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„Helgas Büdchen“ zieht um

Sammlung des LVR-Freilichtmuseums in Kommern wird um einzigartiges und aussagekräftiges Exponat reicher – Geliebter Kiosk soll auf dem Marktplatz Rheinland aufgestellt werden

Bonn/Mechernich – Eine Institution zieht um: Der Kiosk in der Nähe des Bonner Hauptbahnhofs (Kreuzung Meckenheimer Allee/Colmantstraße) wird nach dem Tod der beliebten Inhaberin Helga Karstens abgebaut, aufgeladen und ins LVR-Freilichtmuseum Kommern transportiert.

Das Zeitungsbüdchen am alten Standort. Foto: Dr. Carsten Vorwig/LVR/pp/Agentur ProfiPress

„Helgas Büdchen“, wie die Anwohner den Verkaufswagen liebevoll nannten, wurde 1979 von der Firma Franzen in Efferen produziert und seit 1984 von Helga Karstens betrieben. „Er erweitert die Sammlung des Freilichtmuseums um ein einzigartiges und aussagekräftiges Exponat und soll in der zeitgeschichtlich ausgerichteten Baugruppe ‚Marktplatz Rheinland‘ wieder aufgestellt werden“, teilt LVR-Sprecher Daniel Manner mit. Zunächst jedoch werde der Wagen – wie auch die von der gleichen Firma gebaute und 2020 nach Kommern geholte „Tatort-Wurstbraterei“ – gründlich dokumentiert und restauriert.

„Kleine Hütte“ & „wilder Zeitungshandel“

Aus dem Büdchen heraus wurden nach Angaben von Nele Steffen, LVR-Redaktion KuLaDig, schon seit 1949 Zeitungen, Süßigkeiten, Getränke und später auch Tabakwaren verkauft. Im Bonner Musikerviertel sei der Kiosk über Jahrzehnte ein zentraler Ort für Begegnungen unter Nachbarn, Passanten und Reisenden gewesen.

Ende 1948 habe Karl Einhaus einen Antrag an die Stadt Bonn gestellt, um einen kleinen Zeitungsverkaufsstand in unmittelbarer Nähe zum Hauptbahnhof zu errichten. Als kleine Hütte (2 x 1,20 Meter groß) mit Auslagenbrett und Schiebefenstern wurde der Kiosk Anfang 1949 auf dem Gehsteig der Kreuzung Meckenheimer Allee/ Colmantstraße erbaut.

In der Unterführung Herwarthstraße und im damals angrenzenden Park war – wie Nele Steffen weiter ausführt – in der Nachkriegszeit ein „wilder Zeitungshandel“ entstanden, den die Stadt Bonn damals durch einen geordneten Verkauf beseitigen wollte. In den 1970er Jahren sei der Zeitungsstand dann durch einen mobilen Verkaufsanhänger mit Verkaufsklappe ersetzt worden.

Gebaut wurde der Anhänger seinerzeit von der Firma Frensen aus Erftstadt, aus deren Produktion auch die „Wurstbraterei“ aus dem Kölner Tatort stammt. Der charakteristische weiße Schriftzug „Frankfurter Allgemeine“ auf blauem Grund gehöre schon seit 1959 beständig zum Bild des Büdchens und wurde auch für den Verkaufsanhänger als Dachumrandung übernommen, so Nele Steffen.

„Hohe Ablösesumme“

Helga Karsten half, den Ausführungen Steffens nach, Anfang der 1980er Jahre in dem Zeitungsbüdchen aus und kaufte es 1984 der vorigen Betreiberin für eine „hohe Ablösesumme“ ab. „Seitdem öffnete sie bis Mai 2021 fast täglich die Verkaufsklappe des Büdchens, das sie selbst ‚blaues Achteck‘ nannte. Darin konnte sie meist lesend oder rauchend angetroffen werden. Bewohner aus dem Musikerviertel erzählen von ihr als soziale, interessierte und sehr belesene Frau mit einer feingeistigen und oft ruppigen Art.“ Das Büdchen sei oft als „Instanz“ im Viertel und der Satz „Ich geh mal eben zu Helga“ als feste Wendung im Alltag beschrieben worden.

pp/Agentur ProfiPress