Aktuelles

ProfiPress

Agentur für Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit, journalistische und redaktionelle Dienstleistungen.

Nachrichten

Professor Schumacher geht in den (Un)Ruhestand

Professor Schumacher geht in den (Un)Ruhestand
Nach 43 Jahren im öffentlichen Dienst wird Professor Dr. Wolfgang Schumacher am 16. April in der Landwirtschaftlichen Fakultät der Universität Bonn emeritiert – Als Naturschutzexperte wird er weiterhin an zahlreichen Projekten mitarbeiten
VON MICHAEL THALKEN
Mechernich-Antweiler – Wenn man die Entwicklung des Naturschutzes im Kreis Euskirchen seit Beginn der 1970er Jahre betrachtet, dann kommt man an einem Mann nicht vorbei: Niemand hat den Kreisbürgern so sehr das Bewusstsein für die Notwendigkeit des Erhalts von seltener Flora und Fauna geschärft wie der Geobotaniker Professor Dr. Wolfgang Schumacher aus Antweiler. Allein die Presseartikel, die über ihn im Kreis Euskirchen erschienen sind, füllen drei dicke Aktenordner. Dank seiner jahrzehntelangen Aufklärungsbemühungen wissen die meisten Menschen heute, dass Narzissen und Orchideen nicht nur im Gartenfachmarkt zu haben sind, sondern dass man sie in ihren ursprünglichen Formen in vielen Orten in der Eifel finden kann und dass sie ein Naturerbe sind, das es ebenso zu schützen gilt wie kulturhistorisch bedeutsame Bauwerke.
Mehr noch: Wenn in wenige Tagen in Bonn auf einer Pressekonferenz bekanntgegeben wird, dass die Eifelregion in den Kreisen Euskirchen, Düren, Aachen als einzige das 2010-Ziel der Europäischen Union, den Stopp des Rückgangs der Artenvielfalt, nicht nur erreicht, sondern auch deutlich übertroffen hat, weil sich hier sogar neue Arten angesiedelt haben, dann wäre auch dies ohne die umtriebige Arbeit von Wolfgang Schumacher wohl kaum denkbar.
In dem 1944 in Antweiler geborenen Naturexperten finden zwei Talente zusammen, die man normalerweise nur einzeln antrifft: Die Freude an der wissenschaftlichen Arbeit und die Fähigkeit, deren Ergebnisse auch verständlich vermitteln zu können. “Der Schumacher kann mit den Bauern reden. Er überzeugt uns sogar von den Dingen, von denen wir gar nicht überzeugt werden wollen”, sagte einmal Friedhelm Decker, der Präsident des Rheinischen Landwirtschaftsverbandes.
In der Tat hat Schumacher sehr früh begriffen, dass in einer landwirtschaftlich strukturierten Region wie der Eifel Naturschutz nur erfolgreich praktiziert werden kann, wenn man die Landwirte mit ins Boot holt. “Wenn man glaubt, man könnte als Einzelkämpfer Naturschutz betreiben, dann ist das ein Riesenirrtum”, erzählt Schumacher im Gespräch mit dem “Kölner Stadt-Anzeiger”.
Sein Interesse für die Natur hat der Antweiler in der Kindheit durch seine Lehrer vermittelt bekommen. Dies ist wohl auch der Grund dafür, dass er selbst nach wie vor der Meinung ist, dass Schule Spaß machen und die Kinder motivieren muss, selber etwas zu lernen. “Lehrer zu sein, das ist ein ganz besonderer Beruf”, so Schumacher. Nach Abitur und Lehramtsstudium trat Schumacher im Januar 1967 zunächst selbst als Lehrer, genauer als Volksschullehrer, in Marmagen seinen Dienst an. Diese Zeit bezeichnet er heute noch als “spannend” und – auch das ist typisch Schumacher – zu zahlreichen seiner ehemaligen Schüler pflegt er noch heute Kontakt.
Dennoch fand Schumacher immer mehr Geschmack am Wissenschaftsbetrieb, so dass er von 1970 bis 1975 Biologie an der Bonner Universität studierte und mit dem ersten Staatsexamen abschloss. 1976 promovierte er mit einer vegetationskundlichen Dissertation zum “Dr. rer. nat.”und war sodann bis 1985 Wissenschaftlicher Assistent und Akademischer Rat im Biologie-Seminar der Pädagogischen Fakultät. 1983 habilitierte er, 1985 wurde er zum Professor für Geobotanik und Naturschutz in der landwirtschaftlichen Fakultät der Universität Bonn berufen. Von 1999 bis 2002 war er Abteilungsleiter für Landwirtschaft, Gartenbau und Ländlichen Raum im Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes NRW. Und seit 2002 leitet er wieder die Abteilung Geobotanik an der Uni Bonn.
Sein Einsatz für den Naturschutz in der Eifel fing bereits während seiner Zeit als Volksschullehrer in Marmagen an. “1968/69 machte ich dort mit meinen Schülern die erste Ausstellung zum Thema Natur und Landschaftsschutz im Kreis Schleiden”, erinnert er sich. Man habe gemeinsam Müll gesammelt und sich gegen das Spritzen der Straßenränder ausgesprochen. “Damals wurden allüberall noch Herbizide ausgebracht”, erinnert sich Schumacher. Schon damals ermutigte er seine Schüler, sich persönlich für den Naturschutz einzusetzen. Doch eine regelrechte “Wellenbewegung” für den Naturschutz sei dann erst das Jahr 1970 gewesen, als im Kreis das “1. Europäische Naturschutzjahr” ausgerufen wurde. In Aachen gründete man damals eine von Hubert Schmitt-Degenhardt, dem damaligen Aachener Regierungspräsidenten, initiierte Interessengemeinschaft Biologischer Umweltschutz. Dieses Modell übernahm Schumacher für den Kreis Schleiden (später Euskirchen) und stellte eine gleichnamige AG auf die Beine, die Keimzelle des heutigen KNU, (Kreisverband Natur- und Umweltschutz) dessen Gründungsversammlung 1971 in Marmagen stattfand. Der erste Vorsitzende war Armin Schmidt, später Lehrer am Gymnasium Am Turmhof in Mechernich; Schumacher avancierte zum stellvertretenden Naturschutzbeauftragten. “Hier hatte ich schon sehr früh Kontakt zu den Gemeinden und kam sehr schnell zu der Überzeugung, dass sich Naturschutz vor allem auf der kommunalen Ebene abspielt”, so der heute 66-Jährige.
