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Platt jekallt vür der Kamera

Julius Esser hat im Zülpicher Café Siechhaus zwei Mundart-Urgesteine über den Eifeler Dialekt interviewt – Der kleine Film wird bei der Auftaktveranstaltung von „Mir kalle Platt“ am Samstag, 19. August, gezeigt – Karten gibt es bei der Nordeifel-Tourismus und unter www.ticket-regional.de 

Zülpich/Mechernich – Zwei dunkle Ledersessel stehen vor einer holzvertäfelten Wand. Das Licht einer urigen Stehlampe leuchtet auf einen Chippendale-Tisch mit Wiener Geflecht. Davor hat Helga Hettmer in einem Sessel Platz genommen und sagt: „Komplett Hochdeutsch sprechen kann ich sowieso nicht.“

Im urigen Ambiente des Zülpicher Café Siechhaus interviewte Julius Esser zwei Eifeler Muttersprachler, darunter Udo Esser. Foto: Ronald Larmann/pp/Agentur ProfiPress
Im urigen Ambiente des Zülpicher Café Siechhaus interviewte Julius Esser zwei Eifeler Muttersprachler, darunter Udo Esser. Foto: Ronald Larmann/pp/Agentur ProfiPress

Soll sie auch nicht, denn schließlich möchte Julius Esser vor laufenden Kameras mit ihr über die Sprache der Eifeler sprechen. Der kleine Film, der im Zülpicher Café Siechhaus gedreht wurde, soll nämlich zum Auftakt von „Mir kalle Platt“ gezeigt werden. Mit einer gemischten Show startet das Mundartfestival, das von der VR-Bank Nordeifel als Hauptsponsor unterstützt wird, am Samstag, 19. August, ab 19 Uhr im Nettersheimer Scheunenkino.

Dann tritt Günter Hochgürtel, Gitarrist und Frontmann der Eifelrockband „Wibbelstetz“, ebenso auf wie Diakon und Vortragskünstler Manni Lang. „Und weil wir im Kino sind, wollten wir auch das Element Film mit ins Programm einbauen“, sagt Julius Esser. Daher hat der Zülpicher Dichter, Autor und Poetry-Slammer, der durch die rasant witzige Eifelnacht op Platt führen wird, zwei Originale aus seiner Heimat vor die Kameras geholt, die von Filmemacher Tim Liß bedient wurden.

Platt war verpönt

Neben Helga Hettmer, der gebürtigen Euskirchenerin, die seit 46 Jahren in Niederelvenich lebt, gehört auch Udo Esser, der von Geburt an in Zülpich lebt („außer einem dreijährigen Ausflug nach Sinzenich“), zu den Protagonisten des Gesprächs über die Eifeler Sproch.

Für sie bedeutet der Eifeler Dialekt Heimat: Wortgewandt und mit einem sympathischen Lächeln beantwortete Helga Hettmer die Fragen von Julius Esser. Foto: Ronald Larmann/pp/Agentur ProfiPress

So will Julius Esser zum Beispiel wissen, wie viel Selbstbewusstsein es braucht, um im Alltag Platt zu sprechen. Helga Hettmer antwortet zunächst mit einer Gegenfrage: „Muss man sich dafür schamme?“ Nach einer kurzen, schöpferischen Pause, antwortet die leidenschaftliche Laien-Darstellerin des Theatervereins Lampenfieber, mit einem überzeugten: „Ich definitiv nit!“ Sie steht zu ihrer Muttersprache, wohlweißlich, dass die Zeiten auch schon mal andere waren.

Davon kann Udo Esser berichten, denn seine Mutter habe ihn früher oft ermahnt: „Kall in d’r Schull ja vernünftig.“ Platt zu sprechen, war mitunter verpönt und so kam es zu mehr oder weniger kuriosen Szenen, dass ein Verwandter zunächst platt sprach, um am Telefon mit den Schulkameraden vom Gymnasium hochdeutsch zu reden, um dann in der heimischen Küche wieder in den Dialekt zu wechseln.

