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“St . Mokka” ist kein Heiliger

“St . Mokka” ist kein Eifelheiliger
Pfarre St. Hubertus in Nideggen-Schmidt bekennt sich zur nicht ganz legalen Vergangenheit – Gotteshaus mit Kaffeeschmuggel finanziert
Von Manfred Lang
Schmidt/Region Düren – Im Volksmund heißt die Pfarrkirche St. Hubertus in Schmidt (Stadt Nideggen) sonderbarer Weise “St. Mokka”. Das ist nicht etwa ein ausgefallener Eifelheiliger, sondern eine Anspielung auf den Kaffeeschmuggel nach dem Zweiten Weltkrieg. Mit der nicht ganz legalen Tätigkeit, Kaffee von hüben nach drüben der deutsch-belgischen Grenze zu schaffen, hatten sich die Schmidter eine relativ lukrative Nebeneinnahmenquelle erschlossen.
Und diese so erworbenen Finanzen steckten sie nicht nur in den Wiederaufbau ihres kriegszerstörten Dorfes – sondern eben auch in den 1950 eingeweihten Neubau der Pfarrkirche St. Hubertus.
Pate bei der Namensgebung “St. Mokka” für diese Hubertus-Kirche stand übrigens kein geringerer als der Aachener Bischof Johannes Joseph van der Velden. Er griff das unter Insidern bereits hinter vorgehaltener Hand benutzte Schlagwort öffentlich auf. Der Name “St. Mokka” wurde in Venn und Eifel ebenso bekannt wie in Köln das “Fringsen”, ein Tätigkeitswort für den kleinen Mundraub zur Sicherung des eigenen Überlebens, das auf den Kölner Erzbischof Joseph Kardinal Frings zurückgeht.
Selbstbewusst haben die Pfarrangehörigen von Schmidt den Titel “Sankt Mokka” jetzt groß raus gebracht – und zwar auf einer Namenstafel vor ihrer Pfarrkirche. Gleichzeitig gaben sie unter Federführung ihres Rendanten Konrad Schöller einen “alternativen Kirchenführer” heraus, in dem man nicht nur die tragische Historie der über Schmidt hereinbrechenden Ardennenoffensive nachlesen kann.
Da ist auch von den Nachkriegs-Kaffeeschmugglern die Rede, für die Pfarrer Josef Bayer immer besonders intensiv zu beten pflegte. Er nannte sie “die noch nicht heimgekehrten Arbeiter” – und jeder wusste, wer gemeint war. Eines Tages mahnte Bayer die selbst ernannten Im- und Exportkaufleute: “Ich bete Nacht für Nacht dafür, dass Ihr nicht erwischt werdet, und Ihr habt nichts für den Wiederaufbau der Kirche übrig.”
Das saß: Fortan zweigten die Kaffeetransporteure aus ihren Erlösen soviel ab, dass die Pfarrkirche St. Huberts 1950 wieder errichtet werden konnte.
An die schlechten, aber solidarischen Zeiten, so Rendant Schöller, knüpfe die Gemeinde auch heute wieder an. Man hat in alternative Heizsysteme, Sonnenenergie und Holz-Pellets investiert, und man gibt so genannte “Mokka-Bons” an Spender heraus, die die Kirche auch in schwierigen Zeiten finanziell weiterleben lassen. Wer Mokka-Bons erwirbt, und darauf sind die Schmidter stolz, erhält vom Finanzamt sogar eine steuerabzugsfähige Spendenbescheinigung. Womit bewiesen wäre, so Konrad Schöller, der Verfasser des “alternativen Kirchenführers”, dass der Kontakt zu den staatlichen Steuerbehörden seit den längst verjährten Schmugglertaten nie abgerissen sind.

Manfred Lang

29.05.2006