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Jugendzentrum droht Schließung

Jugendzentrum von Schließung bedroht
Stadt Euskirchen: “Das hätte unabsehbare Folgen für Euskirchen” – Stichwort: “Brennpunkt Bahnhof” – Caritas: “Eine jugendpolitische Katastrophe!” – Wertvolle Integrationsarbeit steht auf der Kippe
Euskirchen – Um den Fortbestand der Euskirchener Jugendzentren JU.1 (Erftbleiche) und JU.2 (Altes Rathaus) ist ein politisches Gerangel ausgebrochen. Und das, obwohl die Sozialexperten bei Stadt und Kreis sowie Politiker aller politischen Farben beide Einrichtungen als sehr sinnvoll erachten und ihre Arbeit als gesellschaftlich und pädagogisch äußerst effektiv und wertvoll einstufen.
Streitpunkt zwischen Stadt und Caritas auf der einen und Kreis Euskirchen auf der anderen Seite ist vielmehr die Frage, ob es sich bei den von der Caritas betriebenen Einrichtungen JU.1. und JU.2 um “offene Jugendarbeit” handelt. Rudi Dick, der zuständige Jugenddezernent beim Kreis, meint, das sei teilweise nicht der Fall.
Die Erftbleiche (JU.1.) werde fast ausschließlich von deutschen Jugendlichen russischer Abstammung besucht, während im JU.2 (Altes Rathaus), “von wenigen Deutschen abgesehen”, so Dick, vorwiegend junge Menschen aus dem türkisch-arabischen Raum ihre Freizeit verbrächten. Das sei weder “offene Jugendarbeit”, noch “Sinn von Integration”.
“Falsch”, meint Franz Josef Funken, der Geschäftsführer des Trägers Caritasverband Euskirchen: “Im JU.1 halten sich Tag für Tag 60 bis 80 Jugendliche auf, im JU.2 70 – 100. 95 Prozent von ihnen haben einen deutschen Pass!”
Gleichwohl ist der von Bernd Kolvenbach geführte Jugendhilfeausschuss des Kreistages “einvernehmlich”, wie Rudi Dick betont, übereingekommen, die Kreisstadt Euskirchen komme auch mit einem gemeinsamen Jugendzentrum aus – und das soll sich nach seinen Vorstellungen im Alten Rathaus befinden.
“Die Klientel beider Euskirchener Jugendzentren unter einem Dach zu betreuen, das funktioniert nicht”, weist Thomas Huyeng, der Erste Beigeordnete der Kreisstadt Euskirchen, die Einschätzung des Kreises zurück. Caritas-Geschäftsführer Funken: “Es geht schon rein aus Platzgründen nicht, am Alten Rathaus auf 217 Quadratmetern täglich rund 200 Jugendliche unterzubringen.”
Eine solche Zusammenlegung der Jugendzentren, so Euskirchens Vize-Verwaltungschef Huyeng, werde für die Kreisstadt “unabsehbare Folgen” nach sich ziehen. Brennpunkte wie der Bahnhof würden neue Brisanz bekommen.
Die Stadt Euskirchen sei froh, so Huyeng, dass die Caritas in den Zentren JU.1. und JU.2 auch in Krisensituationen immer wieder Zugang zu problematischen Gruppierungen innerhalb der Klientel finde, wie unlängst nach einer nicht gewaltfreien Auseinandersetzung zwischen deutschen und russlanddeutschen Jugendlichen an der Steinbachtalsperre. Auch Caritas-Geschäftsführer Franz Josef Funken fände es sträflich, “wenn die Politik die Augen vor den gesellschaftlichen Realitäten in Euskirchen verschließt”.
Funken sagte Pressevertretern: “Integrationsarbeit bedeutet nicht Verschmelzung um jeden Preis, sondern gegenseitige Toleranz, Respekt und Akzeptanz mit Grundlage einer gemeinsamen Leitkultur, die sich in unserem Grundgesetz definiert!”
