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„Großvater hätte mich erschossen“

Lesung mit Amon Göths Enkeltochter Jennifer Teege am 7. April, 19 Uhr, in der Aula des Mechernicher Schulzentrums – Ein Vorgespräch auch um die Vergangenheitsbewältigung in den eigenen Familien mit Giselas Freier und Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick – Kartenvorverkauf für 10 Euro (Schüler/Studenten/Ermäßigte die Hälfte) bei Bücher Schwinning – Kontakt unter stolpersteine-kommern@freenet.de

Mechernich – Aus ihrem Buch „Amon – Mein Großvater hätte mich erschossen“ liest die Autorin Jennifer Teege, Enkelin des berüchtigten KZ-Kommandanten Amon Göth („Schindlers Liste“), am Donnerstag, 7. April, ab 19 Uhr in der Aula des Mechernicher Schulzentrums, Nyonsplatz 1. Alle Erlöse würden für neue Stolpersteine in Kommern genutzt.

Die Tochter einer Deutschen und eines Nigerianers bringt auf Einladung der Arbeitsgruppe um Gisela und Wolfgang Freier, Elke Höver und Rainer Schulz eine außergewöhnliche und dazu wahre Geschichte mit nach Mechernich: Denn mit 38 Jahren erfährt Jennifer Teege durch einen Zufall, wer sie ist.

Kündigten im Rathaus eine Lesung mit Jennifer Teege, der Enkelin des SS-KZ-Leiters Amon Göth, am Donnerstag, 7. April, in der Aula des Schulzentrums an (v.l.): Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick, Gisela Freier, Rainer Schulz und Wolfgang Freier. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

In einer Bibliothek findet sie ein Buch über ihre Mutter und ihren Großvater Amon Göth. Millionen Menschen kennen Göths Geschichte. In Steven Spielbergs Film „Schindlers Liste“ ist der brutale KZ-Kommandant der Saufkumpan und Gegenspieler des Judenretters Oskar Schindler.

Göth war verantwortlich für den Tod tausender Menschen und wurde 1946 in Polen gehenkt. Seine Lebensgefährtin Ruth Irene, Jennifer Teeges geliebte Großmutter, begeht 1983 Selbstmord.

„Die Lesung mit Jennifer Teege ist ein Teil unserer Erinnerungsarbeit“, erzählte Gisela Freier bei der Vorstellung der Lesung im Mechernicher Ratssaal zu Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick: „Wir verlegen Stolpersteine, die an die vielen früheren jüdischen Familien in Mechernich und Kommern erinnern, halten Kontakt zu den Hinterbliebenen, organisieren Gedenkrundgänge und veranstalten, wie in diesem Fall, eine Lesung.“

Rainer Schulz organisiert die Mechernicher Lesung mit Elke Höver. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

Opportunisten und Widerstandsleute

Mit Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick reflektierte Gisela Freier bei dem Vorbereitungsgespräch auch die Handhabe von Erinnerungen an die NS-Zeit in den eigenen Familien. So habe sie selbst erst spät erfahren, dass ihr Vater in der NS-Zeit Bürgermeister von Reifferscheidt (Hümmel) war. Ambivalent waren die Erfahrungen von Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick, der unter seinen Angehörigen ein Parteimitglied aus Pragmatismus hatte, aber auch solche, die sich aktiv am Widerstand gegen Hitler beteiligten. Ein Enkel, katholischer Priester, war hochdekorierter Weltkrieg-I-Offizier und wurde 1939 unter Beteiligung der Wehrmacht zu Grabe getragen.

Jennifer Teege ist die Enkelin von Amon Göth und Ruth Irene Göth. Amon Göth war der Kommandant des KZ Plaszow bei Krakau, ein brutaler Massenmörder, der verantwortlich war für den Tod von Tausenden von Menschen. Ruth Göth, seine Lebensgefährtin, lebte mit ihm in einer Villa am Rand des KZs im Luxus und verharmloste ihr ganzes Leben lang die Taten Göths.

