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Trotz Bauchweh akzeptiert

Sind Lefebrve-Benediktiner
verfassungstreu?
Trotz heftiger Bauchschmerzen in fast allen Parteien genehmigte der Monschauer Stadtrat abschließend die Ansiedlung einer auf den exkommunizierten früheren französischen Erzbischof Marcel Lefebvre zurückgehenden Organisation auf Gut Reichenstein
Von Manfred Lang
Monschau – “Ich möchte nicht, dass unsere Kinder unter den Einfluss von Pastören geraten, die dem Volk bei der Messe wieder den Rücken zudrehen und die Frauen am liebsten aus der Kirche verbannen würden”, sagte der Ratsherr Erwin Jansen vergangene Woche im Monschauer Stadtrat. Das Gremium hatte über einen Bauantrag für das ehemalige Kloster Reichenstein zu entscheiden, in dem sich Benediktiner der von der katholischen Kirchen getrennten Piusbruderschaft niederlassen wollen.
Im Bauausschuss der Stadt Monschau hatten sich vor einigen Monaten lediglich zwei Sozialdemokraten gegen den Bauantrag ausgesprochen – diesmal gab es acht Gegenstimmen. Aber die absolute Mehrheit des CDU-dominierten Stadtrats genehmigte die Umwandlung von Gut Reichenstein in ein Kloster der auf den exkommunizierten früheren französischen Erzbischof Marcel Lefebvre zurückgehenden Organisation.
Damit steht der Wiederbesiedlung der früheren Prämonstratenser-Niederlassung im Hohen Venn durch Mönche aus dem französischen Traditionalisten-Standort Bellague theoretisch nichts mehr im Wege.
Das grüne Licht der Monschauer Stadtväter für die Traditionalisten erkläre sich keineswegs aus religiöser Überzeugung oder Sympathie für die extrem konservativen und konzilsfeindlichen Traditionalisten, betonten Politiker von CDU und FDP. Im Bauausschuss hatten außer ihnen auch die Vertreter von Bündnis 90/Die Grünen noch dargelegt, dass das grundgesetzlich verankerte Recht auf Religionsfreiheit es einer Kommune geradezu verbiete, “einen Bauantrag nicht zu genehmigen, weil uns die Religionszugehörigkeit des Antragstellers nicht passt”. So hatte es der Grünen-Ratsherr und engagierte Katholik Werner Krickel im Gespräch mit der KirchenZeitung formuliert.
Inzwischen hat Krickel seine Meinung allerdings geändert – und nicht nur er: Im Monschauer Stadtrat stimmten am 11. Januar Krickel, sein Fraktionskollege Michael Schreiber und sechs weitere Ratsvertreter gegen die Baugenehmigung für die Lefebvre-Benediktiner. Diese Politiker von SPD und Grünen wollten erst verfassungsrechtliche Bedenken gegen die auf Reichenstein ansiedlungswillige Gruppierung untersucht – und ausgeräumt wissen, ehe sie ihre Zustimmung gäben.
Werner Krickel hatte zwischen Bauausschuss und Ratssitzung Hinweise erhalten und Zitate herausgefunden, die ihm “klarmachten, dass Ziele und Aussagen der Piusbruderschaft zum Teil mit unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung nicht in Übereinstimmung stehen.” Er wollte von der Verwaltung wissen, “ob der Verfassungsschutz diese Organisation beobachtet” und ob es bei den entsprechenden Behörden Hinweise auf deren Verfassungstreue gebe.
Bürgermeister Theo Steinröx antwortete Krickel zwar, “der Stadt” lägen keine derartigen Hinweise vor. Aber das war dem Oppositionspolitiker zu wenig – Krickel verlangte Erkundigungen bei den dafür zuständigen Stellen.
Der CDU-Ratsherr und Parteivorsitzende Alexander Lenders sagte während der Ratsdebatte, er teile Werner Krickels “theologische Bedenken” gegen die Piusbruderschaft und ihre Untergruppierung “voll und ganz”: “Ich werde auch ganz bestimmt nicht dahin gehen.” Aber im Ergebnis sei die CDU nach wie vor der Überzeugung, dass die Religionsfreiheit ein unbedingtes Ja zum Bauantrag verlange. Selbst dann, so Lenders, wenn die auf Reichenstein ansiedlungswillige Organisation ihrerseits gegen die Religionsfreiheit eintrete.
Roland Thimm (Bürgerforum 21) sagte im Rat, er teile “die ethischen und moralischen Bedenken”, aber es sei nicht “unsere Aufgabe, eine Ansiedlung zu verhindern. Das wäre Aufgabe des Eigentümers von Gut Reichenstein gewesen!”
Der CDU-Mann Dieter Franken zog als theoretische Parallele den Bauantrag für eine Moschee heran, über die man sich im Stadtrat auch ernsthaft unterhalten müsse, wenn Muslime eine solche auf Gut Reichenstein einrichten wollten.
Der SPD-Ratsherr Erwin Jansen hingegen zog einen ganz anderen Vergleich: “Wenn die rechtsextreme NPD, die ja ebenfalls offiziell nicht als verfassungsfeindlich eingestuft wird, auf Gut Reichenstein ein Schulungszentrum einrichten wollte, dann hätte die CDU ganz anders reagiert.” Ebenso, so der Grünen-Ratsherr Michael Schreiber, wenn sich die Scientology-Church für Reichenstein interessiert hätte.
Am Ende lehnten acht Ratsvertreter von SPD und Bündnisgrünen den Bauantrag der Traditionalisten ab – die Mehrheit von CDU, FDP und Bürgerforum sanktionierte die Ansiedlungspläne der Lefebrve-Organisation in der ehemaligen Prämonstratenser-Abtei.
Im vorausgegangenen Verfahren zur Beteiligung Träger öffentlicher Belange waren nicht nur verfassungsrechtliche Bedenken aus der Bevölkerung vorgebracht worden. Auch der Aachener Bischof Dr. Heinrich Mussinghoff hatte sich klar und vernehmlich gegen die Ansiedlung der konzilsfeindlichen und von der katholischen Kirche getrennten Organisation ausgesprochen.
Sie würden Verunsicherung und Streit in die Region, insbesondere in die christlichen Gemeinden tragen. Die Stadtverwaltung hatte die ernsten Sorgen des Bischofs mit der Bemerkung abgetan, sie seien “rein religiöser Natur” und “deshalb nicht abwägungsrelevant”.

Manfred Lang

29.01.2007