Kaltblüter ließen Boden beben
Waldwirtschaft wie zu Opas Zeiten
Rückpferde, Drum- und Leichtsägen, alte Schlepper und Unimogs – Tolles Programm, aber witterungsbedingt nur wenige Zuschauer
Mechernich-Kommern Es war zu schade, dass Petrus ausgerechnet das zurückliegende Wochenende für eine kleine, aber ungemütliche Renaissance des Winterwetters auserkoren hatte. Damit fiel ein wirklich tolles Arbeitswochenende im Rheinischen Freilichtmuseum Kommern zwar nicht ins Wasser, aber doch der Behaglichkeit der Menschen zum Opfer: Die meisten blieben daheim, statt sich bei Wind und Regen auf dem Kommerner Kahlenbusch anzuschauen, wie vor 100 Jahren Waldwirtschaft betrieben wurde.
Da waren die Rückpferde im Einsatz, Eichen wurden mit Drumsäge und Axt sowie viel Muskelkraft zu Fall gebracht und am Lagerfeuer wurden programmgemäß Holzfällergeschichten erzählt, deren Wahrheitsgehalt den Storys der Seefahrer in nichts nachstehen sollen. Es war ein insgesamt tolles Wochenende, für das Museum und Waldpädagogisches Zentrum mit Forstdirektor Ingo Esser an der Spitze jede Menge Unterstützung bei professionellen Waldbauern und Hobby-Rückern gefunden hatten.
Reiner Züll schreibt im “Kölner Stadt-Anzeiger”: “Der Waldboden erzitterte, und die Zuschauer staunten, als die rund eine Tonne schweren Kaltblüter schnaubend die schweren Holzstämme hinter sich herzogen. Sechs der “Kraftpakete” demonstrierten am Wochenende im Kommerner Freilichtmuseum, wie früher mit Holzrücke-Pferden die mächtigen Eichen- und Buchenstämme aus dem Forst geschafft wurden. “Holzeinschlag wie vor 100 Jahren” lautete das Thema der zweitägigen Veranstaltung, die vom Waldpädagogischen Zentrum veranstaltet wurde.
Museumsförster Ingo Esser war am Samstagmittag, als es zeitweise in Strömen regnete, erstaunt, dass dennoch so viele Besucher sich dafür interessierten, wie die Holzfäller und Rücker damals arbeiteten. Im vierten Jahr bietet das Waldpädagogische Zentrum in Museum am Kahlenbusch solche Demonstrationen an. Im vergangenen Jahr, so erinnerte sich Ingo Esser, seien 2500 Besucher gezählt worden. “Bei dem schlechten Wetter werden wir diese Zahl dieses Jahr nicht erreichen”, prophezeite der Forstbeamte am Samstag.”
Und tatsächlich: Der Sonntag fiel bei Dauernieselregen und Wind noch bescheidener aus. Hätte Esser sein Holzarbeits-Wochenende nur eine Woche früher anberaumt, dann hätte er so viele Besucher wie noch nie gezählt. Denn der Vorfrühling lockte sogar ohne irgendeine Sonderveranstaltung allein am Sonntag vor einer Woche über 2000 Besucher auf den Kahlenbusch.
Die Zuschauer erlebten im Museumswald das Fällen von Bäumen mit der früher gebräuchlichen Drumsäge, die von zwei Männern bedient wurde, wobei wechselweise nur auf Zug gearbeitet wird. Von sechs Kaltblutpferden und ihren Fuhrleuten wurde das Holz “vorgeliefert”, also bis an die Rückegasse oder den Waldweg gerückt, von wo aus alte Holzschleppermodelle der Marken Lanz, Hanomag oder Deutz die Arbeit übernahmen. Auch einige Unimogs von Mercedes-Benz waren im Einsatz, die in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zeitweise in der Forstwirtschaft die Oberhand gewannen. Mit einem Hanomag R 45 (Baujahr 1946) hatte der Zülpicher Jakob Schleifer den ältesten Trecker im Einsatz.
Den größten Teil der historischen Geräte hatte der Vorsitzende der “Clubfreunde alte Technik”, Thomas Lehmann aus Kerpen-Buir, mit nach Kommern gebracht. Museumsförster Ingo Esser ist Mitglied in diesem Club, der noch richtige alte Schätzchen besitzt. So konnten die Besucher eine knapp 30 Kilo schwere Zweimann-Motorsäge bewundern. Auch eine aus den 50-er Jahren stammende Motorsäge Stihl BL. Dieser Typ war der erste, der von einer Person bedient werden konnte.
Das “BL” steht für Benzin-Leichtsäge, wobei die Leichtsäge immerhin noch 19,5 Kilo wog. Die schweren Sägen waren damals mit drehbaren Vergasern ausgestattet, damit der Motor beim Kippen der Säge nicht ausging. Ingo Esser: “Heute wiegen die Dinger mal gerade drei Kilo.”
pp/Agentur ProfiPress
Manfred Lang
29.03.2007