Ab 1976 wurde Schumacher Vorsitzender des Landschaftsbeirates im Kreis Euskirchen. Diesen Posten hatte er 18 Jahre lang inne. “Damals befand sich die Untere Landschaftsbehörde des Kreises gerade erst im Aufbau, und der Beirat genoss eine starke Stellung”, berichtet er. Unter der Ägide von Schumacher initiierte der Landschaftsbeirat zahlreiche Pilotprojekte. Das erfolgreichste war sicherlich “Landwirte pflegen Biotope”. “Für dieses Projekt hatten wir in den besten Jahren eine Millionen DM zur Verfügung”, erinnert er sich. Der Landschaftsbeirat war auch maßgeblich am Aufbau der Biologischen Station beteiligt. “Diese Einrichtung kümmerte sich schließlich professionell und dauerhaft um die Projekte wie beispielsweise meinem Lieblingsprojekt, dem Vertragsnaturschutz”, so Schumacher. Am Anfang sei es allerdings nicht leicht gewesen, die Landwirte von diesem Projekt zu überzeugen. In der Spitze hätten dann kreisweit aber über 200 Landwirte mitgemacht, die man habe überzeugen können, nicht zuletzt natürlich auch aufgrund der finanziellen Entschädigungen.
Der Abschied von der Uni falle ihm einerseits leicht, sagt er: “Man ist an der Universität mehr und mehr Zwängen wie Terminen, Klausuren und Sitzungen ausgesetzt.” Er freue sich, dass er nach der Emeritierung mehr Zeit für den Vorsitz der NRW-Stiftung “Natur, Heimat und Kultur” habe. Dennoch sei der Abschied auch ein wenig schmerzlich, da er den Kontakt zu seinen Studenten sehr vermissen werde. Der Übergang wird allerdings fließend sein. Zwei Jahre lang wird Schumacher noch begonnene Doktorarbeiten betreuen und – weil das Personal knapp ist – Vorlesungen an der Uni anbieten.
Überregional wurde Professor Schumacher vor allem für seinen Einsatz bezüglich der Narzissenwiesen am Perlbach, im Fuhrtsbachtal und im Oleftal bekannt. 1979 feierte er dort das erste Narzissenfest mit Loki Schmidt, der Gattin des damaligen Bundeskanzlers Helmut Schmidt. “In diesem Jahr feiern wir dieses Fest zum 30. Mal”, freut sich Schumacher, der sich darüber hinaus intensiv für den Erhalt der Wacholderhänge bei Alendorf oder die Orchideengebiete in der Sistiger/Krekeler Heide und im Seidenbachtal bei Blankenheimer Dorf einsetzte. Viele dieser Projekte konnten nicht zuletzt durch den Ankauf von Flächen durch die NRW-Stiftung realisiert werden, die heute in der Eifelregion über 500 Hektar und landesweit über 5000 Hektar verfügt.
Professor Wolfgang Schumacher ist verheiratet, hat zwei Kinder und drei Enkelinder. Fragt man ihn, welche Pflanze er selbst am liebsten mag, dann fällt ihm die Antwort schwer. Der Rittersporn, so erfährt man aber dann, gehört auf jeden Fall dazu, die Kuhschelle und das Purpurknabenkraut. Bei den Schmetterlingen haben es ihm besonders die Bläulinge angetan und unter den Bäumen der Speierling, dessen größtes Vorkommen er in NRW mit über 150 Bäumen im Eschweiler Tal entdeckte.
Die offizielle Emeritierungsfeier findet am 16. April in der Landwirtschaftlichen Fakultät der Universität Bonn statt. Es werden allein 150 ehemalige Studenten erwartet.
Im Kasten:
Forschungsschwerpunkte von Professor Wolfgang Schumacher sind unter anderem Flora und Vegetation des Rheinlandes, die Biodiversität der Kulturlandschaft und Integrative Naturschutzstrategien und -konzepte. Ehrenamtlich ist er seit 1987 Vorstandsmitglied und seit 2005 Vizepräsident der NRW-Stiftung “Natur, Heimat und Kultur”. Von 1994 bis 2003 war er Vorsitzender des Naturhistorischen Vereins der Rheinlande und Westfalens. Seit 2003 ist er darüber hinaus Vorstandsmitglied der Stiftung “Rheinische Kulturlandschaft” und weiterhin Mitglied in zahlreichen naturwissenschaftlichen Vereinen, Gesellschaften, Naturschutzorganisationen und Stiftungen. Er erhielt 1976 den Albert-Steeger-Preis des Landschaftsverbandes Rheinland, 1981 die Silberpflanze der Loki-Schmidt-Stiftung, 1982 den Umweltpreis des Kreises Euskirchen, 1987 das Bundesverdienstkreuz und 2008 die Schmitt-Degenhardt-Medaille des Naturparks Nordeifel. Schumacher veröffentlichte bislang weit über 100 wissenschaftliche Artikel und zahlreiche Fachbücher.
pp/Agentur ProfiPress

Manfred Lang

23.02.2010