Jennifer Teege erzählt in ihrem Buch die Geschichte ihrer Familie, also ihrer Großeltern, ihrer Mutter und auch ihre eigene Geschichte. Erst mit 38 Jahren erfährt sie, wer ihr Großvater war. In ihrem gemeinsam mit der Journalistin Nikola Sellmair verfassten Buch berichtet die Autorin, wie sie mit diesem Wissen weiterlebt.

Aus ihrem Buch „Amon – Mein Großvater hätte mich erschossen“ liest die Autorin Jennifer Teege, Enkelin des berüchtigten KZ-Kommandanten Amon Göth („Schindlers Liste“), am Donnerstag, 7. April, ab 19 Uhr in der Aula des Mechernicher Schulzentrums, Nyonsplatz 1. Foto: rororo/pp/Agentur ProfiPress

„Mitläufer, Profiteure und Zuschauer“

Gisela Freier: „Die NS-Zeit, in der Unrecht zu Recht wurde, ist zwar historisch gesehen vorbei, aber ihre Auswirkung auf die Generation nach den Tätern, den Mitläufern, den Profiteuren und Zuschauern ist immer noch gegenwärtig, beeinflusst auch heute noch wenn auch oft unbewusst, das Leben der Enkel bzw. Urenkel auf vielfältige Weise.“

Gisela Freier ist in Mechernich und weit darüber hinaus bekannt geworden, weil sie vor Jahrzehnten an der damaligen städtischen Hauptschule Mechernich eine Arbeitsgruppe mit Schülern gegründet hat, die sich intensiv und gemeinsam mit Angehörigen der Kriegs- und NS-Zeit-Generation an die Erforschung, Aufdeckung und Erinnerung an die jüdischen Familien in Kommern und Mechernich und den Holocaust begab.

Eine daraus hervorgegangene Arbeitsgruppe wird heute von der Geschichtslehrerin Elke Höver und dem Geschäftsmann, Hausmeister und Handwerker Rainer Schulz sowie Gisela und Wolfgang Freier gebildet.

Die Lesung mit Jennifer Teege kam über Michael Mombauer von der Euskirchener Marienschule zustande, an der auch Elke Höver unterrichtet und der sich, wie die gebürtige Voißelnerin in Mechernich, in der Kreisstadt Euskirchen um die Erforschung und Abbildung der jüdischen Vergangenheit in der Öffentlichkeit bemüht.

Mit Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick (r.) gemeinsam sowie mit Rainer Schulz und ihrem Mann Wolfgang Freier (2.v.r.) reflektierte Gisela Freier bei dem Vorbereitungsgespräch zur Lesung mit Jennifer Teege die Handhabe von Erinnerungen an die NS-Zeit in den Familien. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

Der Verlag rowohlt schreibt in seinem Begleittext zum Buch „Amon – Mein Großvater hätte mich erschossen“ (272 Seiten, 10 Euro, ISBN: 978-3-499-61327-2, als E-Book ISBN: 978-3-644-02821-0): „Jennifer Teege ist die Tochter einer Deutschen und eines Nigerianers. Mit vier Wochen wurde sie ins Kinderheim gebracht, mit sieben Jahren zur Adoption freigegeben. Sie wurde bei Adoptiveltern groß und hat danach in Israel studiert.

„Aus Schock wird Befreiung“

Jetzt ist sie mit einem Familiengeheimnis konfrontiert, das sie nicht mehr ruhen lässt. Wie kann sie ihren jüdischen Freunden noch unter die Augen treten? Und was soll sie ihren eigenen Kindern erzählen? Jennifer Teege beschäftigt sich intensiv mit der Vergangenheit. Sie trifft ihre Mutter wieder, die sie viele Jahre nicht gesehen hat.“

Und weiter: „Gemeinsam mit der Journalistin Nikola Sellmair recherchiert sie ihre Familiengeschichte, sucht die Orte der Vergangenheit noch einmal auf, reist nach Israel und nach Polen. Schritt für Schritt wird aus dem Schock über die Abgründe der eigenen Familie die Geschichte einer Befreiung. Seit 1999 ist Jennifer Teege Texterin und Konzeptionerin in der Werbebranche und lebt in Hamburg.“

pp/Agentur ProfiPress