen Überlastung sei ihm auch keine böse Absicht, sondern allenfalls Nachlässigkeit vorzuwerfen, so plädierten Schmitz‘ Anwälte. Das sah das Schöffengericht unter Vorsitz von Claudia Giesen anders. Nachdem im Laufe der mehrmonatigen Beweisaufnahme eine ganze Reihe von Einzelverfahren gegen Uwe Schmitz eingestellt worden waren, würdigte sie in ihrer Urteilsbegründung schlussendlich 22 verbliebene Einzelfälle als Untreue und Betrug.

Die Staatsanwaltschaft Aachen hatte zwei Jahre Freiheitsstrafe mit Bewährung gefordert. Uwe Schmitz habe eine günstige Sozialprognose, sei noch nie strafrechtlich in Erscheinung getreten und eine Wiederholung erscheine ausgeschlossen.

Erster Beigeordneter Uwe Schmitz (l.) und Bürgermeister Herbert Radermacher. Archivbild: Reiner Züll/pp/Agentur ProfiPress
Erster Beigeordneter Uwe Schmitz (l.) und Bürgermeister Herbert Radermacher. Archivbild: Reiner Züll/pp/Agentur ProfiPress

Ähnlich wurde auch die Bewährungsklausel des Urteils (1 Jahr und acht Monate) von Amtsrichterin Giesen begründet: „Das Gericht ist davon überzeugt, dass der Angeklagte in Zukunft straffrei lebt“. Sie hielt dem Kaller Beigeordneten und früheren hochrangigen Kreispolitiker auch den Medienrummel um sein Privatleben und seine finanziellen Verhältnisse zugute, die Uwe Schmitz sicher treffen und bestrafen würden. Schließlich erkenne das Gericht auch seine im Schlusswort formulierte „Einsicht in fehlerhaftes Verhalten“ an.

Schäden bei Privatleuten sind weitgehend reguliert

Auch lägen die Tatbestände mehr als zwei Jahre zurück und die mutmaßlichen Schäden bei Privatpersonen seien zum überwiegenden Teil inzwischen reguliert und ausgeglichen. Anderseits wertete das Gericht die Vielzahl der Fälle und den Vertrauensmissbrauch als strafverschärfend.

„Bloße Nachlässigkeit scheidet aus“, so Amtsrichterin Claudia Giesen. Uwe Schmitz habe mit eigentlich seinen Mandanten zustehenden Zahlungen aus gewonnenen Prozessen, geschlossenen Vergleichen oder Zuschüssen von Rechtsschutzversicherungen eigene Verbindlichkeiten temporär überbrückt.

Das Geld sei zwar meistens an seine rechtmäßigen Besitzer geflossenen – aber eben mit erheblichen Zeitverzögerungen von bis zu deutlich über einem Jahr. Damit sein laut Urteilsspruch „gewerbsmäßiges Vorgehen“ zur Überbrückung eigener finanzieller Defizite nicht aufgefallen sei, habe Schmitz sich komplexer Täuschungsmanöver bedient.

Seine Anwälte Hagen S. Seipel und Elmar Kirst stuften das Verhalten ihres Kollegen „eher als Schlampigkeit“ angesichts seiner massiven Zeit- und Arbeitsüberlastung in seiner multifunktionalen Lebensphase als Familienvater, freier Rechtsanwalt, Gemeinde- und Kreispolitiker sowie führendes Gremiumsmitglied bei Kreissparkasse und Bürgerstiftung ein. Schmitz seien die Dinge schlichtweg über den Kopf gewachsen. Er habe aber von sich aus Schadensbegrenzung und Ausgleich betrieben.

Einige Dinge, die Schmitz zur Last gelegt würden, spielten sich innerhalb eines durchaus branchenüblichen Rahmens ab, andere seien allerdings nicht zu tolerieren und auch zu bestrafen, so die Verteidigung. Seipel und Kirst baten um ein Urteil unter einem Jahr, damit Uwe Schmitz seinen Arbeitsplatz im Rathaus behalten könne.

