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Kein Engpass beim Wegfall der “Zivis”

Kein Engpass beim Wegfall der “Zivis”
Welche Auswirkungen wird die Abschaffung der Wehrpflicht und damit auch des Ersatzdienstes in der Stadt Mechernich und im Kreis Euskirchen haben? Beim Roten Kreuz im Kreis Euskirchen setzt man auf den neuen Freiwilligendienst, bei dem nicht nur junge Leute, sondern auch Rentner gefragt sind
Kreis Euskirchen – Den “Zivi” – so die allgemein übliche Abkürzung für den Zivildienstleistenden – wird es bald nicht mehr geben: Wenn ab März die Wehrpflicht ausgesetzt wird und nur noch Freiwillige den Dienst an der Waffe verrichten, gilt Gleiches auch für den Zivildienst.
Betroffen von dieser Änderung sind 88 Einrichtungen im Kreis Euskirchen. Dort versahen 138 Zivildienstleistende zum Stichtag 1. Dezember ihren Dienst.
Was die Änderung für die Einrichtungen nicht nur in der Stadt Mechernich, sondern im ganzen Kreis Euskirchen bedeutet, ermittelten jetzt Bernd Zimmermann und Klaus Pesch für die “Kölnische Rundschau”. Sie sprachen unter anderem mit Rotkreuz-Kreisgeschäftsführer Rolf Zimmermann. Der sagte, man beschäftige zwischen vier bis sieben Zivis beim Roten Kreuz im Kreis Euskirchen.
Die jungen Leute würden im Behindertenfahrdienst und bei Krankentransporten eingesetzt. Die Zivis hätten die Möglichkeit, noch bis Ende des Jahres 2011 zu verlängern. Beim Roten Kreuz werde im Kreis werde jedoch kein Engpass entstehen, wenn die Wehrpflicht wegfalle, äußerte sich Zimmermann in der Rundschau.
Schließlich gebe es noch das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ), in dessen Rahmen man drei bis vier junge Leute beschäftige, sowie das Berufspraktische Soziale Jahr, das von zwei bis drei Frauen und Männern genutzt wird. Letztere verursachten zwar ein Drittel mehr Kosten als “Zivis”, fielen aber nicht aus wie diese, wenn sie Bildungswochen absolvieren müssen.
Da gebe es beispielsweise das Paradoxum, dass sie einen Erste-Hilfe-Kurs machen müssten, auch wenn sie bereits als Rettungshelfer im Roten Kreuz tätig seien: “In mancher Hinsicht bin ich froh, dass dieser Blödsinn abgeschafft wird”, gab sich Zimmermann im Gespräch mit den Redakteuren der Kölnischen Rundschau zuversichtlich. Er habe dafür plädiert, dass jeder junge Mensch ein Staatsjahr absolvieren müsse, sich aber aussuchen könne, wo er das machen wolle.
Nun sei es aber anders gekommen. In 13 Jahren hauptamtlicher Arbeit habe er rund hundert “Zivis” kennen – und größtenteils auch schätzen gelernt: “Davon waren keine fünf, die neben der Kappe waren”, so Rotkreuz-Kreisgeschäftsführer Rolf Zimmermann. Das Engagement der jungen Leute sei in der Regel ganz hervorragend. “Die gehen ab wie Schmitz‘ Katze, wenn man ihnen Verantwortung gibt”, wird Zimmermann weiter zitiert.
Nicht nachteilig erschien es dem Rotkreuz-Chef, dass bei dem neu einzurichtenden Bundesfreiwilligendienst alle Altersgruppen mitmachen können. “Wir haben eine ganze Reihe von Rentnern”, sagte er der “Kölnischen Rundschau”. “Im Behindertenfahrdienst läuft das hervorragend, im Rettungsdienst geht so etwas kaum.” Er befürchte allerdings, dass der Anteil der Jugendlichen aus demographischen Gründen und weil der Arbeitsmarkt einen erhöhten Bedarf habe, abnehmen könne. Es sei ein Mangel, wenn dem Roten Kreuz die Spontanität der Jugend abhanden komme.
