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Im Einsatz für Kultur der Zärtlichkeit

„Donum Vitae“-Beratungsstelle Mechernich befragte im Rahmen einer NRW-landesweiten Untersuchung über das Sexualverhalten Jugendlicher auch 317 Jugendliche aller Schulformen im Raum Mechernich/Euskirchen – Erstaunlich gut im Bilde, aber zuweilen auch ganz schön unsicher im Handeln

Der Verein „Donum vitae“ mit der Vorsitzenden Jutta Collenberg (links) stellte in Mechernich die Ergebnisse einer Untersuchung mit dem Titel „Jugend und Sexualität“ vor. Foto: Claudia Hoffmann/KStA/pp/Agentur ProfiPress

Mechernich – Kultur-Pessimisten, denen beim Stichwort „Jugend von heute“ Schweißperlen auf die Stirn treten, dürfen fürs Abtupfen zum Taschentuch greifen: Die vorgebliche „Generation Sex“ ist wesentlich braver als ihr Ruf!

Bisweilen sind die jungen Leute sogar weit unsicherer in Sachen Zärtlichkeitsaustausch und körperliche Liebe, als es deren Elterngeneration vielleicht erwartet hätte.

Die Kommerner Journalistin Claudia Hoffmann, von der dieser Text stammt, hat für den „Kölner Stadt-Anzeiger“ die jüngste Umfrage des nordrhein-westfälischen Landesverbandes von „Donum vitae“ ausgewertet, der 2318 Heranwachsende ab der achten Klasse zum Thema „Liebe, Freundschaft und Sexualität“ befragt hat. Im hiesigen Raum nahmen 317 Jugendliche aller Schulformen an der Befragung teil, davon 174 Jungen und 143 Mädchen. Die Mitarbeiter der Mechernicher „Donum vitae“-Beratungsstelle stellten die Resultate in einer Pressekonferenz vor.

In punkto „Zufriedenheit bezüglich Körper, Aussehen und Gewicht“ besteht gerade bei den Mädchen große Unsicherheit. Nur 44 Mädchen (entspricht 30 Prozent) im Raum Mechernich (gegenüber 39 Prozent in der landesweiten Befragung) fühlen sich in ihrer Haut wohl. Die Frage „Stimme ich mit dem Idealbild überein“ spielt eine wichtige Rolle, erläuterte Sozialarbeiter Theo Brocks. Das mag erklären, dass bei Mädchen im ländlichen Raum Schönheitsoperationen, auch im Intimbereich, ein „starkes Thema“ sind.

Jungen scheinen weitaus entspannter zu sein, 65 Prozent der Befragten sind mit ihrem Körper „sehr zufrieden“. Was die Rollenbilder angeht, so definieren sich Mädchen über ihr Äußeres (modische Kleidung, lange Haare, Schminken). Schön finden sie es, „von Jungen beschützt zu werden“, zu flirten, offener reden und quatschen zu können. Jungen definieren sich über ihre Geschlechtlichkeit. Sie sind glücklich, ein Junge zu sein, da sie keine Schwangerschaft/Geburt und Periode erleben müssen. Ein weiterer Genuss liegt für sie allen Ernstes in dem Vorteil, dass sie „im Stehen pinkeln“ können.

Mit dem ersten Mal lassen sich auch die Jugendlichen im Kreis Euskirchen Zeit: Nur ein Viertel der befragten Jugendlichen (26 Prozent der Mädchen, 27 Prozent der Jungen) hatte bereits Geschlechtsverkehr. Von den Mädchen hat 30 Prozent das erste Mal als „schön“ und 46 Prozent als „aufregend“  empfunden. Elf Prozent der Mädchen haben sich dabei geschämt.

Von den Jungen haben 45 Prozent das erste Mal als schön und 33 Prozent als aufregend empfunden. Geschämt haben sich nur zwei Prozent. Bei Jungen wie bei Mädchen findet das erste Mal insgesamt zu 85 Prozent spontan statt, 15 Prozent hatten ihr erstes Mal geplant. 85 Prozent der Jungen hatten dabei verhütet (gegenüber nur 77 Prozent der Mädchen).

