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Über 10000 Grafiken gesichtet

“Eiserne Bibeln”
im Freilichtmuseum
Altes und Neues Testament in Metall – Eifeler schrieb ein Buch über religiöse Motive auf rheinischen Takenplatten – Buchvorstellung fand im “Haus Kessenich” in der Baugruppe Eifel des Rheinischen Freilichtmuseums in Kommern statt
Kommern/Eifel – Die Eifel war eine der bedeutendsten Schmieden für Takenplatten. Aber auch im Siegerland und im Bergischen verstand man etwas von der Herstellung jener gusseisernen Mettallplatten, mit denen ehedem die Heizenergie von der zentralen offenen Feuerstelle des Hauses in benachbarte Räume übertragen wurde.
Takenplatten waren aber nicht nur Nutz-, sondern auch Schmuckgegenstände. Der Kaller Dr. Jacob W. Flosdorff, der sich in der Eifel als “Takendoktor” einen Namen gemacht hat, bezeichnete sie einst als “gusseisernen Haussegen”. Denn die Platten trugen außer Wappen und schöner Ornamentik oft religiöse Motive. Auf den Taken- und Ofenplatten, die im Schleidener Tal zwischen dem 15. und dem 19. Jahrhundert hergestellt wurden, finden sich Szenen von Paradies und Sündenfall, aber auch biblische Geschichten um Samson, König David, Ruth, Judith und Esther.
Das Neue Testament wurde ebenfalls auf den Bildern thematisiert – vom Stammbaum Jesu, über Taufe im Jordan, Hochzeit zu Kana, Abendmahl, Auferstehung, Emmausjünger-Begegnung und Himmelfahrt bis zu den sieben Engeln mit den Schalen des Zornes aus der Apokalypse. Jesu Gleichnisse vom barmherzigen Samariter, den klugen Jungfrauen und dem verlorenen Sohn sind ebenfalls beliebte Abbildungen auf den “gusseisernen Haussegen”.
Nachlesen und vor allem anschauen kann man die mannigfachen Darstellungen auf rheinischen Ofen- und Takenplatten jetzt in einem neuen Buch des Aachener Helios-Verlages. “Die Eiserne Bibel” ist der Titel, Autor Wolfgang Herskamp (67) aus Schleiden-Olef. Vorgestellt wurde das 270-seitige Werk mit zahlreichen Abbildungen jetzt im Rheinischen Freilichtmuseum in Kommern. Und zwar von Autor Herskamp, seiner Ehefrau Gisela und Verleger Karl-Heinz Pröhuber in der Stube und am Kaminfeuer des “Hauses aus Kessenich” in der Baugruppe Eifel.
Herskamp begann 1997, sich für Takenplatten zu interessieren, als eine freie Fläche am Haus, an der ein Postschild mit dem Bundesadler angebracht war, ausgefüllt werden musste. Man nahm eine Takenplatte mit der Darstellung eines biblischen Motivs: der Opferung Isaaks. Doch damit wusste der Jurist Herskamp zunächst nicht viel anzufangen. “Juristen gehen den Dingen bekanntlich auf den Grund, und so begann ich zu suchen und stieß unter anderem schnell auf Veröffentlichungen des verstorbenen Kaller ,Takendoktors’ Jakob Flosdorff”, so wird der Autor von Michael Hamacher in der “Kölnischen Rundschau” zitiert.
Herskamp fand heraus, dass es an einer vollständigen Erfassung der Vorlagen für Platten mit Bibelszenen ebenso fehlt wie an eindeutiger Zuordnung. Er wälzte Sammelbände eines New Yorker Verlages mit Grafiken deutscher und niederländischer Künstler. Herskamp: “Im Laufe von fünf Jahren dürften es 10 000 Grafiken gewesen sein, die ich mit den Bibelplatten verglichen habe.”
In seinem Werk hat Herskamp vornehmlich im Rheinland gefundene Platten erstmals zu einer Bilderbibel zusammengestellt. Die abgebildeten Platten stammen überwiegend aus der Eifel und den umliegenden in- und ausländischen Regionen. Die Bilderbibel, die illustrierten Bibeln des 16. und 17. Jahrhunderts ähnlich ist, darf als etwas Besonderes gelten, da sie den grafischen Bildern eine Abbildung der Takenplatten gegenüberstellt.
Das erlaubt dem Betrachter zu beurteilen, inwieweit die Grafik im Plattenrelief umgesetzt ist. Herskamp vermag es, mit 246 Abbildungen bekannte und vergessene biblische Erzählungen und ihre religiösen Aspekte dem Leser anschaulich nahe zu bringen. Mehr noch: Sie ist ein Abriss der Geschichte des Alten und Neuen Testaments, für volkskundlich Interessierte liefert sie ein Genrebild des 15. und 16. Jahrhunderts.
ml/pp/Agentur ProfiPress

Manfred Lang

30.05.2007