Eifeler Lieblingswörter

Doch die Zeiten haben sich geändert. Heute ist die Eifeler Mundart wieder angesagt. „Für mich ist die Sproch Heimat“, stellt Helga Hettmer im Brustton der Überzeugung fest. Sie freue sich immer darauf, nach dem Urlaub „heim ze kumme und platt ze hüre“. Ihre Lieblingswörter? „Knürschele, Duuves und Läuv“, kommt wie aus der Pistole geschossen. Die Übersetzungen werden im Film natürlich präsentiert…

Hatten viel Spaß beim Filmdreh: Helga Hettmer sowie Julius Esser (v.l.), Udo Esser und Kameramann Tim Liß. Foto: Ronald Larmann/pp/Agentur ProfiPress
Hatten viel Spaß beim Filmdreh: Helga Hettmer sowie Julius Esser (v.l.), Udo Esser und Kameramann Tim Liß. Foto: Ronald Larmann/pp/Agentur ProfiPress

„Jenau die hätt‘ ich auch jesaat. Fehlt nur noch Prummetaat“, muss Udo Esser lächelnd feststellen, als er bei der Frage angekommen ist. Ähnlich fallen auch die Antworten aus, wenn Julius Esser fragt, ob die Eifeler Sprache noch Zukunft hat. „Ich hoffe ja“, sagen beide. Und beide haben die Erfahrung gemacht, dass die jüngeren Generationen zwar alles verstehen, die Eifeler Mundart aber seltener benutzen.

„Kall in d’r Schull ja vernünftig“, wurde Udo Esser häufig von seiner Mutter ermahnt, denn es gab Zeiten, da war Platt sprechen eher verpönt als angesagt. Foto: Ronald Larmann/pp/Agentur ProfiPress

Gerade deshalb braucht es so ein Festival wie „Mir kalle Platt“, das von der Nordeifel Tourismus GmbH organisiert, vom NRW-Ministerium für Kultur und Wissenschaft gefördert und vom Kreise Euskirchen unterstützt wird und das mit ganz unterschiedlichen Veranstaltungen den Eifeler Dialekt zum Hauptdarsteller macht – inklusive vorgelagerten Sprachkursen möt Manni Lang. Denn das Mechernicher Urgestein, wird den Lernwilligen an drei Abenden augenzwinkernd und mit nickelijem Humor diese wunderschöne Mundart näherbringen.

Einen Dialekt, den man sich ganz abstrakt vielleicht auch mal als Person vorstellen könnte. „Aber wie sähe die aus?“, will Julius Esser von seinen Interview-Partnern wissen. Helga Hettmer hält sich nicht lange mit irgendwelchen Beschreibungen auf. Nur eins ist wichtig: „Datt muss alles vun Hätze kumme, dann stimmt alles!“

Die Sproch, ein Original

Udo Esser, der seine Muttersprache jahrelang als Kommandant der Blauen Funken auf den Karnevalsbühnen der Region gelebt hat, stellt sich jemanden vor, der kernig ist, geradeheraus und schon etwas erlebt hat. „So ein richtiges Original, stelle ich mir darunter vor“, sagt der 64-Jährige. Und so ein Original würde bestens in diese Szenerie passen – mit zwei dunklen Ledersesseln vor einer holzvertäfelten Wand und einer alten Stehlampe, die auf einen Chippendale-Tisch mit Wiener Geflecht leuchtet.

„Komplett Hochdeutsch sprechen kann ich sowieso nicht“, sagte Helga Hettmer. Sollte sie auch nicht. Schließlich ging es bei dem Filmprojekt um die Eifeler Mundart. Foto: Ronald Larmann/pp/Agentur ProfiPress
„Komplett Hochdeutsch sprechen kann ich sowieso nicht“, sagte Helga Hettmer. Sollte sie auch nicht. Schließlich ging es bei dem Filmprojekt um die Eifeler Mundart. Foto: Ronald Larmann/pp/Agentur ProfiPress

Wer genau diese Szene sehen möchte, sollte sich noch ein Ticket für die Eröffnungsveranstaltung von „Mir kalle Platt“ sichern. Die Show in der Kinoscheune Nettersheim startet am Samstag, 19. August, ab 19 Uhr und kostet 9 Euro im Vorverkauf – inklusive einem Eifeler Landbier, einem Eifel-Frizz oder Softgetränke und Popcorn. Der Kartenvorverkauf läuft über die Nordeifel Tourismus GmbH, Telefon (02441) 99457-0 oder über www.ticket-regional.de

pp/Agentur ProfiPress