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Grüner Tee für „Schreibhochs“

Literaturfestival Lit.Eifel präsentierte in Eupen die preisgekrönte Nachwuchsautorin Katharina Hartwell – „Das fremde Meer“ als fesselnder Parcours durch die Genres

Zwischen den Leseabschnitten entwickelte sich ein spannender Gedankenaustausch zwischen der Moderatorin Julia Slot (links) und der Autorin Katharina Hartwell. Foto: Joachim Starke/pp/Agentur ProfiPress

Eupen – Ihre Stimme war so sanft und eindringlich wie die Geschichten, die sie schreibt. Die Stimme, mit der die junge Autorin Katharina Hartwell im Rahmen einer Lit.Eifel-Lesung ihren Debütroman „Das fremde Meer“ präsentierte.

Genau jene scheue Zurückhaltung und die angenehme Bescheidenheit einer bereits mit vielen Preisen ausgezeichneten Nachwuchsschriftstellerin war es, die die Lesung für die Lit.Eifel-Besucher im Eupener Kulturzentrum „Jünglingshaus“ zu etwas ganz Besonderem machte. Ebenso, wie ihre Erzählungen, die binnen kürzester Zeit einen geradezu magischen Sog entwickelten. Und das, so Hartwell, obwohl ihr Stil während der Studienzeit an Deutschlands renommiertester Schreibschule, dem Deutschen Literaturinstitut Leipzig , so manches Mal recht abschätzig als „kitschige Mädchenprosa” bezeichnet worden sei. Immer wieder hatte sich die sympathische Literatin bei Verlagen, Zeitschriften und Wettbewerben beworben. Es gab viele positive Rückmeldungen, erzählte sie. Aber nicht positiv genug: 80 Absagen habe sie in diesen Jahren kassiert.

Katharina Hartwells Texte sind ungewöhnlich. Das seien sie schon gewesen, berichtete die Autorin in Eupen, als sie im Alter von sechs Jahren ihre erste Mini-Geschichte schrieb. Die hatte sie, da sie noch nicht alle Wörter schreiben konnte, mit kleinen Illustrationen versehen. Dann wurde das Ganze zusammengeheftet und im Bekanntenkreis herumgezeigt.

Auch später habe sie sich im klassischen Realismus immer gelangweilt, gestand sie im anregenden Gedankenaustausch mit der belgischen Moderatorin Julia Slot. Das Märchenhafte, das Mystische sei ihr von Beginn an näher gewesen. Und so erzählt „Das fremde Meer“ in einem fesselnden Parcours quer durch alle Genres nicht nur in zehn verschiedenen Variationen und Settings die Geschichte von Jan und Marie, von der Prinzessin, die stark genug ist, um auszuziehen und ihren Prinzen zu retten. „Das fremde Meer“ ist gleichzeitig auch die Geschichte des enormen Durchhaltevermögens ihrer Schöpferin. Einer, die unbeirrbar daran glaubt, dass es eines Tages doch noch funktionieren könnte.

Katharina Hartwell hat die erste Fassung ihres Romans, den sie in vier Monaten geschrieben hatte, anschließend nämlich zwei Jahre lang diszipliniert überarbeitet. Abgeschottet von der Außenwelt saß sie an ihrem Schreibtisch in der Bibliothek und verschaffte sich mit grünem Tee „kleine Schreibhochs“. Monatelang ohne einen freien Tag hat sie gekürzt, gelöscht und neu geschrieben – bis zur völligen Erschöpfung. Irgendwann habe sie dann endlich das Gefühl gehabt, so Hartwell, dass das Buch „das bestmögliche Buch“ geworden sei.

Für „Das fremde Meer“ hat die Autorin alles auf eine Karte gesetzt und nicht, wie ursprünglich geplant, ihren Doktor gemacht:  „Es ist wie in der Liebe. Manchmal muss man einfach was riskieren“, findet Hartwell.  Natürlich stecke viel Biografisches in ihrem Roman, verriet sie am Rande der Lesung. Dennoch spiegele das Buch nicht zwingend ihre Biografie, sondern vielmehr ihre Weltsicht. Wie ihre Protagonistin Marie zähle sie selbst zu den Menschen, die ständig mit dem Schlimmsten rechnen. Denn sogar das Gute sei „in gewisser Weise furchtbar, weil es immer an die Angst gekoppelt ist, dass es irgendwann geht“. Da gebe es für sie nur einen Ausweg, erklärte die junge Frau: Das nächste schriftstellerische Projekt so schnell wie möglich in Angriff zu nehmen. Nach wie vor bestehe dabei für sie die große Herausforderung darin, sich in verschiedenen Genres zu bewegen, dort eine Sprache zu finden, die nicht flach ist, den „richtigen“ Ton zu treffen und trotzdem „sie selbst zu sein“.

Gebannt lauschten die Eupener Literaturfreunde Hartwells faszinierendem Spiel mit Erzähltechniken, Zeit und Raum. Im Anschluss an die Lesung bescherte Isabelle Weykmans, die Ministerin der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens, den Besuchern noch eine Überraschung. Weykmans, die erst kürzlich Mutter geworden ist und an diesem Abend nicht persönlich dabei sein konnte, ließ die Gäste in ihrem Namen auf ein Glas Wein einladen.

pp/Agentur ProfiPress