Die Heranwachsenden benutzen zumeist Kondome, zwei Drittel der Jungen wenden es beim ersten Mal an, Mädchen verhüten zu 42 Prozent mit Kondom, gefolgt von der Pille (11 Prozent). Mit zunehmender sexueller Aktivität ändert sich das Verhütungsverhalten allerdings – die Jugendlichen werden nachlässiger. „Sicherlich ein Punkt, an dem man in der Präventionsarbeit noch einmal einhaken muss“, bestätigte Brocks. 

46 Prozent der Jungen und 39 Prozent der Mädchen geben an, sich „sehr gut“  mit Verhütungsmitteln auszukennen. Bei intensiverem Nachhaken werden aber oft Unterschiede zwischen Selbsteinschätzung und tatsächlichem Informationsstand offenbar, zeigen die Erfahrungen der „Donum vitae“-Mitarbeiter. Bei beiden Geschlechtern bleibt ein Rest an Unsicherheit bestehen.

Interessant ist: Jungen sind über die „Pille danach“ sehr viel besser informiert als Mädchen. Für alle befragten Jugendlichen ist Schule die wichtigste Aufklärungsquelle (111 Jungen, 83 Mädchen), an zweiter Stelle folgt die Mutter (63 Jungen, 64 Mädchen). Auch Dr. Sommer muss seinen Job noch nicht an den Nagel hängen: Neun Jungen und 35 Mädchen gaben an, über die „Bravo“ aufgeklärt worden zu sein.

Das Thema „Pornografie“ ist in unseren Tagen auch bei den Jugendlichen nur wenige Klicks weit entfernt. 92 Prozent der Jungen und 36 Prozent der Mädchen im Kreis Euskirchen sind bereits mit Pornografie in Berührung gekommen. Auch Mädchen finden Pornos interessant, Jungen gehen zu einem großen Teil davon aus, in einem Porno etwas zu lernen.

Für Mädchen sind Freunde und Freundinnen mit Abstand die wichtigsten Personen, mit denen man vertrauensvoll über Sexualität sprechen kann, danach folgt die Mutter als zweitwichtigste Vertrauensperson. Das bleibt sie auch bei den Jungen, jedoch wird hier auch der Vater für intime Gespräche stärker zu Rate gezogen. Nur 16 (von 174) Jungen und acht (von 143) Mädchen wissen niemanden, an den sie sich vertrauensvoll wenden können.

An diesem Punkt setzt auch vielgestaltige Arbeit der drei „Donum vitae“-Mitarbeiter im Kreis Euskirchen ein, die in enger Kooperation mit allen Schulformen allein im Jahre 2011 insgesamt 87 sexualpädagogische Präventionsveranstaltungen mit 980 Teilnehmern durchgeführt haben. Über das im Biologieunterricht vermittelte kognitive Wissen hinaus geht es hier vor allem um die emotionalen Aspekte, um individuelle Wünsche, Sehnsüchte und Bedürfnisse.

Unter anderem haben Mädchen und Jungen in „gender trainings“ die Möglichkeit, Fragen an das andere Geschlecht zu stellen, in Rollenspielen Verhaltensmuster kritisch zu hinterfragen. Bei multimedialen Präsentationsformen wie dem Film „Sex, we can“ geht es um das erste Mal, aber auch um das Thema Pornografie.

In den geschlechterspezifisch getrennten Unterrichtseinheiten, bei denen die Lehrer nicht zugegen sind, kommt auch die Mechernicher Gynäkologin Dr. Annette Beyenburg-Weidenfeld dazu. Für Förderschulen hält die Euskirchener Beratungsstelle spezielle Kleingruppenangebote bereit. Ein wichtiges Anliegen ist den „Donum vitae“ Mitarbeitern überdies, daran mitzuarbeiten, dass es eine Kultur der Zärtlichkeit gibt.

pp/Agentur ProfiPress