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Hightech-Unterricht im Freilichtmuseum

Hightech-Unterricht im Freilichtmuseum
Der NRW-Umweltbus “Lumbricus” machte erstmals im LVR-Freilichtmuseum Kommern halt – Mechernicher Realschüler untersuchten die Artenvielfalt vor Ort – Lernen durch Mitmachen
Kommern. Seit 18 Jahren ist Ottmar Hartwig von der Natur- und Umweltschutz-Akademie NRW nun schon mit seinem rollenden Hightech-Klassenzimmer, dem Umweltbus “Lumbricus”, unterwegs. Ganz allein steuert er den neun Meter langen 7,5-Tonner durch halb Nordrhein-Westfalen, parkt ihn an Fließgewässern, in einsamen Wäldern oder sonstwo in der freien Natur, um dort mit Schülern Beobachtungen und Messungen durchzuführen und diese anschließend vor Ort zu analysieren, zu hinterfragen und zu dokumentieren. Immer mit dabei ist seine komplexe technische Ausrüstung: Messsonden, Schlammgreifer, Tensiometer, Schallpegelmesser, Meteorographen, Insektenfallen, Stereomikroskope, Kameras, Laptops und natürlich eine riesige Handbibliothek. “Fahren, Unterrichten und anschließend Putzen, das sind so meine täglichen Aufgaben”, lacht Hartwig, der am Donnerstagmorgen seinen bunten Bus im LVR-Freilichtmuseum in Kommern parkte.
Der Allround-Pädagoge war von diesem Standort, den er in den 18 Jahren seiner Tätigkeit jetzt zum ersten Mal anfuhr, mehr als angetan. Nicht nur, weil es für ihn und seine Biologieschüler hier jede Menge Natur zu entdecken gab, auch nicht, weil die Infrastruktur mit ihren sanitären Einrichtungen in der Nähe sich als höchst komfortabel erwies, sondern weil er hier als Umweltpädagoge nicht mehr ganz allein auf weiter Flur war. “Dies ist ein super Standort”, sagte er, “allein schon deshalb, weil ich hier einen Kollegen wie Ingo Esser habe.” Esser leitet nämlich seit Jahren das WaldPädagogikZentrum Eifel des NRW-Landesbetriebs Wald und Holz, und dies befindet sich direkt im Kommerner Freilichtmuseum.
Den Kontakt zwischen Umweltbus und Museum hatte Barbara Prawdzik geknüpft. Sie ist Lehrerin an der Mechernicher Realschule und unterrichtet dort Englisch, Politik und vor allem Biologie. Prawdzik war mit ihrer Biologieklasse der Jahrgangsstufe sieben angerückt, um mit Ottmar Hartwig und Ingo Esser den Neophyten auf die Spur zu kommen, also jenen Pflanzen, die in der Region nicht heimisch, sondern eingewandert sind.
Die Idee dazu hatte Museumsleiter Dr. Josef Mangold. In Hinblick auf die Werkausstellung von Schulen zum Jahresthema “fremd/vertraut?!”, die am Sonntag, 20. Juni, 11 Uhr, eröffnet wird, regte er an, einmal in der Pflanzenwelt nachzuspüren, welche Pflanzen eigentlich zu den Neophyten zählen, aber einem dennoch längst vertraut sind, oder umgekehrt, welche einheimischen Pflanzen einem eigentlich fremd sind. Invasive Neophyten wie das Pampasgras, den Schmetterlingsstrauch, das Indische Springkraut oder auch die Rot-Eiche wurden zwar im Freilichtmuseum nicht entdeckt, dafür jedoch mussten die Schüler feststellen, dass so manche heimische, also vertraute Pflanze, ihnen aus der Nähe betrachtet eigentlich unbekannt war.
Hartwig und Esser hatten die jungen Leute bei ihrer Expedition gleich mit mehreren Aufgaben betraut. So musste eine Gruppe an verschiedenen Stellen den ph-Wert im Boden messen, eine andere exemplarische Teile von Pflanzen und Bäumen sammeln, um sie anschließend zu bestimmen, wieder eine andere anhand von Listen überprüfen, ob der Museumswald naturnah oder naturfern zu nennen ist, und schließlich und letztlich musste eine Gruppe ein 20 mal 20 Meter großes Areal auf Zeigerpflanzen hin untersuchen. “Ziel ist es, dass die Schüler lernen, dass bestimmte Standortbedingungen auch eine bestimmte Zusammensetzung von Pflanzengruppen hervorbringen”, erklärte Hartwig den Sinn dieser Arbeit.
Vernetzung von Museum und Schule
Der Museumswald wurde übrigens aufgrund zahlreicher Überprüfungskriterien als sehr naturnah bestimmt. Ingo Esser erklärte, dass dies vor allem daran liege, dass man im Freilichtmuseum noch nach Prinzipien alter Forstbewirtschaftung arbeite und beispielsweise keine Harvester zum Einsatz kämen, die den Boden verdichteten.
“Uns geht es vor allem um eine Vernetzung von Museum und Schule”, erklärte Dr. Josef Mangold. Denn bereits einfache Dinge seien den jungen Leuten heute nicht mehr geläufig. Im Museum biete sich jedoch die Gelegenheit, durch aktive Teilnahme wieder Dinge ganz neu für sich zu entdecken. Dies ist denn auch das Motto des Umweltbusses “Lumbricus”, das Hartwig mit Hilfe eines chinesischen Sprichworts so beschrieb: “Sagst Du es mir, so vergesse ich es. Zeigst Du es mir, so merke ich es mir vielleicht. Lässt Du mich aber teilnehmen, so verstehe ich es.” Gerade mit dieser Teilnahme nehme es die Museumspädagogik sehr ernst, so Mangold. Es gelte, die Kinder durch aktive Mitarbeit in ihrer Aufmerksamkeit zu lenken.
Barbara Prawdzik ist längst überzeugt vom Lernen durch Mitmachen. Sie arbeitet seit Jahren mit dem Umweltbus zusammen, untersuchte mit ihren Schülerinnen und Schülern beispielsweise Gewässer rund um Kommern und gewann sogar mit ihrer Klasse schon einen Preis bei “Jugend forscht”. “Es ist prima, dass das Freilichtmuseum sich als Lernort zur Verfügung stellt”, freute sie sich. Und Ottmar Hartwig kündigte an, mit seinem rollenden Klassenzimmer gern wieder hierher zu kommen. “Neben der Natur haben wir natürlich in unseren Dorfensembles noch einiges andere zu bieten, das sich in die verschiedensten Unterrichtsinhalte mit einbeziehen lässt”, verwies Dr. Mangold abschließend auf die Vielseitigkeit des LVR-Freilichtmuseums. Selbstverständlich stehe man den Schulen stets gern als Lernort zur Verfügung. Die Kooperation zwischen Schulen und Museum gelte es in Zukunft noch viel entschiedener voranzutreiben.

Manfred Lang

27.03.2010