Aktuelles

ProfiPress

Agentur für Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit, journalistische und redaktionelle Dienstleistungen.

Nachrichten

Schick versöhnt Alte und Junge

Schick versöhnt Alte und Junge
Sommerfeten junger Leute auf Mechernicher Plätzen ärgerten Senioren – Nach Belästigungen und Selbstjustiz lud der Bürgermeister jetzt zur Schlichtungsrunde – Senioren wollen Jugendlichen Taschengeldjobs geben – Junge Leute bauen für ihre Feiern Gartenlaube außerhalb der City
Mechernich – Friede, Freude, Eierkuchen herrschen zurzeit nicht gerade auf Mechernichs Plätzen. Und zwar, weil dort vornehmlich Angehörige jüngerer Semester sich sommers zum Trinken, Lärmen, Fußballspielen und heftigen Schmusen treffen. Es hagelt Beschwerden von Anliegern und Passanten, die sich belästigt fühlen. Die Stadt musste reagieren.
Per Satzung wurde das Alkoholtrinken auf Brunnen-, Markt-, Nyonsplatz und anderen öffentlichen Plätzen ordnungsbehördlich verboten. Mit der Einhaltung des Verbots haben die “Sheriffs” des Ordnungsamtes und die Bezirksbeamten der Polizei jedoch ihre Schwierigkeiten. Die jungen Protagonisten füllen ihr Bier mittlerweile in unverdächtige Colaflaschen um oder mischen Hochprozentiges in an sich völlig harmlose Flüssigkeiten. Außerdem sinkt der Lärmpegel, wenn Ordnungskräfte auf der Bildfläche erscheinen – und schwillt rasch wieder an, wenn die Beamten um die Ecke gebogen sind.
Fassadenkletterer holen
Fußball vom Balkon
Besonders zu leiden haben die Senioren des “Betreuten Wohnens” der Kreiskrankenhaus Mechernich GmbH, das in einem modernen schmucken kombinierten Wohn- und Geschäftshaus mitten in der neuen City untergebracht ist. Dieses Haus ist ringsum von Plätzen umgeben, auf denen sich verschiedene Mechernicher Cliquen auch zu später Stunde aufhalten.
Nicht allein der Krach, den sie dabei zu verursachen pflegen, und heftige Zärtlichkeiten unter den Jugendlichen stören den abendlichen Frieden der Senioren. Mitunter fühlen sie sich regelrecht belästigt und bedroht, wenn zum Beispiel junge Männer an der Dachrinne hochklettern, um einen auf den Balkon geschossenen Fußball wieder runterzuholen.
Eine resolute alte Dame griff jetzt nach eigenen Angaben wiederholt zur Selbsthilfe und bewarf die jungen Leute unten auf den Plätzen mit Tomaten und anderer Wurfgeschossen. Außerdem führte sie heftig Klage in den Medien. Gegen diese Behandlung begehrten ihrerseits die jungen Leute auf. Mechernichs Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick sah sich höchstpersönlich in der Verpflichtung, als Schlichter einzugreifen.
Er lud unlängst zum Krisen- und Versöhnungsgipfel in den Aufenthaltsraum des “Betreuten Wohnens”. Nicht nur die Senioren und Polizeioberkommissar Alfred Trenz erschienen, sondern auch eine Gruppe Jugendlicher und junger Männer, die sich betont an konstruktiver Problemlösung interessiert zeigte. Am Ende beschloss man, den jungen Männern Platz und Baumaterial zur Verfügung zu stellen, damit sie in Eigenleistung an unproblematischer Stelle abseits der City eine Hütte als gemeinsamen Treffpunkt errichten können.
Jungen wollen andere
Cliquen überzeugen
Die Gruppe, die in Mechernich für Frieden sorgen will, sieht sich selbst dazu in der Lage, auch die anderen Cliquen “zu überzeugen”, auf den neuen Treffpunkt auszuweichen. Das jedenfalls versprachen sie Ordnungsamtschef Peter Kern und Oberkommissar Trenz in die Hand.
Und die Senioren waren auch nicht unversöhnlich. Ganz im Gegenteil: Sie wollen überlegen, wo sie den jungen Leuten gelegentlich kleine Jobs im Haushalt oder bei Besorgungen auftragen können. Das soll das Klima zwischen den Generationen verbessern – und etwas mehr Taschengeld in die Hände derjenigen bringen, für die das Feiern auf offener Szene mit Getränken aus dem Supermarkt die einzige finanziell gangbare Variante ist. Bürgermeister Hans-Peter Schick konnte mit dem Ergebnis der von ihm geführten “Friedensverhandlungen” wirklich zufrieden sein.

Denn das Problem der “Sommerfeiern” unter freiem Himmel mitten in der City ist in Mechernich nicht neu. “Wir kämpfen jedes Jahr gegen diese Auswüchse des Sommers”, sagte Peter Kern, Teamleiter Ordnungswesen der Stadt Mechernich, der Agentur ProfiPress. Eigentlich müssten Sozialarbeiter als Streetworker eingesetzt werden, aber das zuständige Kreis-Jugendamt sei ständig überlastet. Johannes Schnichels, der Fachbereichsleiter für das Ordnungsamt, betonte, dass die Trink- und Feiergruppen saisonal nur im Sommer auftauchen. Um sie und die mit ihnen verbundenen Probleme einzudämmen, habe man zum 1. Mai eine Alkoholsatzung erlassen.
Sie verbietet das öffentliche Trinken von Alkohol auf bestimmten Plätzen und gibt somit dem Ordnungsamt die Möglichkeit, im Bedarfsfall einzuschreiten und Platzverweise zu erteilen. Regelmäßig ziehen speziell geschulte Mitarbeiter des Mechernicher Ordnungsamtes aus, um für Sicherheit und Ordnung zu sorgen. Mehrfach wurden Bußgelder verhängt, auch zwei Strafanzeigen gab es schon, wie Johannes Schnichels berichtet. Die Gewerbetreibenden am Markt hätten auch berichtet, dass es durch die Ordnungsamt-Einsätze wesentlich ruhiger geworden sei.
“Sheriffs” können nicht 24
Stunden vor Ort bleiben
Gleichwohl gab es auch in jüngster Vergangenheit am Mechernicher Markt Klagen über nächtliche Ruhestörungen – auch wenn Anwohner die Mitarbeiter des Ordnungsamtes ausdrücklich für ihren Einsatz lobten. Peter Kern: “Aber wir können natürlich nicht 24 Stunden am Tag im Einsatz sein. Außerdem fehlt uns die Organisation im Hintergrund – uns kommen keine drei Streifenwagen zur Hilfe.”
Kern: “Es sind immer neue Jugendliche, die gewissermaßen ihren ersten Sommer draußen erleben und teilweise ihre Grenzen nicht kennen. Dazu kommen ein paar Altbekannte.” Wie erfolgreich in solchen Fällen Sozialarbeit sein könne, habe das Mechernicher Integrationsprojekt mit der Caritas-Streetworkerin Helena Schneider im Umkreis russischsprachiger Zuwanderer gezeigt.
Bürgermeister Schick: “Natürlich kann man als Bewohner des Zentralortes nicht erwarten, dass man ländliche Ruhe bekommt – dafür genießt man im Kernort eine hervorragende Infrastruktur. Aber bestimmte Regeln sind im Miteinander natürlich wichtig.”
pp/Agentur ProfiPress

Manfred Lang

21.09.2009