“Spätestens ab dem Frühjahr stehen wir mit leeren Händen da”, äußerte sich Malte Duisberg, Leiter der Stiftung Evangelisches Alten- und Pflegeheim Gemünd in der Rundschau. Derzeit seien fünf Zivildienstleistende in Diensten der Institution, Ende März verlasse der letzte die Stiftung. Weil der Zivildienst zeitlich auf sechs Monate begrenzt werde, könnten die jungen Leute allerdings nicht in der Altenpflege eingesetzt werden. Dafür wären Schulungen notwendig.
“Sie sind in der Betreuung tätig und machen Einkaufsfahrten mit Bewohnern, sie sind mit der Haustechnik unterwegs und räumen in den Zimmern um”, beschreibt Malte Duisberg die Arbeitsfelder der “Zivis”. “Sie werden uns fehlen, denn sie führen viele Arbeiten aus, die über Pflegesätze nicht zu refinanzieren sind”, sagte Duisberg.
Wie die Redakteure Bernd Zimmermann und Klaus Pesch schreiben, hofft man im Gemünder Alten- und Pflegeheim nun auf den neuen Freiwilligen-Dienst, denn zusätzliche Stellen werde es mit Sicherheit keine geben. Weil darin künftig auch ältere Bürger ehrenamtlich tätig sein sollen, gebe es vielleicht manchen rüstigen Rentner und Vorruheständler, der etwas Sinnvolles tun und dabei ein wenig hinzu verdienen wolle. Das könnten wohl um die 600 Euro sein, vermutet Malte Duisberg. Die Kosten müssten sich in seinem Fall dann wohl Staat und Altenheim teilen.
Aber zunächst einmal fallen ab April diese Arbeitskräfte weg: “Ich habe noch keine Lösung, wie wir das auffangen”, sagte Duisberg der Gemünder Rundschau-Redaktion.
Theo Korth, Kaufmännischer Direktor des Schleidener St.-Antonius-Krankenhauses, hält den Wegfall der Zivildienststellen für kein großes Problem. Früher, als der Zivildienst noch 15 Monate gedauert habe, seien auch junge Leute darunter gewesen, “die Leistung brachten”. Doch nachdem der Zivildienst auf sechs Monate verkürzt wurde, vergehe zu viel Zeit mit der Einarbeitung. Aber das werde von seiner Pflegedienstleiterin wohl anders beurteilt, meinte Korth.
Der “Kölnischen Rundschau” gegenüber brachte Korth seine Skepsis zum Ausdruck, dass sich genügend Menschen für den neuen Freiwilligendienst melden werden. Derzeit würden wieder Kräfte auf dem Arbeitsmarkt gesucht. “Gibt es dann noch einen Grund, das freiwillig zu machen?” fragte er die Medienvertreter.
Bei der Caritas in Schleiden ist der letzte “Zivi” laut Arndt Krömer bereits am 1. November ausgeschieden. “Für uns war klar, das wird sich irgendwann einmal erledigen”, sagte Krömer. Nun müsse man eben umorganisieren und einfach manche Dinge nach Feierabend selbst erledigen.
Wie Pesch und Zimmermann weiter berichten, trauert man dem auf sechs Monate befristeten Zivildienst auch bei der Arbeiterwohlfahrt, Regionalverband Rhein-Erft & Euskirchen, nicht sonderlich nach: “Es ist schwierig geworden, jemanden in dieser Zeit einzuarbeiten”, sagte Geschäftsführer Felix Thurow. Dem neuen Freiwilligendienst stehe Thurow grundsätzlich positiv gegenüber. Denn grundsätzlich sei es richtig, wenn die Politik Ideen entwickle, wie die Menschen an soziale Arbeit herangebracht werden könnten.
pp/Agentur ProfiPress

Manfred Lang

12.01.2011