Wenn nicht ein Polizeibeamter und eine Parteigenossin „eine Art Privatkrieg“ gegen den Kaller Beigeordneten vom Zaum gebrochen hätten, so Hagen S. Seipel, dann „wäre dieses Verfahren niemals in Gang gekommen“.

Bitte um ein nicht die Existenz vernichtendes Urteil

Uwe Schmitz bat um ein „nicht existenzvernichtendes und gerechtes Urteil“. Ein Berufsverbot erließ das Gericht tatsächlich nicht gegen den Kaller Juristen, aber die Staatsanwaltschaft erklärte seine Wiederzulassung als Anwalt gleichzeitig als „äußerst unwahrscheinlich“, weil Uwe Schmitz seine Zulassung vor seiner Wahl zum Beigeordneten freiwillig abgegeben hatte. Und mit einem Urteil über einem Jahr – sollte es denn rechtskräftig werden – wäre Uwe Schmitz auch als Erster Beigeordneter auf Dauer nicht zu halten gewesen. „Damit kann er das nicht mehr tun, was er jetzt tut, und er kann nicht dahin zurück, was er vorher getan hat“, so die Verteidigung.

Uwe Schmitz selbst kam gestern allen diesbezüglichen Überlegungen und Spekulationen zuvor und beantragte seine Entlassung als Erster Beigeordneter. Er wolle einen klaren Schnitt ziehen, und sich Arbeit in einem anderen Bereich suchen, damit die Existenz der Familie gesichert bleibt.

Der Kaller Bürgermeister Herbert Radermacher akzeptierte die Bitte von Uwe Schmitz auf Entlassung aus dem Beamtenverhältnis. Der Gemeinderat werde darüber in seiner Sitzung am 23. Juni befinden und vermutlich dem Ausscheiden des bis dahin amtierenden Ersten Beigeordneten zum Monatsende zustimmen.

Rademacher selbst betonte, dass sich sämtliche Schmitz zur Last gelegten Vorwürfe ausnahmslos auf die Zeit vor seiner Wahl zum Kaller Beigeordneten beziehen. Im Kaller Rathaus habe Schmitz „anerkannt gute Arbeit geleistet.“ Das Verhältnis zwischen ihm und seinem Stellvertreter bezeichnete der Bürgermeister als sehr gut. Insofern bedaure er natürlich das Ausscheiden von Uwe Schmitz, andererseits habe er großes Verständnis für dessen Haltung.

pp/Agentur ProfiPress

 

Die persönliche Erklärung von Uwe Schmitz im Wortlaut:

Das Urteil, in dem gegen mich eingeleiteten Strafverfahren ist nicht rechtskräftig, da Berufung eingelegt wurde. Nach unseren rechtsstaatlichen Grundsätzen gilt daher weiterhin die Unschuldsvermutung. Beamtenrechtlich hat der Dienstherr derzeit keine Handhabe.

Gerne würde ich meine Arbeit als Beigeordneter der Gemeinde Kall fortsetzen, zumal viele Projekte sich in Arbeit befinden, deren Verwirklichung mir ein Herzensanliegen ist. Zudem haben die gegen mich erhobenen Vorwürfe rein gar nichts mit meiner jetzigen Tätigkeit als Beigeordneter der Gemeinde Kall zu tun.

Nach reiflicher Überlegung und trotz anderslautender Ratschläge habe ich mich aber dazu entschlossen, meine Entlassung als Beigeordneter und gleichzeitig aus dem Wahlbeamtenverhältnis zum 30.06.2015 zu beantragen.

Ich bedanke mich ausdrücklich bei Bürgermeister Herbert Radermacher für die gute Zusammenarbeit in den vergangenen beiden Jahren und insbesondere für das kollegiale, vertrauensvolle und freundschaftliche Verhältnis.

Gleicher Dank gilt auch allen Mitarbeitern. Auch die Zusammenarbeit mit allen Fraktionen war gut und auch hierfür gilt es Dank zu sagen. Viele Menschen – Kollegen, Ratsvertreter und Bürger – haben meiner Familie und mir in den letzten Monaten, die für uns physisch und psychisch belastend waren, Mut, Trost und Hilfe zuteilwerden lassen. Hierfür danke ich ganz besonders.