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Notfallkoffer für’s Archiv

Notfallkoffer für’s Archiv
Bei Wasser- oder Feuerschäden: Mechernicher Stadtarchiv verfügt jetzt über “Erste Hilfe”-Koffer für Akten und Unterlagen
Mechernich – Der Brand der Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar am 2. September 2004 oder der Einsturz des Kölner Stadtarchivs am 3. März 2009, bei dem sogar zwei Menschen den Tod fanden: Beide Unglücke eint, dass wertvolle Dokumente, Bücher oder historische Urkunden für immer verloren gingen. Ob Feuer- oder Wasserschaden – Unglücke dieser Art sind vor allem für die Menschen, die in den Archiven arbeiten, der Super-Gau.
Was tun, wenn das Archiv aufgrund eines Wasserrohrbruchs droht, abzusaufen? Was tun, wenn’s brennt? Wie sichere ich Papiere – zumindest notdürftig – nach einem Unglück? Diese Fragen wurden kürzlich bei einem Treffen des Arbeitskreises der Archivare im Kreis Euskirchen (AAKE) im Mechernicher Rathaus erörtert. Neben einer Telefonliste, auf der sich die Nummern aller Mitarbeiter der elf Stadt- und Gemeindearchive im Kreisgebiet befinden, um sich im Notfall untereinander zu verständigen, war man sich einig, auch Notfallkoffer anzuschaffen.
Heike Pütz, Leiterin des Archivs des Kreises Euskirchen, präsentierte jetzt die so genannten Notfallboxen. In den beiden Aluminiumkisten sind die Arbeitsutensilien untergebracht, die Archivare im Notfall benutzen können. In den Koffern finden sich Stoffhandschuhe, Atemschutzmasken gegen Gase oder giftige Dämpfe, Stretchfolie, in der Dokumente wasserdicht verschlossen werden können, Filmoplast-Klebeband, das auf Papier keine Abrissspuren hinterlässt. Dazu kommen diverse Bürsten, Abdeckplanen, ein Overall, Scheren, Messer oder Taschenlampen. 360 Euro kosten beide Kisten. Im Kreis Euskirchen befinden sich nunmehr drei dieser Sets, die im Notfall schnell dorthin transportiert werden können, wo es nötig ist: In Euskirchen, Schleiden und jetzt Mechernich findet sich je ein Set.
Eine gesetzliche Vorgabe, was sich in den Notkoffern befinden muss, gibt es nicht. Dafür aber haben die Archivare Erfahrungswerte gesammelt, über die sie sich untereinander austauschen. So half Heike Pütz zwei Wochen lang bei der Wiederherstellung der Dokumente des eingestürzten Kölner Stadtarchivs aus. “In diesen 14 Tagen habe ich die ganze Bandbreite an Maßnahmen gesehen, um beispielsweise Akten zu schützen”, sagt Heike Pütz. Wer weiß schon, dass Papierunterlagen bei einem Wasserschaden luftdicht verpackt werden müssen und dann in den Gefrierschrank gehören? Nur dann lassen sie sich langfristig erhalten. “Ein Wasserschaden oder Feuer kann passieren. Man darf aber nicht hemdsärmelig reagieren und die Dokumente einfach in eine Kiste werfen. Da ist hinterher mehr kaputt als vorher”, sagt Ralf Claßen, Kämmerer der Stadt Mechernich und Fachbereichsleiter Finanzen und Steuerung.
Beate Meier vom Mechernicher Stadtarchiv verfügt über 2.300 laufende Regalmeter Archivgut. Darunter sind Schätze wie die Personenstandsregister ab 1798 der ehemaligen selbständigen Gemeinden, die heute zu Mechernich gehören. Die Aktenlage der Stadt Mechernich selbst lässt sich bis 1814 zurückverfolgen. Statt im Archivkeller werden die beiden Notfallkoffer im Erdgeschoß Mechernicher Rathaus untergebracht werden, so Beate Meier: “Was nützt es, wenn im Archiv etwas passiert ist, und ich erst dorthin muss, um überhaupt an die Koffer zu kommen?”
Dass Archivare sich in Notfällen durchaus zu helfen wissen, zeigte Rudolf Joisten vom Archiv der Stadt Schleiden. Nach einem Wasserschaden organsierte er zwei Bautrockner, um “sein” Archiv wieder trocken zu bekommen. Den Gefrierschrank, in dem die fachmännisch in Folien eingeschlagenen Dokumente ruhen, hatte Joisten ebenfalls kurzfristig besorgt. “Der hat das auf Eifeler Art erledigt”, meint Ralf Claßen anerkennend.
pp/Agentur ProfiPress

Manfred Lang

07.10.2011