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Junge Roma-Familie bangt und hofft

Vier kleinen Kindern und ihren Eltern droht die Abschiebung in eine ungewisse Zukunft – Arbeiterwohlfahrt, Mechernicher Bürger und „Café Zuflucht“ kämpfen für Bleiberecht

Vater Orhan Rustem und Kita-Leiterin Monika Hausmann-Solh mit den vier Kindern der jungen Roma-Familie, die trotz Krankheit der Mutter Ginelj in eine völlig ungewisse Zukunft nach Mazedonien abgeschoben werden soll. Foto: Renate Hotse/pp/Agentur ProfiPress

Mechernich-Strempt – Die junge Mutter befindet sich in stationärer psychiatrischer Behandlung, zwei Kinder leiden unter posttraumatischen Störungen, das jüngste, wenige Monate alte Kind ist wegen eines vermuteten Herzfehlers in Behandlung: Trotzdem hat das Verwaltungsgericht Aachen die Klage der aus Mazedonien stammenden Roma-Familie Rustem aus Strempt gegen die drohende Abschiebung abgelehnt. Zuvor hatte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge das Asylgesuch abgelehnt.

„In Mazedonien hat die Familie keinen Platz, wo sie leben kann“, sagt Monika Hausmann-Solh, Leiterin der Stremper AWO-Kindertagesstätte „Glück auf“, die zwei Kinder der Familie Rustem besuchen. Seit Wochen setzten sich sie und ihre Mitarbeiter mit großem persönlichem Engagement dafür ein, dass die Familie in Deutschland bleiben darf. Im  September 2012 kam die Roma-Familie nach Strempt, dort lebt sie in einer Wohnung für Asylbewerber in der Nähe der Kita. Sohn Ali, mit sechs Jahren der Älteste unter den Kindern, wurde aufgrund seiner Mehrfachbehinderung ein inklusiver Kindergartenplatz bewilligt.

In Mazedonien erlebten die Kinder einen Überfall auf den Vater mit. Orhan Rustem hatte sich für die medizinische Behandlung seiner Frau Geld geliehen, konnte den Betrag aber nicht fristgerecht zurückzahlen. Mehrere Männer verprügelten ihn daraufhin so, dass er anschließend mehrere Tage lang im Koma lag.

Sohn Ali hat – vermutlich aufgrund einer in Mazedonien erlittenen,  unbehandelten Hirnhautentzündung – gravierende Entwicklungsstörungen und benötigt Hörgeräte, die regelmäßig gewartet werden müssen. „Es ist keinesfalls sichergestellt, dass im Heimatland eine entsprechende Versorgung gegeben ist“, kommentiert Monika Hausmann-Solh die Entscheidung des Gerichtes.

Bei den Bemühungen, das Bleiberecht  zu erwirken, erfahre man aus der Bevölkerung große Anteilnahme am Schicksal der jungen Familie. „Uns rufen Leute an, die Orhan Rustem bei der Arbeitssuche helfen wollen. Es wurden Kleiderspenden für die Kinder abgegeben. Ein älterer Mann aus Mechernich hat Geld für die Familien abgegeben. Manche kommen auch nur vorbei, um Glück zu wünschen“, freut sich Monika Hausmann-Solh über „die vielen netten Gesten der Menschen“.

Auf Anraten des Gemünder Pfarrers Dr. Herbert Kaefer, der 1991 für seinen Einsatz für Flüchtlinge und für die Beratung von Kriegsdienstverweigerern den Aachener Friedenspreis erhielt, hat Hausmann-Solh Kontakt zu dem von Kaefer mitbegründeten „Café Zuflucht“ aufgenommen, einem Begegnungs- und Beratungszentrum für Flüchtlinge in Aachen. „Flüchtlingsberater Ali Ismailovski, selbst Roma, setzt sich für eine Wiederaufnahme des Verfahrens ein“, schöpfen Monika Hausmann-Solh und Orhan Rustem neue Hoffnung.

Ein Aachener Trauma-Spezialist will Mutter Ginelj psychologisch untersuchen. Mithilfe des Gutachtens hofft man, das Urteil des Verwaltungsgerichtes anfechten zu können. Da sich die Kosten für das Gutachten auf rund 300 Euro belaufen, sammeln die engagierte Kita-Leiterin und ihre Mitarbeiterinnen Spenden. „Auch, wer Herrn Rustem einen Arbeitsplatz vermitteln könnte, würde der Familie einen großen Dienst erweisen“, so Monika Hausmann-Solh.

Auch die Geschäftsführung des AWO-Regionalverbandes Rhein-Erft & Euskirchen unterstützt die Aktion, Vorsitzende Helga Kühn-Mengel hat sich ebenfalls eingeschaltet. In der „Glück-auf“-Kita, Geranienstr. 24, Mechernich-Strempt, liegen Unterschriftenlisten aus, in die sich jeder eintragen kann. Auch Spenden können dort abgegeben werden.

Die Zeit drängt: Am 10. Februar endet das Aufenthaltsrecht für das Ehepaar Rustem und seine vier kleinen Kinder. Monika Hausmann-Solh: „Das Bleiberecht ist in diesem Fall ein Gebot der Menschlichkeit.“

pp/Agentur ProfiPress