Rudi Dick räumt ein, dass beide Jugendzentren vor diesem Hintergrund in Euskirchen ihre Berechtigung hätten. Dennoch müssten Stadt und Caritas einräumen, dass es sich bei dieser zielgruppenorientierten Jugendarbeit eben nicht um die gesetzlich definierte und aus bestimmten Töpfen geförderte “offene Jugendarbeit” handele. Dieser Meinung sei im übrigen auch der Kreistag gewesen, als er unlängst beschloss, die bereits 2005 von fünf auf vier Sozialarbeiterstellen gekürzten Personalzuschüsse Ende 2007 auf nur noch drei Stellen zurückzufahren.
Das aber, so Caritas-Chef Franz Josef Funken, sei gleichbedeutend mit der Schließung einer der beiden Einrichtungen. Wobei der Kreis keinen Hehl daraus mache, dass die Erftbleiche (JU.1.) dichtgemacht werden soll. Räumlich, so erklärte Rudi Dick tatsächlich, könnten “russlanddeutsche und türkisch-arabische Jugendliche im Jugendzentrum am Alten Rathaus Platz finden”.
Beigeordneter Thomas Huyeng entwirft ein ganz anderes Szenario: “Die Russlanddeutschen, zu denen wir über die Caritas-Arbeit momentan sehr guten Zugang haben, werden nicht umziehen”. Alle Erfahrung lehre, so Caritas-Chef Funken, dass beide Gruppierungen, momentan zumindest noch, unter engen räumlichen Rahmenbedingungen nicht sinnvoll betreut werden könnten: “Das ist Realität, man kann sie bedauern, aber nicht leugnen!”
Kreisjugend-Dezernent Rudi Dick wiederum sieht sich mit dem Zwang zum Sparen konfrontiert – und mit der gesetzlichen Anforderung, dass etwas grundsätzlich Richtiges dennoch nicht aus einem falschen Topf finanziert werden darf. Dick: “Ich streite ja gar nicht ab, dass da gute Arbeit geleistet wird, es ist aber keine offene Jugendarbeit”. Er schlägt vor, dass Stadt Euskirchen und Caritas sich mit dem Rotkreuz-Kreisverband Euskirchen und dem Verein Pater Noster zusammentun, um andere Finanzlösungen zu finden. Rotes Kreuz und Pater Noster leisteten in Euskirchen ja auch “wertvolle Integrationsarbeit”.
“Das ist wiederum ein illegitimer Vergleich”, erklärt Caritas-Geschäftsführer Funken: “Festzuhalten bleibt, dass Deutsche mit Migrations-Hintergrund keine Ausländer sind! Also sind 95 Prozent unserer JU.1- und JU.2-Gäste Deutsche im Sinne des Grundgesetzes – und ihre Betreuung ist offene Jugendarbeit. Zweitens geht es bei der Arbeit des Roten Kreuzes und von Pater Noster um die Migrations-Erstberatung, nicht um eine konsequente Jugendbetreuung wie bei uns!”
So schnell wie der Kreis sich das wünschen mag, will auch die Stadt Euskirchen den Landrat und seine Administration nicht aus seiner Verantwortung entlassen. Erster Beigeordneter Thomas Huyeng: “Jugendhilfeträger ist nicht die Stadt, sondern eindeutig der Kreis Euskirchen!”
Der stellvertretende Euskirchener Verwaltungschef verschließt sich zwar “einem runden Tisch von Stadt, Caritas, Pater Noster und Rotkreuz-Kreisverband in keinster Weise” und ist auch optimistisch, dass er zustande kommt und eine Lösung gefunden wird. Aber der Kreis Euskirchen müsse als Jugendhilfeträger eindeutig mit an diesen Tisch.
Huyeng appelliert: “Beide Caritas-Jugendzentren haben in Euskirchen absolut ihre Existenzberechtigung. Sie sind beide dringend notwendig!” Die Schließung von JU.1 oder JU.2, so Cilly von Sturm, die zuständige Abteilungsleiterin der Caritas, wäre eine “jugendpolitische Katastrophe”. Ihr Chef Franz Josef Funken: “JU.1 und JU.2 bilden ein System – da kann man nicht einfach eine Komponente streichen, sonst funktioniert das ganze System nicht mehr!”
pp/Agentur ProfiPress

Manfred Lang

22.08.2006