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Gotteshaus des Friedensstifters wurde zum Zankapfel

Gotteshaus des Friedensstifters wurde zum Zankapfel
Bürgerversammlung wegen der Wachendorfer Bruder-Klaus-Kapelle – Kiosk und neuer Parkplatz geplant
Mechernich-Wachendorf – Zwischen den zur Stadt Mechernich gehörenden Dörfern Wachendorf und Rißdorf liegt die von dem Wachendorfer Landwirt Hermann-Josef Scheidtweiler gestiftete Bruder-Klaus-Kapelle. Entworfen und mitgebaut hat das ungewöhnliche Gotteshaus der Schweizer Star-Architekt Peter Zumthor.
Der Heilige Bruder Klaus (1417-1487, heilig gesprochen 1947), dem die Kapelle geweiht ist, gilt als Friedenstifter. In Wachendorf jedoch sorgte “sein” Sakralbau in den vergangenen Wochen eher für Unfrieden.
Stein des Anstoßes waren unter anderem die Hinterlassenschaften der vielen Besuche: Müll, aber auch Fäkalien. Auch die Beschaulichkeit des Dorfes hat gelitten, seit Gläubige, Neugierige und Architektur-Fans aus dem In- und Ausland in größerer Zahl nach Wachendorf kommen, um sich die Kapelle anzusehen.
Jetzt fand eine Bürgerversammlung statt, in der der Mechernicher Stadtplaner Thomas Schiefer und Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick mögliche Umgestaltungen in der Nähe der Kapelle erläuterten. Umgestaltungen, die den Wachendorfern das Leben belastungsärmer machen sollen.
“Gut 100 Bürger waren am Donnerstagabend in das Wachendorfer
Bürgerhaus gekommen, um von den Verantwortlichen der Stadt Mechernich zu erfahren, wie die profanen Folgen des vom
international renommierten Schweizer Star-Architekten Peter
Zumthor errichteten Sakralbaus beseitigt werden könnten”, schreibt der Journalist Dr. Michael Thalken im “Kölner Stadt-Anzeiger”. Angesichts
der im Vorfeld noch recht heftig geführten Debatte ging es zu seiner Überraschung in der Versammlung doch recht ruhig und friedlich zu.
Nur hier und da erhoben sich Stimmen, die erkennen ließen, dass
ihre Kritik gar nicht so sehr auf die Kapelle, sondern auf die Familie des
Stifters zielte. Diese müsse finanziell in die Infrastrukturmaßnahmen
eingebunden werden, hieß es beispielsweise.
Doch Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick machte klar, dass der Bauherr eine Baugenehmigung besitze und für die Folgen daher nicht aufzukommen habe. Dennoch habe sich der Bauherr freiwillig an der Instandsetzung der Wege beteiligt und werde dies auch in Zukunft tun.
Schick wies darauf hin, dass man den enormen Besucherzustrom nicht absehen konnte. Stadtplaner Thomas Schiefer zeigte anhand eines kleinen Vortrags, welchen internationalen Niederschlag der Kapellenbau bereits gefunden hat. Im renommierten Kunsthaus in Bregenz sei sogar eine Videoinstallation zu sehen, die die Kapelle und das Dorf Wachendorf präsentiere.
Doch der Ruhm scheint nicht jedem Wachendorfer zu gefallen: So zeigte Schiefer den Brief von auswärtigen Besuchern, in dem es hieß, sie seien von Einheimischen massiv mit Polizei und Bußgeld bedroht worden, weil diese nicht den “offiziellen Weg” vom Sportplatz zur Kapelle gegangen seien.
Schiefer versuchte zu verdeutlichen, warum der Bau eines
Kiosks mit Ausschank, den Investor Ernst Bauer aus Wachendorf plant,
nicht nur für die Touristen, sondern auch für die Wachendorfer ein Zugewinn sei.
Der alte Parkplatz am Fußballplatz, so stellte der Stadtplaner seinen Entwurf zur Diskussion, soll nur noch als Ersatzparkplatz dienen. Den Hauptparkplatz könne man weiter nach oben verschieben in unmittelbare Nähe zum Tennisheim. Dort sollten auch der Kiosk und Toilettenanlagen entstehen.
Die Zufahrt erfolgt dann am nahen Wald entlang, so dass die Einfahrt
100 Meter von der nächsten Bebauung entfernt wäre, der Parkplatz
selbst wäre 220 Meter entfernt. Der Sprecher der Initiativgruppe “Auf der Heide” begrüßte die Lösung, mahnte aber, an die Rollstuhlfahrer zu denken, eine Einbahnstraße einzurichten und die Ausschankzeiten zu begrenzen. “Denn wenn die umliegenden Dörfer hier anreisen, dann kann es munter werden”, meinte er.
Außerdem empfahl er, das Gebäude so auszurichten, dass die offene Gastronomie Richtung Kapelle zeige, auf der Iversheimer Straße eine Geschwindigkeitsbegrenzung vorzunehmen und Parkverbotsschilder “Auf der Heide” aufzustellen. “Und wo sollen wir dann parken?”, meinten seine Mitstreiter daraufhin verblüfft.
“Ich bin nicht mehr bereit, mir dieses Referat anzuhören”, rief ein
Landwirt dazwischen. Viele Besucher hielten sich nicht an die Parkverbote, würden die Rabatte kaputt fahren und hockten sich einfach in die Büsche. “Da oben ist Harakiri”, meinte er und bezeichnete es als
“Spießrutenlauf”, wenn er zu seinem Grund und Boden fahren wolle: “Die Hauptaufgabe der Stadt ist es, ein geregeltes Verkehrs- und Parkgeschehen zu gewährleisten – das tangiert schließlich alle von uns!”
Ein Jagdpächter, dessen Jagdgebiet an der Kapelle liegt, sagte: “Das einst beste Hasenrevier gibt wegen der zahlreichen Besucher keine Hasen mehr her”. Er drohte der Jagdgenossenschaft damit, er werde den Pachtpreis eigenmächtig reduzieren.
Der Vorsitzende des Tennisclubs monierte: “Der Parkplatz am Tennisheim reicht ja nicht einmal mehr für uns. In der Saison ist der knüppeldicke voll.” Doch Schiefer stellte klar, dass das gesamte Gebiet von der Straße bis zum Tennisheim der Stadt gehöre und man den Parkplatz fast beliebig ausweiten könne.
Bis der Investor aber seine Kioskanlage gebaut habe, müsse es eine Zwischenlösung mit mobilen Toiletten geben, wurde gefordert. Diese müssten an den “Brennpunkt” gestellt werden, hieß es von einigen Anwohnern, also an die Kapelle. “Genau so gut können sie, um sie zu schützen, die Mona Lisa mit Dezifix abkleben”, konterte Schiefer, der diese Idee rundheraus ablehnte. Eine Wachendorferin fasste sich schließlich ein Herz und meinte: “Bruder Klaus bringt seit Jahrhunderten Frieden in die Schweiz, mit etwas Toleranz bringt er auch Frieden nach Wachendorf.”
pp/Agentur ProfiPress

Manfred Lang

07.02.2008